Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 28.01.2004; Aktenzeichen 36 O 101/02)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen das am 28.1.2004 verkündete Zwischenurteil der 6. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

Das Rechtsmittel der Beklagten gegen das die Nebeninterventionen zulassende Zwischenurteil des LG - dessen Ausspruch zu Ziff. II. in der maßgeblichen Urschrift keinen Verlautbarungsfehler aufweist - ist zulässig, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

I. Die Beklagte hat ihre Beschwerde zulässigerweise nicht nur gegen die Streithelfer, sondern auch gegen die Kläger gerichtet.

Zwar haben die Kläger den Nebeninterventionen weder ausdrücklich zugestimmt noch widersprochen. Auch eine in diesem Sinne neutrale Hauptpartei ist indes Partei des Interventionsstreits insgesamt und damit auch eines Beschwerdeverfahrens.

Hierfür spricht der Wortlaut des § 71 Abs. 1 S. 1 ZPO, wonach über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention "unter den Parteien und dem Nebenintervenienten" verhandelt und entschieden wird. Für eine einschränkende Auslegung des Wortlautes der Vorschrift sieht der Senat jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden keinen Anlass. Auch die sog. neutrale Hauptpartei nimmt regelmäßig und so auch hier die durch die Streithilfe ihr objektiv zuteil werdende Unterstützung hin. Dann erscheint es nicht ungerechtfertigt, sie in dem Verfahren über den Fortbestand dieser Unterstützung hinzuzuziehen und ggf., sollte die Unterstützung nicht zulässig gewesen sein, mit Kosten zu belasten. Will die Hauptpartei dieses Risiko auf jeden Fall vermeiden, steht ihr der Weg des Widerspruchs gegen den Beitritt offen (wie hier Weth in Musielak, ZPO, 3. Aufl. 2002, § 71 Rz. 4; a.A. Schilken in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2000, § 71 Rz. 7, jeweils m.w.N.). Zudem würde die erwähnte einschränkende Auslegung im Streitfall dazu führen, dass der Kreis der Beschwerdeberechtigten weiter zu ziehen wäre als derjenige der im Beschwerdeverfahren Beteiligten. Denn bei der Zulassung der Nebenintervention ist auch diejenige Hauptpartei beschwerdeberechtigt, die sich im Zwischenstreit bisher nicht beteiligt hatte, aber antragsberechtigt war, und den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention kann - von Fällen der Streitverkündung abgesehen - auch die unterstützte Partei stellen.

II. Die sofortige Beschwerde ist jedoch insgesamt unbegründet.

1. Die Entscheidung des LG über die Zulassung der Beitritte konnte in äußerlich mit dem Endurteil verbundener Form ergehen. Das ist anerkannt (BGH NJW 1982, 2070; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl. 2004, § 71 Rz. 5, m.w.N.) und wird auch von der Beklagten nicht bezweifelt.

2. Alle Nebenintervenienten sind den Erfordernissen der §§ 70 Abs. 1 S. 2, 71 Abs. 1 S. 2 ZPO gerecht geworden. Sie haben ihre Beitritte wirksam erklärt sowie ihr jeweiliges Interesse an der Nebenintervention dargetan und - soweit erforderlich - glaubhaft gemacht.

a) Bei der Beurteilung des Interesses am Beitritt auf Seiten eines Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklägers geht der Senat von folgenden Grundsätzen aus:

Ein Interventionsinteresse gem. § 66 Abs. 1 ZPO besteht stets für diejenigen, denen ggü. die Entscheidung des Gerichts in Rechtskraft erwachsen würde. Durch §§ 248 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1 S. 1 AktG werden alle Aktionäre der Rechtskraft eines stattgebenden kassatorischen Urteils unterworfen. Hieraus folgt, dass ein Aktionär sein Beitrittsinteresse jedenfalls auf Seiten eines Anfechtungsoder Nichtigkeitsklägers bereits mit eben seiner Stellung als Aktionär begründen kann; liegt der Erwerb dieser Stellung nicht später als seine Beitrittserklärung, ist das Interesse von Anfang an gegeben, liegt er später, wird die Nebenintervention ab dann zulässig. Mithin kommt es weder darauf an, ob der Aktionär vor seinem Beitritt selbst eine Anfechtungsklage nach Maßgabe des § 245 AktG hätte erheben können, insb. ob er zur Zeit der Hauptverhandlung schon Aktionär war, in dieser erschienen war oder gegen den Hauptversammlungsbeschluss Widerspruch erklärte, noch darauf, ob die Beitrittserklärung innerhalb einer Monatsfrist - sei es gerechnet ab Beschlussfassung, sei es ab Bekanntmachung i.S.d. § 246 Abs. 4 AktG - erfolgte. Abgesehen davon, dass das Erfordernis einer Fristwahrung im erstgenannten Sinne das Rechtsinstitut der Nebenintervention praktisch leer laufen ließe (worauf auch die Beteiligten im vorliegenden Verfahren mehrfach hingewiesen haben) und die Anordnung einer Nebeninterventionsfrist von einem Monat ab Bekanntmachung der Klage allein dem Gesetzgeber obläge, ist ein weites Verständnis des Beitrittsinteresses verfassungsrechtlich geboten, Art. 103 Abs. 1 GG. Das rechtliche Gehör eines Aktionärs, der von einem Anfechtungs- oder Nichtigkeitsverfahren erst aufgrund der Veröffentlichung nach §§ 246 Abs. 4, 249 Abs. 1 S. 1 AktG erfährt, kann praktisch nur noch innerhalb desjenigen Rechtsstreits erfolgen, der Gegenstand der Bekanntmachung war. Der Gewährung rechtlichen Gehörs bedarf es ...

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