Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob die Zulässigkeit des Beitritts des Nebenintervenienten davon abhängt, dass der aufseiten des Anfechtungsklägers beigetretene Streithelfer die Frist des § 246 Abs. 1 AktG versäumt hat.

 

Normenkette

AktG § 246 Abs. 1; ZPO §§ 66, 70

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 27.01.2006; Aktenzeichen 3-11 O 88/05)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Nebenintervenienten gegen das am 27.1.2006 verkündete Zwischenurteil der 11. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 75.000 EUR. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger - der Kläger zu 1) in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter - sind Aktionäre der Beklagten und haben mit der auf § 243 Abs. 1 AktG gestützten Klage beantragt, die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 12.7.2005 zu Punkt 2 und 3 der Tagesordnung, durch die dem Vorstand sowie dem Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2004 Entlastung erteilt wurde, und den Beschluss zu Punkt 4 der Tagesordnung über die Bestellung des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2005 für nichtig zu erklären, nachdem den Bevollmächtigten der Kläger zunächst vom Versammlungsleiter der Zugang zur Hauptversammlung verweigert worden war und sie im weiteren das Stimmrecht nicht hatten ausüben und an der Beschlussfassung nicht hatten mitwirken können.

Mit am 31.10.2005 per Telefax beim LG eingegangenen Schriftsatz hat der Nebenintervenient, der an der genannten Hauptversammlung teilgenommen und Widerspruch gegen sämtliche gefasste Beschlüsse zu notariellem Protokoll erhoben hatte, seinen Beitritt zum Verfahren unter der Ankündigung, die Anträge des Klägers zu 1), die in der Hauptversammlung der Beklagten vom 12.7.2005 unter Tagesordnungspunkten 2, 3 und 4 gefassten Beschlüsse über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2003 sowie über die Wahl des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2005 für nichtig zu erklären, stellen zu wollen, erklärt und vorgetragen, gegen die genannten Beschlussfassungen gestimmt zu haben.

Die Beklagte hat die Zurückweisung der Nebenintervention beantragt und insoweit geltend gemacht, die nach Ablauf der Klagefrist gem. § 246 Abs. 1 AktG erklärte Nebenintervention sei verspätet.

Mit Zwischen- und Endurteil vom 27.1.2006 hat das LG die Nebenintervention mangels rechtlichen Interesses des Streithelfers i.S.d. § 66 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen, weil der Nebenintervenient selbst die Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG nicht gewahrt und erst nach Fristablauf den Beitritt erklärt habe, und im Übrigen in der Hauptsache entschieden.

Gegen das ihm am 7.2.2006 zugestellte Urteil hat der Nebenintervenient mit am 20.2.2006 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, soweit die Nebenintervention zurückgewiesen worden ist, ohne diese im weiteren zu begründen.

Mit Beschluss vom 22.3.2006 hat das LG aus den im angegriffenen Zwischenurteil dargestellten Gründen der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.

Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention ist durch Zwischenurteil zu entscheiden, gegen das die sofortige Beschwerde stattfindet (§§ 71 Abs. 2; 576 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Dem steht nicht entgegen, dass die Entscheidung über die Zulassung des Beitritts des Nebenintervenienten im Endurteil getroffen ist, weil das Zwischenurteil mit dem Endurteil verbunden werden darf und der zurückgewiesene Streitgehilfe das in der Entscheidung enthaltene Zwischenurteil - soweit dies überhaupt zulässig ist - auch dann mit der sofortigen Beschwerde anfechten kann, wie der Senat wiederholt entschieden hat (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 3.11.2005 - 5 W 46/05, AG 2006, 755 = OLGReport Frankfurt 2006, 931 soweit ersichtlich nicht veröffentlicht, vom 18.10.2001 - 5 W 16/01, AG 2002, 88 = OLGReport Frankfurt 2002, 10).

Die sofortige Beschwerde ist im Übrigen zulässig, insb. form- und, weil binnen der zweiwöchigen Notfrist nach Zustellung eingelegt, fristgerecht eingelegt (§ 569 Abs. 1 Satz 1, 2; Abs. 2 ZPO).

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. Das LG hat die Zurückweisung der Nebenintervention zu Recht damit begründet, dass der Nebenintervenient den Klägern aus speziell aktienrechtlichen Gründen im Rechtsstreit mit der Beklagten nicht beitreten kann.

Grundsätzlich ist das rechtliche Interesse des Nebenintervenienten, dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger beizutreten, gegeben.

Nach der Rechtsprechung des Senates folgt das rechtliche Interesse des - wie vorliegend - formgerecht (§ 70 ZPO) beigetretenen Nebenintervenienten gem. § 66 Abs. 1 ZPO aus einer Rechtskrafterstreckung auf den Nebenintervenienten als Mitaktionär der Kläger, weil das einen Beschluss rechtskräftig für nichtig erklärende Urteil für und gegen alle Aktionäre, auch wenn sie nicht Partei sind, wirkt (§ 248 Abs. 1 S. 1 AktG; vgl. OLG Frankfurt Beschl. v. 18.10.2001 - 5 W 16/01, AG 2002, 88 = OLGReport Frankfurt 2002, 10).

Der B...

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