Leitsatz (amtlich)

1. Zur Voraussetzung einer Anordnung der Nachlassverwaltung wegen Gefährdung der Gläubigerbefriedigung seitens des Erben (hier betreffend Forderungen zweier Pflichtteilsberechtigter gegen den Nachlass) durch die Veräußerung des - gemäß Nachlassverzeichnis - einzig wirklich wertvollen Nachlassgegenstandes (Immobilieneigentum) ohne Sicherheiten am Erlös gewährt zu haben, bei zur Zeit der nachlassgerichtlichen Entscheidung wegen unbekannter Erbenanschrift nicht erreichbarem Arrest

2. Zur Berücksichtigung des Fortfalls der tragenden Tatsachengrundlage nach Mitteilung und Beleg der in Deutschland gelegenen Adresse des Erben mit der Beschwerdebegründung (hier mit der Folge einer Änderung der die Nachlassverwaltung anordnenden angefochtenen Entscheidung) und zum Einfluss des neuen Vortrags auf die Entscheidung, dem Beschwerdeführer die Kosten (auch) des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen

 

Normenkette

BGB § 1981 Abs. 2; FamFG § 81 Abs. 1 S. 1; ZPO § 97 Abs. 2, §§ 253, 919

 

Verfahrensgang

AG Ratingen (Aktenzeichen 14 VI 323/18)

 

Tenor

Die angefochtene Entscheidung wird geändert.

Der Antrag der Beteiligten zu 1. und 2. auf Anordnung der Nachlassverwaltung vom 29. Mai 2018 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 3. hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Geschäftswert: 140.000 EUR.

 

Gründe

I. Mit Schreiben vom 29.05.2018 (Eingang bei Gericht am 04.06.2018) beantragen die Beteiligten zu 1 und 2 die Anordnung der Nachlassverwaltung.

Zur Begründung tragen sie vor, die durch Erbvertrag des am 15.05.2018 verstorbenen Erblassers vom 26.01.2015 eingesetzte Alleinerbin, die Beteiligte zu 3, gefährde sowohl durch ihr Verhalten als auch durch ihre Vermögenslage die Befriedigung der Ansprüche der Beteiligten zu 1 und 2 als Nachlassgläubigerinnen.

Diese seien als Töchter des Erblassers pflichtteilsberechtigt. Hierzu legen sie deren Geburtsurkunden vor.

Zudem würden auch Pflichtteilsansprüche der Beteiligten zu 1 und 2 nach dem Tod deren Mutter am 09.08.2015 bestehen, welche sich nunmehr nach dem Tod des Erblassers und Alleinerben der Mutter gegen die Beteiligte zu 3 richteten.

Sie geben weiter an, dass der Nachlass nicht überschuldet sei und aus einer Immobilie nebst Geldvermögen bestehe.

Der Aufenthaltsort der Beteiligten zu 3 befinde sich im Ausland und sei im Genaueren unbekannt. Eine Durchsetzung der Pflichtteilsansprüche werde dadurch vereitelt.

Zur Notwendigkeit der Anordnung der Zwangsverwaltung geben Beteiligten zu 1 und 2 weiter an, dass eine Titelerwirkung zu lange dauern würde. Es bestünde die Gefahr, dass der Zugriff auf den Nachlass dann nicht mehr möglich sei. Verkaufsbemühungen betreffend die Immobilie seien bereits angelaufen. Entsprechende Vermarktungs-Anzeige der Sparkasse legen sie vor.

Eine Sicherheitsleistung sei seitens der Beteiligten zu 3 abgelehnt worden.

Die Pflichtteilsansprüche der Beteiligten zu 1 und 2 werden grundsätzlich von der Beteiligten zu 3 nicht bestritten.

Sie legt ein der Gegenseite zugesandtes vorläufiges Nachlassverzeichnis vor und sichert den Beteiligten zu 1 und 2 die Befriedigung ihrer Ansprüche nach Verkauf der Immobilie zu.

Eine Bekanntgabe ihrer Anschrift an die Beteiligten zu 1 und 2 lehnt sie ab.

Die Beteiligte zu 3 bestreitet die Notwendigkeit der Anordnung der Nachlassverwaltung mit der Begründung, dass andere Sicherungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden und der Nachlass nicht komplex sei.

Durch Beschluss vom 17. August 2018 hat das Nachlassgericht Nachlassverwaltung angeordnet und den Beteiligten zu 4. zum Nachlassverwalter bestellt. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 3. mit ihrem am 23. August 2018 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel.

II. Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 3. ist dem Senat infolge der mit weiterem Beschluss des Nachlassgerichts vom 24. August 2018 ordnungsgemäß - insbesondere unter ausreichender Würdigung der Rechtsmittelbegründung - erklärten Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. FamFG.

Es ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde statthaft und insgesamt zulässig.

In der Sache erweist sich die Beschwerde - einzig - aufgrund einer im zweiten Rechtszug neu eingetretenen Tatsache als begründet.

1. Die angegriffene Entscheidung vom 17. August 2018 ist richtig gewesen. Berechtigterweise ist das Nachlassgericht seinerzeit davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 1981 Abs. 2 BGB vorlagen.

Nach dieser Vorschrift ist auf Antrag eines Nachlassgläubigers die Nachlassverwaltung anzuordnen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Befriedigung der Nachlassgläubiger aus dem Nachlass durch das Verhalten oder die Vermögenslage des Erben gefährdet wird (Satz 1); allerdings kann der Antrag nicht mehr gestellt werden, wenn seit der Annahme der Erbschaft zwei Jahre verstrichen sind (Satz 2).

a) Keiner näheren Ausführungen bedarf, dass die Beteiligten zu 1. und 2. als Pflichtteilsberechtigte Nachlassgläubiger sind, die Beteiligte zu 3. d...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge