Verfahrensgang

BKartA (Entscheidung vom 31.07.2006; Aktenzeichen VK 2-65/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 31. Juli 2006 (VK 2-65/06) aufgehoben und wird der Antragsgegnerin aufgegeben, im Vergabeverfahren "Wartung von gefahrenmelde-, informations- und sicherheitstechnischen Anlagen" (Vergabe-Nr. 0206/P01-Sitec) die Angebotswertung unter Einschluss des Angebots der Antragstellerin zu wiederholen.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer werden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 als Gesamtschuldnern auferlegt. Die der Antragstellerin in diesem Verfahren entstandenen Aufwendungen haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1 je zur Hälfte zu tragen.

Die Zuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten war für die Antragstellerin im Verfahren der Vergabekammer notwendig.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens über den Antrag nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB werden einschließlich der der Antragstellerin in diesen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten je zur Hälfte der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 auferlegt.

Im Übrigen sind den Verfahrensbeteiligten Aufwendungen und außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 65.000 Euro

 

Gründe

I.

Als Unternehmen der B..., dem das Gebäudemanagement obliegt, schrieb die Antragsgegnerin im Februar 2006 die Wartung von gefahrenmelde-, informations- und sicherheitstechnischen Anlagen (Brandmeldeanlagen, elektroakustische Anlagen, Einbruchmeldeanlagen, Videoüberwachungsanlagen, Rauch-Wärme-Abzugsanlagen sowie Brand- und Rauschutztüren) in zum Geschäftsbereich der B... gehörenden Gebäuden im Wege einer nationalen Bekanntmachung öffentlich aus. Es sollten bei zehn Losen "Rahmenwartungsverträge" über Wartung und Instandhaltung geschlossen werden. Die Antragsgegnerin legte dem Vergabeverfahren die VOB/A zugrunde. Die Vergabebekanntmachung enthielt u.a. den Hinweis:

Angaben zu Maßnahmen der Qualitätssicherung müssen auf Anforderung erfolgen.

In den Verdingungsunterlagen forderte die Antragsgegnerin in Bezug auf eine Qualitätsmanagementsicherung mit dem Angebot die Vorlage eines gültigen und seit mehr als zwei Kalenderjahren bestehenden QMS-Zertifikats nach DIN ISO 9001/DIN ISO 9002:1994 bzw. aktueller DIN EN ISO 9001:2000 einer anerkannten Zertifizierungsstelle.

Die Antragstellerin reichte mit ihrem Angebot Zertifikate über ein Qualitätsmanagement (QM-Zertifikate) ein, die - bezogen auf den Zeitpunkt der Vergabebekanntmachung und bei Ablauf der Frist für die Angebotsabgabe - noch nicht zwei Jahre gültig waren.

Die Submission ergab, dass wegen Unvollständigkeit sowie Fehlens geforderter Eignungsnachweise keines der 13 eingegangenen Angebote wertbar war. Aufgrund dessen hob die Antragsgegnerin das Vergabeverfahren auf und führte - ohne erneute Vergabebekanntmachung - ein beschränktes Verfahren durch. Sie teilte dies den Bietern mit (Schreiben vom 4.4.2006) und forderte sie auf, bestimmte, individuell noch nicht beigebrachte Eignungsnachweise nachzureichen. Auch das an die Antragstellerin gerichtete Schreiben nannte verschiedene, noch beizubringende Eignungsnachweise. Die Vorlage eines (seit mehr als zwei Jahren gültigen) QM-Zertifikats war darin aber nicht aufgeführt.

Anschließend gab die Antragsgegnerin die Verdingungsunterlagen heraus, so u.a. auch an die Antragstellerin. Neben dem Angebot der Antragstellerin gingen elf weitere Angebote ein. Das Angebot der Antragstellerin ist bei allen zehn Losen das preisgünstigste. Nach zwei Bietergesprächen mit der Antragstellerin, deren Gegenstand die Preise und die Kalkulation waren, erteilte die Antragsgegnerin am 9.6.2006 der Beigeladenen zu 1 den Zuschlag auf die Lose 1, 4, 6 und 8, der Beigeladenen zu 2 den Zuschlag auf die Lose 2 und 7 sowie der Beigeladenen zu 3 den Zuschlag auf die Lose 3 und 5. Unterdessen ließ die Antragstellerin durch Anwaltsschreiben vom 23.5.2006 rügen, dass es sich bei den ausgeschriebenen Leistungen nicht um Bau-, sondern um Dienstleistungen handele, so dass - da in diesem Fall der maßgebende Schwellenwert überschritten sei - eine europaweite Bekanntmachung habe erfolgen müssen. Unter dem 12.6.2006 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin, ihr Angebot werde von der Wertung ausgeschlossen, da kein seit zwei Jahren gültiges QM-Zertifikat vorgelegt worden sei. Die Antragstellerin ließ dies mit Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 13.6.2006 beanstanden und stellte am 26.6.2006 einen Nachprüfungsantrag. Nach Zustellung des Nachprüfungsantrags erteilte die Antragsgegnerin unter dem 28.6.2006 der Beigeladenen zu 4 den Zuschlag auf die Lose 9 und 10.

Im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren stritten die Verfahrensbeteiligten über den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin sowie darüber, ob die ausgeschriebenen Leistungen als Bau- oder als Dienstleistungen einzuordnen sind, ob die Antragstellerin insoweit sowie mit Blick auf das gewählte Verfahren e...

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