Leitsatz (amtlich)

1. Bei den Privilegierungstatbeständen des § 107 Abs. 3 und 4 KostO handelt es sich um gesetzlich bestimmte Sonderfälle, die eine analoge Anwendung auf ähnlich gelagerte Fälle grundsätzlich nicht zulassen.

2. Dies gilt auch, wenn ein Gläubiger nach § 792 ZPO die Erteilung eines Erbscheins benötigt, um die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung zu betreiben.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 29.07.2003; Aktenzeichen 5 VI 33/01)

AG Langenfeld (Aktenzeichen 25 T 523/03)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde des Kostenschuldners gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 29.7.2003 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die weitere Beschwerde des Kostenschuldners gegen den Beschluss der 25. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 29.7.2003 (Bl. 99 GA) ist zulässig gem. § 14 Abs. 3 S. 2 KostO. Sie richtet sich gegen die Entscheidung des LG über die Beschwerde des Kostenschuldners gegen den amtsgerichtlichen Beschluss vom 7.5.2003 (Bl. 79 GA), mit welchem die Erinnerung des Kostenschuldners gegen den Kostenansatz des AG Langenfeld vom 9.2.2002 - Kassenzeichen 3111252138 - i.V.m. der hierzu ergangenen Kostenrechnung (Bl. I, Ia GA) zurückgewiesen wurde. Das LG hat die weitere Beschwerde ausdrücklich zugelassen, der erforderliche Beschwerdewert ist erreicht.

Die weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zutreffend hat das LG darauf abgestellt, dass es sich bei den Privilegierungstatbeständen des § 107 Abs. 3 und 4 KostO um gesetzlich bestimmte Sonderfälle handelt, die eine analoge Anwendung auf ähnlich gelagerte Fälle nicht zulassen.

Nach der Rechtsprechung des Senats kommt eine analoge Anwendung der § 107 Abs. 3 und 4 KostO selbst dann nicht in Betracht, wenn der Erbe den Erbschein von vornherein nur für bestimmte Zwecke benötigt, etwa um ein Recht an Wertpapieren nachzuweisen oder eine Umschreibung von Geschäftsanteilen einer im Handelsregister eingetragenen Firma zu bewirken (vgl. OLG Düsseldorf v. 19.1.1988 - 10 W 164/87, Rpfleger 1988, 267; v. 16.10.1990 - 10 W 70/90, MDR 1991, 165 = Rpfleger 1991, 60).

Nichts anderes kann gelten, wenn ein Gläubiger nach § 792 ZPO die Erteilung eines Erbscheins benötigt, um die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung zu betreiben. Hier fehlt es bereits an den Gebührenermäßigungstatbeständen vergleichbaren Umständen. Die Gebührenermäßigungstatbestände setzen voraus, dass der unbeschränkte Erbschein zur Verfügung über bestimmte Gegenstände des Nachlasses benötigt wird (§ 107 Abs. 3, 4 KostO) oder von vornherein gegenständlich beschränkt ist auf bestimmte Nachlassgegenstände (§ 107 Abs. 2 S. 3 KostO, § 181 Abs. 2 BEG; vgl. auch Rohs/Wedewer/Waldner, KostO, § 107 Rz. 11). Dem vollstreckenden Gläubiger aber steht regelmäßig der gesamte zum Erbteil des Schuldners gehörige Nachlass zur Verfügung. Überdies tritt nach § 792 ZPO der Gläubiger "an Stelle des Schuldners" (Erben). Dass er den Erbschein nur zur Vollstreckung einer bestimmten Forderung benötigt, rechtfertigt die analoge Anwendung des § 107 Abs. 2 und 3 KostO ebenso wenig wie die Verwendung zu einem bestimmten Zweck durch den Erben selbst.

Die wirtschaftlichen Interessen des vollstreckenden Gläubigers sind ausreichend geschützt. Die für die Erbscheinserteilung nach § 792 ZPO entstehenden Kosten sind vom Schuldner nach § 788 ZPO zu erstatten (vgl. Zöller/Stöber, 23. Aufl., § 792 Rz. 1). Im Übrigen zeigt die Gebührentabelle nach § 32 KostO, dass die Kosten für die Erbscheinserteilung in einer verhältnismäßig geringen Relation zum Nachlasswert stehen. Sollten im Einzelfall die Kosten für die Erbscheinserteilung nicht aufgebracht werden könnten, bliebe dem Gläubiger das Prozesskostenhilfeverfahren.

Entgegen der Auffassung des Kostenschuldners ist weder die Verletzung rechtlichen Gehörs noch eine falsche Anwendung des § 107a Abs. 2 KostO ersichtlich. Letztgenannte Norm setzt voraus, dass das Nachlassgericht den Erbschein auf Grund einer gesetzlichen Sondervorschrift gebührenfrei oder zu einer ermäßigten Gebühr für einen im Gesetz bestimmten Zweck erteilt hat und ermöglicht sodann für den Fall, dass der Erbschein auch zu anderen Zwecken verwendet wird, eine Nacherhebung von Kosten. Für den hier vorliegenden Fall des § 792 ZPO gibt es gerade keinen gesetzlichen Gebührenermäßigungstatbestand und nach den obigen Ausführungen auch keine Möglichkeit der analogen Anwendung der für andere Fälle bestimmte Gebührenermäßigung.

Der Kostenausspruch folgt aus § 14 Abs. 6 KostO.

Wert des Beschwerdegegenstandes: Euro 60,

 

Fundstellen

Haufe-Index 1132016

OLGR Düsseldorf 2004, 440

Rpfleger 2004, 440

RVG-B 2005, 83

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