Leitsatz (amtlich)

1. Eine Bestimmung der Gemeinschaftsordnung (Hausordnung), die Ruhezeiten festlegt, in denen jedes unnötige und störende Geräusch zu vermeiden und die Ruhe beeinträchtigende Tätigkeiten zu unterlassen sind, genügt mangels Objektivierbarkeit unnötiger und störender Geräusche nicht dem Bestimmtheitserfordernis und ist deshalb unwirksam.

2. Eine Geräuschentfachung (hier: Geschrei, laute Musik, Springen und Trampeln auf der Treppe in der häuslichen Wohnung, Möbeltücken, Türenknallen) ist in der Sonderverbindung der WEG zu unterlassen, wenn hierdurch den anderen Wohnungseigentümern über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.

Hierzu bedarf es wiederholter Vorgänge einigen Gewichts und/oder nicht unerheblichen Ausmaßes und/oder einiger Dauer.

3. Mangels näherer Präzisierbarkeit einzelner unzulässiger Einwirkungen sind Anträge, allgemein Geräusche bestimmter Art zu unterlassen, statthaft, wobei hinzunehmen ist, dass der Streit über die Wesentlichkeit von Lärmimmissionen im Rechtssinne gegebenenfalls im Vollstreckungsverfahren erneut entschieden werden muss (Anschluss an BGH, Urt. v. 5.2.1993 - V ZR 62/91 -, betreffend § 906 BGB, für das Wohnungseigentumsrecht).

 

Normenkette

WEG § 14 Nrn. 1-3, § 15 Abs. 3; BGB §§ 906, 1004 Abs. 1 S. 2; ZPO § 890

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 19 T 312/07)

AG Neuss (Aktenzeichen 73 II 322/05 WEG)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass den Beteiligten zu 2 unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 25.000 EUR für den Fall der Zuwiderhandlung aufgegeben wird, von den in ihrem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch der Beteiligten zu 1 über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil, insbesondere durch Geräuschentwicklung wie Geschrei, laute Musik, Springen und Trampeln unter Anderem auf der Treppe in der häuslichen Wohnung, Möbelrücken, Türenknallen, nicht erwächst.

Die Beteiligten zu 2 haben die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.

Geschäftswert: 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft in Meerbusch. Die Beteiligte zu 1 ist Sondereigentümerin einer im ersten Obergeschoss des Gebäudes gelegenen Wohnung, die sie an ihre Tochter und deren Ehemann vermietet hat. Darüber liegt auf zwei durch eine Treppe aus Stahlrohr mit Massivholzstufen verbundenen Ebenen im 2. Obergeschoss und im Spitzboden des Gebäudes die Wohnung der Beteiligten zu 2. Diese Wohnung war lange Zeit von einem alleinstehenden Herrn bewohnt, der die Wohnung in den letzten 14 Jahren allerdings nur etwa vier bis sechs Wochen im Jahr nutzte. Im Jahr 2000 stand die Wohnung leer; im Dezember 2001 zogen nach umfangreichen Renovierungsarbeiten, die sich unter Anderem auf die Fußbodenbeläge bezogen, die Beteiligten zu 2 mit ihren beiden Kindern in die Wohnung ein.

Die Beteiligte zu 1 hat geltend gemacht, die Nutzung ihrer Wohnung werde seit dem Einzug der Beteiligten zu 2 durch erhebliche Lärmbelästigungen beeinträchtigt. Ihre Mieter minderten deshalb seit Mai 2004 die Kaltmiete um monatlich 50 EUR.

Die Beteiligte zu 1, die seit 2004 geführte Lärmprotokolle eingereicht hat, hat eine Ursache der Lärmbelästigungen auch darin gesehen, dass die Beteiligten zu 2 Fußbodenbeläge verändert und hierdurch den Schallschutz negativ beeinflusst hätten.

Die Beteiligte zu 1 hat beantragt,

1. den Beteiligten zu 2 unter Androhung eines angemessenen Ordnungsgeldes für den Fall der Zuwiderhandlung aufzugeben, es zu unterlassen, durch übermäßige Geräuschentwicklung, insbesondere Geschrei, laute Musik, Springen und Trampeln auf der Treppe in der häuslichen Wohnung, Möbelrücken, Bohren, Türenknallen usw. zu stören;

2. die Beteiligten zu 2 zu verpflichten, geeignete bauliche Maßnahme zur Geräuschdämmung zu ergreifen, insbesondere die innen liegende Treppe auf der Grundlage des Gutachtens von Dipl.-Ing. G. schalltechnisch zu entkoppeln, soweit noch nicht geschehen;

3. die Beteiligten zu 2 zu verpflichten, an sie, die Beteiligte zu 1, einen Betrag von 1.150 EUR für den Mietausfall ab Mai 2004 bis April 2006 und hilfsweise 5.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, sofern bauliche Maßnahmen nicht umgesetzt werden können.

Die Beteiligten zu 2 haben beantragt, die Anträge abzulehnen.

Sie haben geltend gemacht, die Wohnung nur renoviert, aber nicht umgebaut zu haben. Das Haus sei bereits seit seiner Errichtung extrem hellhörig. Sie haben ihrerseits ein Lärmprotokoll erstellt, das die Lebensgeräusche aus der Wohnung der Beteiligten zu 1 aufführe.

Das AG hat nach Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens am 26.4.2007 die Anträge der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beteiligten zu 2 hätten nicht negativ in die konstruktive Trittschall...

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