Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Nachlassbewertung als Grundlage für die Kostenfolge einer Erbscheinserteilung.

 

Normenkette

KostO § 107

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Beschluss vom 30.11.1987; Aktenzeichen 4 T 324/87)

AG Moers (Beschluss vom 01.10.1987; Aktenzeichen 3 VI 158/87)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Landeskasse vom 16. Dezember 1987 wird der Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 30. November 1987 abgeändert:

Die Beschwerde der Kostenschuldnerin vom 9. Oktober 1987 gegen den Beschluß der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Moers vom 1. Oktober 1987 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige weitere Beschwerde ist begründet. Die Kammer hat den Kostenanspruch rechtsirrig analog § 107 Abs. 3, 4 KostO beurteilt (vgl. §§ 14 Abs. 3 Satz 3 KostO; 550 ZPO). Die Rechtspfleger in hat die Sache zutreffend entschieden. Ihr Beschluß war wiederherzustellen.

Wird das Erbrecht eines Alleinerben bescheinigt, so gleicht der Geschäftswert im Regelfall dem Wert des reihen Nachlasses; lediglich ausnahmsweise sind geringere Werte anderer Gegenstände maßgebend. Zu dem vorliegenden Fall, daß der Erbe kraft des Erbscheines lediglich sein Recht an Aktien nachweisen will, ist nichts Abweichendes geregelt. Er ist daher nach § 107 Abs. 2 Satz 1 KostO zu beurteilen. Die Absätze 3 und 4 des § 107 KostO sind nicht analog anzuwenden. Denn die gesetzlichen Vorschriften sind weder planwidrig lückenhaft, noch verletzen sie den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Daß § 107 KostO Fahrnis oder Rechte anders als Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, Schiffe und Schiffsbauwerke beurteilt, ist nicht willkürlich. Die dingliche Rechtslage von Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten, eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken wird durch Grundbücher oder Register ausgewiesen. Sie unterliegt, was rechtsgeschäftliche Erklärungen angeht, sachenrechtlich Regeln (vgl. insbesondere §§ 873, 892, 925, 929, 932 BGB). Lappe (in Korinthenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 10. Aufl., § 107 Rdn. 60), auf dessen Meinung sich das Landgericht stützt, halt es zwar für geboten, entgegen dem Wortlaut des § 107 KostO in entsprechender Anwendung des § 106 Abs. 3 Satz 2 KostO den vollstreckenden Gläubiger (vgl. § 792 ZPO) zu begünstigen. Diesem Fall gleicht der vorliegende jedoch nicht. Der Gläubiger ist im Gebrauch des ihm erteilten Erbscheines auf die Vollstreckung beschränkt; die Kostenschuldnerin hingegen ist es nicht. Ein Erbschein zum beschränkten Gebrauch wurde ihr nicht erteilt und hätte ihr auch nicht erteilt werden dürfen (vgl. § 7 a Abs. 3 des Bundesrückerstattungsgesetzes; § 181 Abs. 3 Satz 1 des Bundesentschädigungsgesetzes). Werden Erbscheine erlaubt zu beschränktem Gebrauch erteilt, so kann regelmäßig gemäß § 107 a Abs. 2 KostO verfahren werden. Wird der Erbschein, der zum beschränkten Gebrauch erteilt ist, allgemein gebraucht, so ist der Gläubiger zu benachrichtigen. Kosten sind alsdann nachzuerheben. Im vorliegenden Fall kann nicht vergleichbar verfahren werden. Im übrigen würde die Ansicht der Kammer den Geschäftswert gegen 0 tendieren lassen, falls der Erbe darlegte und glaubhaft machte, er wolle den Erbschein im Rechtsverkehr (z. B. nur zur Verfolgung eines Affektionsinteresses) verwenden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI939210

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