Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Erblasser über sein gesamtes im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vorhandenes Vermögen in der Weise verfügt, dass er alle Bedachten einheitlich als Erben bezeichnet hat, so ist von einer Erbeinsetzung nach Quote auszugehen, wobei sich die Höhe der Erbanteile regelmäßig nach dem Wertverhältnis der zugewiesenen Gegenstände richtet.

2. Für die Wertberechnung ist nicht stets der Zeitpunkt der Testamentserrichtung maßgeblich; stand für den Erblasser im Vordergrund, den Bedachten gerade die ihnen zugewiesenen Gegenstände zukommen zu lassen, so ist auf den Wert im Zeitpunkt des Erbfalls abzustellen.

 

Normenkette

BGB § 2087

 

Verfahrensgang

AG Grevenbroich (Aktenzeichen 6 VI 130/11)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 6) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Wert: bis 16.000 EUR (= 13/220 des Nachlasswertes)

 

Gründe

I. Der Erblasser verstarb ledig und kinderlos.

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind seine Geschwister. Die Beteiligte zu 3) ist der Sohn des vorverstorbenen Bruders P.. Der Beteiligte zu 4) ist der Sohn der Beteiligten zu 2) und die Beteiligten zu 5) und 6) sind die Kinder des Beteiligten zu 1).

Unter dem 15.11.1991 errichtete der Erblasser ein handschriftliches Testament mit folgendem Inhalt.

Hiermit setze ich folgende Erben ein:

Einfamilienhaus, in Grevenbroich,

(Beteiligte zu 3 und 4) je zur Hälfte

Ackerland, Gemarkung, Elsen, Flur 5, Flurstück 277

(Beteiligte zu 3 und 4) je zur Hälfte

Ackerland, Gemarkung, Stommeln, Flur 36, Flurstück 26, Blatt 2601

(Beteiligte zu 5 und 6) je zur Hälfte

Am 4.5.2005 errichtete der Erblasser ein notarielles Testament.

In Ziff. I. heißt es:

"In diesem Testament will ich eine Erbeneinsetzung nicht treffen. Der Notar hat mich darauf hingewiesen, dass dann die gesetzliche Erbfolge eintritt."

Unter II.1setze der Erblasser ein Wohnungsrechtsvermächtnis betreffend seinen Hausgrundbesitz zugunsten seiner Lebensgefährtin aus, das mit deren Tod entfallen sollte.

Am 16.5.2011 erteilte das Nachlassgericht auf den Antrag des Beteiligten zu 1) vom 24.2.2011 einen Erbschein, der die Beteiligten zu 1) - 3) als - gesetzliche - Erben zu je 1/3 ausweist.

Nachdem das Nachlassgericht dem Beteiligten zu 3) unter dem 7.7.2011 mitgeteilt hatte, dass mit Rücksicht auf das inzwischen abgelieferte Testament Zweifel an der Richtigkeit des erteilten Erbscheins bestünden und um Rückgabe gebeten hatte, gab der Beteiligte zu 3) den Erbschein an das Nachlassgericht zurück.

Gegen diese Einziehung hat der Beteiligte zu 1) am 14.10.2011 Beschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 28.11.2011 beantragt, das Nachlassgericht zur Erteilung eines neuen gleichlautenden Erbschein wie des Erbscheins 6 VI 130/11 anzuweisen.

Am 30.11.2011 hat das AG die Sache dem OLG unter Bezugnahme auf einen Vermerk, wonach eine Erteilung eines Erbscheins mit gleichlautendem Inhalt nicht in Betracht komme, vorgelegt. Der Senat hat die Sache durch Beschluss vom 28.12.2011 dem AG zur ordnungsgemäßen Durchführung des Abhilfeverfahrens zurückgegeben.

Am 8.12.2011 haben die Beteiligten zu 3) und 4) gestützt auf das Testament vom 15.11.1991 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der die Beteiligten zu 3) und 4) als Erben zu je 103/220 Anteil und die Beteiligten zu 3) und 4) als Erben zu je 7/220 Anteil ausweist.

Sie haben geltend gemacht, der Erblasser habe über sein gesamtes im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vorhandenes Vermögen verfügt, so dass von einer Erbeinsetzung - mit Teilungsanordnung - entsprechend der aus der Zuwendung der einzelnen Grundstücke sich ergebenden Quote auszugehen sei. Bei der Ermittlung der Quote hätten sie zugrunde gelegt, dass das Einfamilienhaus einen Wert von mindestens 171.000 EUR habe, das Ackerland Elsen einen Wert von 35.000 EUR und das Ackerland in Stommeln einen solchen von 14.000 EUR.

Sie haben weiter vorgebracht, diese Verfügung sei nicht durch das notarielle Testament aufgehoben worden, das nur die Aussetzung eines Vermächtnisses zugunsten der Lebensgefährtin des Erblassers enthalte. Der Beteiligte zu 4) hat geltend gemacht, der Erblasser habe ihm gegenüber mehrfach erklärt, dass er und der Beteiligte zu 3) das Haus erben sollten. Er habe ihn bis zum Tod immer wieder darauf hingewiesen, dass sie alle wichtigen Unterlagen in einem roten Aktenkoffer auffinden würden. Tatsächlich hätten sich nach dem Tod Bankunterlagen, Wertpapiere und das Testament vom 15.11.1991 in dem Aktenkoffer befunden.

Die Beteiligten zu 1) und 6) sind dem entgegengetreten. Der Beteiligte zu 6) hat ausgeführt, die Lebensgefährtin des Erblassers habe sich anlässlich der Beerdigungsfeier darüber beklagt, dass der Beteiligte zu 4) sich gegenüber dem Erblasser respektlos verhalten und diesen mehrfach als "bekloppt" bezeichnet habe.

Durch Beschluss vom 8.11.2012 hat das AG - nach Anhörung des beurkundenden Notars - die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 3) und 4) erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und den Antrag des Beteiligten zu 1) vom 24.2.2011 (ursprünglicher Erbscheinsantrag) in Ve...

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