Leitsatz (amtlich)

1. Erklären die Parteien der Stufenklage die Hauptsache nach der Auskunftserteilung übereinstimmend für erledigt, hat das Gericht unabhängig von der Frage, ob tatsächlich ein Fall der Erledigung vorliegt, gem. § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden, wobei es bei der Ausübung seines Ermessens auch das Bestehen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs berücksichtigen kann.

2. Stellt sich nach Auskunftserteilung heraus, dass der Pflichtteilsanspruch hinter den bei Einreichung der Klage zum Zweck der vorläufigen Streitwertfestsetzung geäußerten Vorstellungen zurück bleibt, führt das nur dann zu einer anteiligen Kostenbelastung des Klägers, wenn die Wertangabe willkürlich und ohne jedes Maß erfolgt ist.

 

Normenkette

BGB § 2314; ZPO §§ 91a, 254

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Aktenzeichen 2 O 205/11)

 

Tatbestand

Der Kläger hat die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung, Wertermittlung und Zahlung des Pflichtteils in Anspruch genommen. Der Streitwert ist aufgrund der Angaben des Klägers zu dem ihm nach seiner Vorstellung voraussichtlich zustehenden Pflichtteil auf 16.665 EUR festgesetzt worden. Nachdem über den Auskunfts- und den Wertermittlungsanspruch ein Teilanerkenntnisurteil ergangen war und die Beklagte nach Erteilung der Auskunft und Vorlage eines Wertermittlungsgutachtens den sich aus der Auskunft ergebenden Pflichtteil von 6.176,85 EUR an den Kläger gezahlt hatte, haben die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Das LG hat die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Die sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die nach §§ 91, 91a ZPO zu treffende Kostenentscheidung ergibt eine vollumfängliche Kostenlast der Beklagten.

Dass sie die Kosten zu tragen hat, soweit sie den Auskunfts- und Wertermittlungsanspruch des Klägers anerkannt hat, ergibt sich aus § 91 ZPO und beanstandet die Beklagte auch nicht. Ebenso gesteht sie zu, in Bezug auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Zahlungsantrag insoweit die Kosten tragen zu müssen, als sie den (dann schließlich nicht mehr beziffert geltend gemachten) Pflichtteilsanspruch des Klägers i.H.v. 6.176,85 EUR erfüllt hat.

Entgegen ihrer Ansicht hat sie jedoch auch die Kosten zu tragen, soweit sich der vom Kläger ursprünglich auf 16.665 EUR geschätzte Pflichtteilsanspruch nach Auskunftserteilung und Wertermittlung teilweise als nicht begründet herausgestellt hat. Zwar hat der BGH (NJW 1994, 2895) es bei einseitig erklärter Erledigung des Rechtsstreits abgelehnt, die Erledigung des Rechtsstreits festzustellen, wenn bei erhobener Stufenklage die erteilte Auskunft ergibt, dass ein Leistungsanspruch nicht besteht (und stattdessen das Feststellungsbegehren dahin ausgelegt, die Ersatzpflicht des Beklagten für die nutzlos aufgewendeten Kosten festzustellen). Bei übereinstimmend erklärter Erledigung ist jedoch die Frage, ob tatsächlich ein Fall der Erledigung vorliegt, dem Streit der Parteien entzogen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 91a Rz. 12), und es kann im Rahmen der nach § 91a ZPO zu treffenden Billigkeitsentscheidung ein materiell-rechtlicher Schadensersatzanspruch berücksichtigt werden (Prütting/Gehrlein-Hausherr, ZPO, 4. A. § 91a Rz. 81; BeckOK/ZPO-Jaspersen/Wache, Stand 15.7.2012, § 91a Rz. 23; Zöller/Vollkommer, a.a.O., Rz. 58 Stichwort Stufenklage; OLGReport Stuttgart 2007, 918; OLG Frankfurt, NJW-RR 2006, 1581), ohne vom Kläger zu verlangen, dass er einen solchen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gesondert oder im Wege der Klageänderung geltend macht. Dem Ziel der Prozessökonomie widerspräche es auch, den Kläger zur Vermeidung eines Prozessrisikos zunächst auf den Weg der isolierten Auskunftsklage zu verweisen (OLG Karlsruhe NJW-RR 1998, 1454).

Im vorliegenden Fall steht dem Kläger gegen die Beklagte aus Verzug, §§ 280 Abs. 1, 286 BGB, ein Schadensersatzanspruch in Höhe der Kosten für den unbezifferten Zahlungsantrag zu. Der Kläger, der aufgrund der schuldhaft nicht erteilten Auskunft der Beklagten über die Höhe des Nachlasswertes im Unklaren war, hat den richtigen Weg der Stufenklage gewählt, und war gehalten, für die Streitwertfestsetzung eine Wertangabe zu machen. Dass diese - auf einer Schätzung beruhende - Angabe sich später als überhöht herausgestellt hat, kann ihm nicht angelastet werden, solange - wie hier - keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Wertangabe willkürlich und ohne jedes Maß erfolgt wäre (vgl. OLG Saarbrücken, AGS 2011, 91). Es hätte vielmehr an der Beklagten gelegen, durch rechtzeitige Erteilung der von ihr geschuldeten Auskunft Klarheit über die Höhe des Nachlasswertes zu schaffen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3477292

FamRZ 2013, 721

NJW-RR 2013, 124

ZAP 2013, 180

ZEV 2013, 458

MDR 2012, 1492

ZErb 2012, 269

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