Leitsatz (amtlich)

1. Zu der Beschwerdeberechtigung der Landeskasse nach § 59 Abs. 1 FamFG bezüglich einer Kostenentscheidung.

2. Die am Verfahren nicht beteiligte Staatskasse ist kein Dritter i.S.d. § 81 Abs. 4 FamFG.

3. Unzulässigkeit der Anschlussbeschwerde nach § 66 FamFG bei Beschränkung der Hauptbeschwerde auf die Kostengrundentscheidung.

 

Verfahrensgang

AG Mülheim a.d. Ruhr (Aktenzeichen 20 F 506/15)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der am 17.10.2016 erlassene Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Mühlheim an der Ruhr hinsichtlich der Kostenentscheidung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die Auslagen des Kindesvaters trägt dieser selbst.

2. Die Anschlussbeschwerde des Kindesvaters wird verworfen.

3. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit seinem am 17.10.2016 erlassenen Beschluss hat das Amtsgericht den Entzug der elterlichen Sorge der Kindesmutter für das Kind B bestätigt und unter Aufhebung der am 06.05.2015 angeordneten Vormundschaft die elterliche Sorge auf den Kindesvater übertragen. Von der Erhebung von Gerichtskosten hat das Amtsgericht abgesehen; die Auslagen des Kindesvaters hat es der Staatskasse auferlegt.

Gegen diese Auslagenauferlegung zu Lasten der Staatskasse hat der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Duisburg mit am 29.11.2016 bei Gericht eingegangenem Schreiben Beschwerde eingelegt.

Der Kindesvater tritt der Beschwerde entgegen und beantragt seinerseits im Wege der Anschlussbeschwerde, seine Auslagen dem beteiligten Jugendamt aufzuerlegen.

II. Die zulässige Beschwerde der Landeskasse hat auch in der Sache Erfolg und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung der amtsgerichtlichen Kostenentscheidung. Die Anschlussbeschwerde des Kindesvaters ist dagegen unzulässig.

1. a) Die Hauptbeschwerde ist zulässig, da die beschwerdeführende Landeskasse - vertreten durch den Bezirksrevisor- zwar nicht an dem Verfahren beteiligt war, durch die angefochtene Kostenentscheidung indes gleichwohl in ihren Rechten betroffen und damit beschwerdeberechtigt i.S.d. § 59 Abs. 1 FamFG ist.

Die Beschwerdefrist ist schon deshalb gewahrt, weil der angefochtene Beschluss der nicht an dem Verfahren beteiligten Landeskasse nicht bekanntgegeben wurde, sondern diese erst durch Vorlage der Akte im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens unter dem 15.11.2016 von dem Beschluss Kenntnis erlangt hat. Ausweislich der Zustellungsurkunde vom 19.10.2016 (Bl. 196 GA) wurde der Beschluss auch der beteiligten Kindesmutter bis dato nicht zugestellt (§ 63 Abs. 3 S. 2 FamFG).

b) Auch in der Sache hat die Beschwerde der Landeskasse Erfolg. Der Staatskasse können die außergerichtlichen Kosten des Kindesvaters nicht auferlegt werden, da sie weder an dem Verfahren beteiligt war, noch als Dritte i.S.d. § 81 Abs. 4 FamFG in Betracht kommt (vgl. hierzu Keidel/Zimmermann, FamFG 16. Auflage, § 81 Rn. 73 m. w. N.).

Scheidet somit die Staatskasse als Kostenschuldnerin aus, entspricht es billigem Ermessen, dass der Kindesvater -unabhängig von dem für ihn erfolgreichen Ausgang des Verfahrens- seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt. In Sorge- und Umgangssachen entspricht es regelmäßig der Billigkeit, die Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht anzuordnen (OLG Naumburg FamRZ 2014, 687; OLG Köln MDR 2012, 289; KG MDR 2012, 473). Dem Jugendamt sind nur unter engen Voraussetzungen Kosten aufzuerlegen, insbesondere in Fällen des § 81 Abs. 2 FamFG (OLG Celle FamRZ 2012, 1896). Eine derartige Konstellation, die eine Kostentragung durch das Jugendamt ausnahmsweise geboten erscheinen lässt, ist vorliegend nicht ersichtlich.

2. Die von dem Kindesvater mit dem Ziel einer Kostenauferlegung zum Nachteil des Jugendamtes eingelegte Anschlussbeschwerde ist -unabhängig von ihrer aus den oben genannten Gründen gegebenen Erfolglosigkeit- bereits unzulässig, da eine solche Anschlussbeschwerde nach § 66 FamFG nur in Betracht kommt, wenn sich die Hauptbeschwerde gegen eine Entscheidung des Ausgangsgerichts zur Hauptsache wendet. Allein ein Hauptangriff gegen die Kostengrundentscheidung kann nicht zu einer Verschlechterung der Hauptsachentscheidung zu Lasten eines anderen Beteiligten führen. Er rechtfertigt deshalb auch keine Anschlussbeschwerde. Will ein Beteiligter auf die Beschwerde eines anderen Beteiligten gegen die Kostenentscheidung eine Verbesserung zu seinen Gunsten erreichen, bedarf er dafür nicht der Anschlussbeschwerde, weil insoweit das Verbot der reformatio peius nicht zur Anwendung kommt (MüKoFamFG/Fischer, FamFG 2. Auflage 2013, § 66 Rn. 8-12, beck-online).

II. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 81 FamFG.

Die Wertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 40 Abs. 1 FamGKG.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Eine Rechtsmittelbe...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge