Leitsatz (amtlich)
1.
Mit einem gesetzwidrigen Honorarverzicht verletzt ein angestellter Rechtsanwalt zugleich Pflichten aus seinem Anstellungsverhältnis.
2.
Leugnet ein angestellter Rechtsanwalt, mit einem Mandanten entgegen dessen Darstellung ein Erfolgshonorar vereinbart zu haben, so ist sein Arbeitgeber (Kanzleiinhaber) grundsätzlich gehalten, zunächst den Mandanten wegen des Honorars in Anspruch zu nehmen oder dessen Kostenerstattungsanspruch beim Gegner zu realisieren, und erst bei Fehlschlagen dieser Bemühungen berechtigt, gegen den angestellten Rechtsanwalt vorzugehen.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 13 O 487/05) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufungen gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Den Parteien wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Der für den 27. März 2007 geplante Senatstermin entfällt.
Gründe
Die Berufung beider Parteien hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Urteil des Landgerichts ist im Ergebnis zutreffend und auch die Berufungsbegründungen rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.
I.
Berufung des Klägers
Die Berufung des Klägers richtet sich ohne Erfolg gegen den von seiner Vergütung in Abzug gebrachten Schadensersatzbetrag. Zu Recht hat das Landgericht die Aufrechnung der Beklagten wegen schuldhafter Verletzung der dienstvertraglichen Verpflichtungen des Klägers im Hinblick auf die erklärten Honorarverzichte gebilligt. Diese bezogen sich auf den Netto-Honoraranteil der Rechnung vom 08. März 2005 (einstweiliges Verfügungsverfahren T. KG ./. T., Landgericht Köln, Az. 33 O 144/04) in Höhe von 4.102,-- EUR sowie das Netto-Honorar aus der Kostenrechnung vom 20. Mai 2005 (T. ./. T.) über 568,80 EUR. Von diesem Gesamtbetrag über 4.670,80 EUR steht der Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe des hälftigen Honorars zu, welchen das Landgericht zutreffend und von den Parteien unbeanstandet mit 2.335,40 EUR errechnet hat.
1.
Der Kläger hat mit den unstreitig erklärten Honorarverzichten gegen seine dienstvertraglichen Verpflichtungen verstoßen (§§ 611, 280 BGB). Der Senat folgt dem Landgericht darin, dass er hierzu nicht befugt war. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
a.
Die Gebührenverzichtserklärungen des Klägers gegenüber der T. KG (im folgenden: Mandantin I) waren gemäß § 134 BGB nichtig, denn sie verstießen gegen § 49 b Abs. 1 BRAO. Soweit der Kläger darauf verweist, diese Vorschrift sei im hier vorliegenden Verhältnis zwischen Anwälten nicht anwendbar, kann ihm nicht gefolgt werden. Denn unabhängig von der Frage, welchen Schutzzweck diese berufsrechtlichen Vorschriften haben (vgl. hierzu BT-Drucks. 12/4933, S. 31; BGH NJW 2006, 3569 ff. = MDR 2007, 180 f.; siehe auch Henssler/Prütting/Dittmann, BRAO, 2. Auflage, § 49 b Rn. 5; siehe unten unter I. 2.), war der Kläger schon aufgrund der allgemeinen Nebenpflicht zur Rücksichtnahme auf den Vertragspartner (§ 241 Abs. 2 BGB; vgl. auch Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Auflage, § 611 Rn. 39 ff.), hier auf die Beklagte, gehalten, rechtswirksame Vergütungsvereinbarungen mit den Mandanten zu erzielen. Denn er war im Rahmen seines Dienstverhältnisses verpflichtet, die Rechte und die Rechtsgüter der Beklagten zu schützen (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 241 BGB Rn. 6 f.). Dies umfasst auch die Verpflichtung, solche Handlungen zu unterlassen, die den wirtschaftlichen Erfolg der gemeinschaftlichen Berufsausübung gefährden können. Hierzu gehörte auch nicht zu Lasten der Beklagten, die dem Kläger die für die Mandatsbearbeitungen notwendige anwaltliche Infrastruktur zur Verfügung stellte, auf erzielbare Einnahmen zu verzichten. Durch den unstreitigen Verzicht auf die streitgegenständlichen Vergütungen hat der Kläger hiergegen verstoßen und sich damit schadensersatzpflichtig gemacht (§§ 280 Abs. 1, 282 BGB; vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 611 Rn. 39; Richardi NZA 2002, 1004 (1010)).
Der Gebührenverzicht des Klägers war pflichtwidrig. Denn dass im Verhältnis zu der Mandantin I die Voraussetzungen für eine Ermäßigung oder den Erlass von Gebühren gemäß § 49 b Abs. 1 S. 2 BRAO vorgelegen haben, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Für das Vorliegen dieses Ausnahmetatbestands ist der Kläger darlegungs- und beweispflichtig.
b.
Die Vertragswidrigkeit dieses Verhaltens des Klägers folgt auch aus einer weiteren Überlegung. Die Beklagte hat in der Berufungsinstanz unbestritten - und damit vom Senat zu berücksichtigen (vgl. BGH NJW 2005, 291)- vorgetragen, dass die Mandantin I sich nach entsprechender Anfrage im Schreiben vom 21. April 2005 für eine Niederlegung des Mandats durch die Beklagte und dessen Fortführung durch den Kläger entschieden habe. Diese Entscheidung traf die Mandantin I in Kenntnis des Umstands, dass eine Mandatsübertragung während eines laufenden Mandats grundsätzlich zu einem erneuten Anfall der bislang angefallenen Gebühren füh...