Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen eines Sachverständigen für eine Bahncard 100 sind - jedenfalls während deren Gültigkeitsdauer - auch nicht anteilig als Reisekosten erstattungsfähig.

 

Normenkette

JVEG § 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Beschluss vom 25.02.2009; Aktenzeichen 14 O 86/05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss des Vorsitzenden der 4. Kammer für Handelssachen des LG Wuppertal vom 25.2.2009 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die dem Sachverständigen B. für die Erstellung seines Gutachtens vom 28.8.2008 zu zahlende Vergütung einschließlich Aufwendungen und Auslagen wird auf EUR 3771,23 festgesetzt. Der weitergehende Festsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

Das Verfahren über die Beschwerden ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrte im Rahmen der Vergütungsfestsetzung nach § 4 Abs. 1 JVEG u.a. die Festsetzung von 390 EUR als Reisekosten für die Anfahrt zu einem Ortstermin in R. Dieser Betrag entspricht den Kosten für eine reguläre Hin- und Rückfahrkarte der Deutschen Bahn AG für die Strecke D.-R. Tatsächlich hatte der Antragsteller eine solche Fahrkarte nicht erworben, weil er im Besitz einer Bahncard 100 ist. Durch den angefochtenen Beschluss des Vorsitzenden der 4. Kammer für Handelssachen des LG Wuppertal vom 25.2.2009 (Bl. 713 f. GA) ist die Vergütung des Antragstellers auch im Hinblick auf die Reisekosten antragsgemäß festgesetzt worden. Das LG hat die anteiligen Kosten der Bahncard 100 bis zur Höhe der üblichen Kosten einer Fahrkarte für erstattungsfähig gehalten, weil die Bahncard 100 sich zum Festsetzungszeitpunkt noch nicht amortisiert hatte. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Landeskasse vom 9.3.2009 (Bl. 716 ff. GA).

II. Die Beschwerde der Landeskasse ist gem. § 4 Abs. 3 JVEG zulässig und auch begründet. Zu Recht wendet sich die Landeskasse gegen die Festsetzung der Reisekosten in Höhe der Kosten für eine reguläre Einzelfahrkarte der Deutschen Bahn AG für die Strecke D.-R.

1. Die Kosten für eine reguläre Fahrkarte können nicht nach § 5 Abs. 1 JVEG erstattet verlangt werden. Der Antragsteller hat keine reguläre Fahrkarte der Deutschen Bahn AG für 390 EUR erworben. Er hat die Geschäftsreise unter Verwendung einer bereits vorhandenen Bahncard 100 unternommen. Mit dieser Jahresnetzkarte konnte er die Zugverbindung zum Ortstermin kostenfrei nutzen. Damit sind keine tatsächlichen Aufwendungen im konkreten Einzelfall entstanden. Nach § 5 Abs. 1 JVEG können bei Benutzung von öffentlich, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln aber nur die tatsächlich entstandenen Auslagen ersetzt werden, nicht dagegen fiktive Reisekosten oder Anteile allgemeiner Geschäftskosten (vgl. zur entsprechenden Situation bei der Vergütung des Rechtsanwalts: OVG NW Rpfleger 2006, 443; VG Köln NJW 2005, 3513; OLG Düsseldorf RVGreport 2008, 259 "ticket 2000").

2. Die tatsächlich angefallenen Kosten für die Bahncard 100 kann der Antragsteller nicht anteilig erstattet verlangen. Dabei mag dahinstehen, ob die anteiligen Kosten der Bahncard 100 bereits den allgemeinen Geschäftskosten zuzuordnen und damit als nicht erstattungsfähig anzusehen sind (so für die Vergütung des Rechtsanwalts: OVG NW Rpfleger 2006, 443; Gerold/Schmidt-Madert/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., VV 7003, 7004 Rz. 23).

a) Grundvoraussetzung dafür, dass anteilige Kosten einer Bahncard 100 überhaupt anteilig angesetzt werden könnten, wäre in jedem Fall eine lückenlose Aufschlüsselung und Dokumentation aller im Gültigkeitszeitraum unternommenen Fahrten (vgl. OLG Frankfurt JurBüro 2006, 429; OVG NW Rpfleger 2006, 443; VG Köln NJW 2005, 3513). Dies ist während der Gültigkeitsdauer einer Bahncard 100 praktisch unmöglich, so dass auch die auf eine konkrete Fahrt entfallenden Kosten nicht anteilig ermittelt werden können (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 24. Aufl., § 5 Rz. 5.9).

Hier ist die Geltungsdauer der Bahncard 100 (11.6.2008 bis 10.6.2009) noch nicht abgelaufen. Damit fehlt es jedenfalls an einer ausreichenden Grundlage für eine anteilige Berechnung der Fahrtkosten. Nach der Aufstellung des Antragstellers sind bis zum 26.11.2008 reguläre Bahnfahrkarten-Kosten i.H.v. 3383,30 EUR "abgefahren" worden; weiter trägt der Antragsteller vor, dass noch nicht sicher sei, ob die Bahncard 100 denselben hohen Nutzungsgrad erziele wie die Bahncard 100 im Jahr zuvor (vgl. Schriftsatz vom 9.12.2008, Bl. 681 ff. GA). Vor diesem Hintergrund sind zum jetzigen Zeitpunkt die während der Gültigkeitsdauer gefahrenen Gesamtkilometer weder feststellbar noch abschätzbar, so dass noch nicht einmal die anteilig auf die gefahrenen Fahrkilometer entfallenden Kosten der Bahncard 100 ermittelt werden könnten.

b) Ob nach Ablauf der Gültigkeitsdauer eine anteilmäßige Erstattung der Kosten für eine Bahncard 100 in Betracht kommt, bedarf hier keiner Entscheidung. Zu bedenken wird ggf. sein, dass eine Bahncard 100 regelmäßig ihrer Vorteile willen (unbegrenzten Anzahl von Bahnfahrten, kostenlose Mitnahme von eige...

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