Leitsatz (amtlich)

1. Eine Zeittaktklausel, die die Aufrundung nur der letzten pro Tag angefangenen Viertelstunde vorsieht, ist nicht zu beanstanden (Abgrenzung zu OLG Düsseldorf NJW-RR 2007, 129)

2. Der Rechtsanwalt darf Kosten für Tätigkeiten gegenüber der Rechtsschutzversicherung nur abrechnen, wenn er den Mandanten zuvor darauf hingewiesen hat, dass die Einholung der Deckungszusage zusätzliche Kosten entstehen lässt.

3. Der von dem Rechtsanwalt nachgewiesene Zeitaufwand kann nur dann in vollem Umfang berücksichtigt werden, wenn er in einem angemessenen Verhältnis zu Schwierigkeit, Umfang und Dauer der zu bearbeitenden Angelegenheit steht

 

Normenkette

BGB §§ 675, 611; RVG a.F. § 4

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 08.06.2010; Aktenzeichen 8 O 448/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels und unter Aufhebung des am 8.6.2010 verkündeten Versäumnisurteils des Senats das am 23.4.2009 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Duisburg teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.825,91 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.9.2008 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 5 % und die Beklagte zu 95 % mit Ausnahme der Kosten der Säumnis des Klägers im Termin vom 1.6.2010, die dieser selbst trägt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger ist Rechtsanwalt und macht Honorarforderungen gegen die Beklagte geltend. Er war für die Beklagte von April 2006 bis Juni 2007 in verschiedenen disziplinar- und beamtenrechtlichen Angelegenheiten tätig. Am 19.4.2006 trafen die Parteien eine schriftliche "Vergütungsvereinbarung". Darin heißt es u.a. wie folgt:

"Die Auftraggeberin hat dem (richtig: "den") Rechtsanwalt bereits durch gesonderte Vereinbarung mit der Wahrnehmung ihrer Interessen in ihrer disziplinar- und beamtenrechtlichen Angelegenheit (insbesondere angedrohte Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, Verbot der Führung der Dienstgeschäfte, Mobbing durch Kollegen) beauftragt und bevollmächtigt. Für den insoweit bereits erteilten Auftrag an den Rechtsanwalt wird nunmehr die nachfolgende Vergütungsvereinbarung geschlossen. Sollte es neben diesen Tätigkeiten noch zu anderweitigen Verfahren kommen (gerichtliches Klageverfahren, Eilverfahren, Dienstaufsichtsbeschwerde, Strafverfahren etc.), für die die Auftraggeberin den Rechtsanwalt ausdrücklich beauftragt, gilt hierfür die nachstehende Vergütungsvereinbarung entsprechend.

Die Unterzeichner dieser Vereinbarung sind sich einig, dass die vorgenannte Tätigkeit bzw. die Tätigkeit des Rechtsanwalts derart vergütet werden soll, dass der Rechtsanwalt für die Bearbeitung der Sache anstelle der gesetzlichen Gebühren ein Zeithonorar von 165 EUR (in Worten: Einhundertfünfundsechzig EURO) pro Arbeitsstunde erhält. Der Stundensatz ist so kalkuliert, dass damit zugleich die erforderlichen Leistungen der nichtjuristischen Mitarbeiter abgegolten sind. Falls der Beauftragungszeitraum ein Jahr nach der Unterzeichnung dieser Vereinbarung überschreitet, bleibt es dem Anwalt vorbehalten, eine angemessene Erhöhung des Stundensatzes für die Folgezeit zu bestimmen.

Unabhängig hiervon hat der Rechtsanwalt das Recht, statt der Abrechnung des Zeithonorars eine Abrechnung nach der gesetzlichen Regelung im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) vorzunehmen, auch soweit das danach zu zahlende Honorar höher ist als das nach der Zeitabrechnung. Eine etwaige Abrechnung nach dem RVG bedarf keines vorherigen Hinweises des Rechtsanwalts. Zahlungen der Rechtsschutzversicherung auf die gesetzlichen Gebühren werden der Auftraggeberin auf die Honorarschuld nach der vorliegenden Vereinbarung angerechnet.

Angefangene Stunden eines Arbeitstages werden bei der Abrechnung des Zeithonorars jeweils in Blöcken von Viertelstunden abgerechnet. Als Bearbeitung im Sinne des Zeithonorars gelten a l l e Tätigkeiten, welche der Anwalt für die Bearbeitung der Rechtsstreitigkeit aufwenden (richtig: "aufwendet") (Erstellung von Schriftsätzen, Besprechungen, Verfahrenstermine zzgl. An- und Abfahrten, Telefonate, Aktenstudium, Anträge bei Rechtsschutzversicherungen und Abrechnungen etc.)."

Ferner sah die Vereinbarung vor, dass Auslagen und Mehrwertsteuer zu erstatten waren. Außerdem findet sich darin der Hinweis, dass Notizen in der Handakte als widerlegbarer Tätigkeitsnachweis gelten und Zwischenabrechnungen als anerkannt gelten, soweit die Mandantin sie nicht innerhalb von zwei Wochen schriftlich beanstandet.

Im Folgenden vertrat der Kläger die Beklagte gerichtlich und außergerichtlich in den eingangs beschriebenen Angelegenheiten. Hierfür rechnete er mit sechs Rechnungen, in denen er jeweils stichwortartig die Tätigkeit bezeichnete sowie den abgerechneten Zeitraum und die darin insgesamt angefallenen Stunden angab, ein Honorar von insgesamt 15.291,72 EUR ab. Darauf zahlten die Beklagte...

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