Leitsatz (amtlich)

1. Im Falle der Teilbewilligung von Prozesskostenhilfe und Führung des Prozesses in vollem Umfang darf der Rechtsanwalt lediglich die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung nach dem Gesamtstreitwert und der Wahlanwaltsvergütung nach dem Wert, für den er beigeordnet worden ist, verlangen.

2. Der beigeordnete Rechtsanwalt ist im Umfang seiner Beiordnung nicht berechtigt, Ansprüche gegen seine Partei geltend zu machen. Diese Forderungssperre ggü. dem Mandanten endet erst mit Aufhebung der Bewilligung.

 

Normenkette

BRAGO §§ 11, 123, 130 Abs. 1; RPflG § 11 Abs. 1, § 21 Ziff. 2; RVG § 11 Abs. 2 S. 2, § 61 Abs. 1 S. 2; ZPO § 104 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, § 122 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

AG Oberhausen (Beschluss vom 14.09.2004; Aktenzeichen 55 F 102/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des AG Oberhausen - Rechtspflegerin des FamG - v. 14.9.2004 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten sind vom Antragsteller zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Die am 25.10.2004 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde (Bl. 96 GA) der Antragsteller gegen den ihnen am 11.10.2004 zugestellten Beschluss des AG Oberhausen v. 14.9.2004 (Bl. 94, 95 GA) ist gem. §§ 61 Abs. 1 S. 2, 11 Abs. 2 S. 2 RVG, § 104 Abs. 3 S. 1, Abs. 1 S. 1 ZPO, § 11 Abs. 1, 21 Ziff. 2 RPflG zulässig, hat jedoch keinen Erfolg.

Zu Recht hat das AG den Antrag der Antragsteller v. 21.4.2004 (Bl. 87 GA) zurückgewiesen, gegen ihren Auftraggeber Anwaltskosten i.H.v. gesamt 190,74 Euro festzusetzen. Diese setzen sich zusammen aus den auf den gesamten Streitgegenstand (6.811,30 Euro, vgl. Bl. 64 GA) bezogenen Anwaltskosten i.H.v. 893,20 Euro, abzgl. von der Staatskasse bereits nach §§ 121, 123 BRAGO gezahlter 531,28 Euro und eines vom Mandanten gezahlten Vorschusses von 200 Euro, zzgl. Zinsen. Der Festsetzungsantrag berücksichtigt nicht, dass dem Auftraggeber mit gerichtlichem Beschluss v. 28.6.2002 (Bl. 65 f. GA) für seine Rechtsverteidigung teilweise - bezogen auf einen Streitwert von 4.633,30 Euro (vgl. Bl. 64 GA) - Prozesskostenhilfe gewährt wurde. Im Falle der Teilbewilligung von Prozesskostenhilfe und Führung des Prozesses in vollem Umfang darf der Rechtsanwalt lediglich die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung nach dem Gesamtstreitwert und der Wahlanwaltsvergütung nach dem Wert, für den er beigeordnet worden ist, verlangen (OLG Düsseldorf MDR 2001, 57; OLG Zweibrücken JurBüro 1995, 424; OLG Hamburg JurBüro 1995, 426; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 122 Rz. 8; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, BRAGO, 8. Aufl., § 13 Rz. 31, 32; Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 121 Rz. 45).

Aus § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ergibt sich, dass der beigeordnete Rechtsanwalt im Umfang seiner Beiordnung nicht berechtigt ist, Ansprüche gegen seine Partei geltend zu machen. Diese Forderungssperre ggü. dem Mandanten endet erst mit Aufhebung der Bewilligung (Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 122 Rz. 11 f). Zudem geht der gegen seinen Auftraggeber gerichtete Vergütungsanspruch gem. § 130 Abs. 1 BRAGO auf die Staatskasse kraft Gesetzes über, soweit diese leistet (Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., § 130 Rz. 2). Entsprechend waren die Antragsteller vor Leistung der Staatskasse nicht berechtigt, die im Rahmen der Beiordnung angefallenen Gebühren und Auslagen gegen den Auftraggeber geltend zu machen. Nach Zahlung durch die Landeskasse sind sie insoweit auch nicht mehr Forderungsinhaber.

Die Antragsteller können von dem Auftraggeber auch nicht den Differenzbetrag verlangen, der sich im Rahmen der Beiordnung gem. § 123 BRAGO durch die Beschränkung der in § 11 BRAGO vorgesehenen Gebühren ergibt. Dies folgt aus dem in den gesetzlichen Regelungen zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers: § 123 BRAGO sieht zum Zwecke der Kostendämpfung eine Reduzierung der in § 11 BRAGO geregelten Gebühren vor. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ordnet im Umfang der Beiordnung eine Forderungssperre ggü. dem Mandanten an. Dem beigeordneten Rechtsanwalt wird mithin zugemutet, gem. der Beiordnung tätig zu werden, auch wenn ein Unterschied in der Höhe zwischen der Vergütung des Wahlanwalts und der aufgrund Beiordnung zustehenden Vergütung besteht.

Den Differenzbetrag darf der Rechtsanwalt auch nicht deshalb fordern, weil die Partei ihm - wie hier - einen weiter gehenden Auftrag erteilt hat, für den Prozesskostenhilfe nicht bewilligt wurde (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 122 Rz. 8). Ansonsten würde er schlechter gestellt als eine alle Kosten selbst tragende Partei, deren Rechtsverfolgung zu einer nachträglichen Erhöhung des Gegenstandswertes führt (Riedel/Sußbauer/Fraunholz, BRAGO, 8. Aufl., § 13 Rz. 31, 32). Vielmehr ergibt sich aus § 13 Abs. 3 BRAGO, dass - soweit für Teile des Gegenstandes verschiedene Gebührensätze anzuwenden sind - der Rechtsanwalt für diese Teile gesondert berechnete Gebühren erhält.

Entsprechend diesen Ausführungen können die Antragsteller lediglich den Betrag fordern, der sich aus...

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