Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbillige Bestimmung einer Rahmengebühr durch Rechtsanwalt

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bestimmung der Höhe einer Rahmengebühr durch den Anwalt ist auch dann unbillig und im Festsetzungsverfahren nach § 128 BRAGO unbeachtlich, wenn die Umstände des Einzelfalls und die gesetzlichen Bemessungskriterien ersichtlich nicht beachtet worden sind.

 

Normenkette

BRAGO §§ 12, 23, 128

 

Verfahrensgang

AG Krefeld (Aktenzeichen 63 F 364/00)

 

Tenor

Die Beschwerde von Rechtsanwalt … gegen den Beschluss des AG – FamG – Krefeld vom 2.10.2001 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde (§ 128 Abs. IV BRAGO), mit der Rechtsanwalt … die Festsetzung einer Rahmengebühr i.H.v. 8,5/10 sowie einer Vergleichsgebühr i.H.v. 15/10 erstrebt, hat keinen Erfolg.

Die Ansicht von Rechtsanwalt B., seine Bestimmung der Rahmengebühr (§ 12 BRAGO) sei für das Gericht bindend, weil die Mittelgebühr (7,5/10) nicht mehr als um 20–25 % überschritten worden sei, trifft nicht zu. Es trifft zwar zu, dass Abweichungen von bis zu 20 % von der vom Gericht für angemessen erachteten Gebühr vertretbar und daher auch vom Gericht anzuerkennen sind (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl, § 12 BRAGO Rz. 24). Eine vom Gericht zu tolerierende Gebührenbestimmung durch den Rechtsanwalt nach § 12 Abs. 1 S. 1 BRAGO liegt aber nur dann vor, wenn sie aufgrund der Umstände des Einzelfalles i.V.m. den vier Bemessenskriterien getroffen worden ist. Liegt eine solche Ermessensentscheidung nicht vor, ist die von dem Rechtsanwalt vorgenommene Gebührenbestimmung gem. § 12 Abs. 1 S. 2 BRAGO unbillig und damit nicht verbindlich, auch wenn die geltend gemachten Gebühren die Toleranzgrenze von 20 % nicht überschreiten (vgl. Gerold/Schmidt, BRAGO, 14. Aufl., § 12 Rz. 9). So liegt der Fall hier. Rechtsanwalt B. hat die Gebühr „aufgrund der besonderen Bedeutung der Angelegenheit für die Partei und des überdurchschnittlichen Umfangs und Schwierigkeit der Sache” bestimmt. Diese Begründung kann anhand des Akteninhalts nicht nachvollzogen werden. Was die Bedeutung der Angelegenheit betrifft, so ging es (nur) um eine Umgangsregelung des Vaters mit seinem bei der Mutter lebenden Kind M. Entgegen der Ansicht von Rechtsanwalt B. kann von einem überdurchschnittlichen Umfang und Schwierigkeit der Sache offensichtlich keine Rede sein. Denn bereits am 9.11.2000 hat das Jugendamt … dem Gericht mitgeteilt, dass es mit den Eltern ein gemeinsames Gespräch geführt habe und diese sich über das Umgangsrecht des Vaters einig seien. Die Eltern wünschten lediglich deshalb eine gerichtliche Festlegung des Umgangsrechts, „um gegenseitig die Verbindlichkeit der Vereinbarung zu untermauern”. Damit war ein eventueller Streit der Parteien über das Umgangsrecht in der Sache durch die Vermittlung des Jugendamtes beigelegt mit der Folge, dass sich die Tätigkeit von Rechtsanwalt B. in seinem Schriftsatz vom 8.12.2000 darauf beschränken konnte, um einen Termin zur Protokollierung eines Vergleichs zu bitten. Schließlich erfordern auch die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers keine Abweichung von der Mittelgebühr, da der von Rechtsanwalt B. vertretenen Mutter Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung bewilligt worden ist. Das Gericht hat nach alledem zu Recht entschieden, dass lediglich eine Mittelgebühr angemessen ist.

Für die Mitwirkung beim Abschluss des Vergleichs vom 11.4.2001 steht Rechtsanwalt B. nur eine 10/10 Gebühr zu, da über den Gegenstand des Vergleichs ein gerichtliches Verfahren anhängig war (vgl. § 23 Abs. 1 S. 3 BRAGO).

Düsseldorf, den 6.11.2001

OLG, 4. Senat für Familiensachen

 

Fundstellen

Haufe-Index 1104507

MDR 2002, 666

OLGR Düsseldorf 2002, 32

OLGR Düsseldorf 2002, 76

OLGR Frankfurt 2002, 32

OLGR Hamm 2002, 32

OLGR Köln 2002, 32

Rpfleger 2002, 271

AGS 2002, 99

KG-Report 2002, 32

KammerForum 2002, 272

OLGR-BHS 2002, 32

OLGR-CBO 2002, 32

OLGR-KSZ 2002, 32

OLGR-KS 2002, 32

OLGR-MBN 2002, 32

OLGR-NBL 2002, 32

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