Leitsatz (amtlich)

1. Ist der Anspruch des beigeordneten Rechtsanwaltes wegen seiner Vergütung gegen die ersatzpflichtigen Gesamtschuldner mit der Befriedigung durch die Landeskasse auf diese übergegangen (§ 130 Abs. 1 S. 1 BRAGO), wird das Recht der Kostenschuldner zur Aufrechnung hierdurch nicht erweitert. Auf den Einredeausschluss des § 126 Abs. 2 S. 1 ZPO kann sich auch die Staatskasse berufen.

2. Das Aufrechnungsverbot des § 126 Abs. 2 ZPO ist nicht erst ab Festsetzung oder Stellung eines Festsetzungsantrages zu beachten, sondern besteht von vornherein, das heißt von der Kostengrundentscheidung an.

3. Hat die bedürftige Partei die Kosten gegen den Kostenschuldner allerdings bereits festsetzen lassen, muss es dem Kostenschuldner möglich sein, die Kostenforderung zur Abwendung der Vollstreckung zu erfüllen, sei es durch Zahlung oder durch Aufrechnung.

 

Normenkette

BRAGO § 130 Abs. 1; ZPO § 126 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Beschluss vom 21.06.2006; Aktenzeichen 5 T 127/06)

AG Erkelenz (Aktenzeichen 6 C 216/02)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Mönchengladbach vom 21.6.2006 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die am 18.7.2006 bei Gericht eingegangene weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin (Bl. 213f GA) gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Mönchengladbach vom 21.6.2006 (Bl. 204f GA) ist gem. § 61 Abs. 1 S. 1 RVG, § 130 Abs. 2 BRAGO, §§ 72 Nr. 1 Halbs. 2, 66 Abs. 4 GKG n.F. kraft ausdrücklicher Zulassung zulässig.

Die weitere Beschwerde richtet sich gegen die landgerichtliche Entscheidung über die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss des AG Erkelenz vom 8.2.2006 (Bl. 181 ff. GA), mit welchem auf die Erinnerung der Kostenschuldnerin der Kostenansatz des AG Erkelenz vom 16.2.2005 (Bl. V GA) aufgehoben worden ist. Hierin waren diejenigen Beträge gegen die Kostenschuldnerin angesetzt worden, die die Landeskasse an den dem Prozessgegner im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt N ... gezahlt hat. Dieser hatte für das hier fragliche Berufungsverfahren mit Kostenausgleichungsantrag vom 20.11.2003 270,04 EUR und mit Antrag vom 20.1.2005 weitere 68,78 EUR zur Festsetzung beantragt (PKH-Heft Bl. 15 ff. GA), nachdem der Kostenschuldnerin sowie einem weiteren Kläger mit Beschluss des LG Mönchengladbach vom 29.10.2003 (Bl. 102 GA) die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt worden waren.

II. Die weitere Beschwerde der Kostenschuldnerin ist nicht begründet. Es kann nicht festgestellt werden, dass die landgerichtliche Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht. Zu Recht hat das LG den angefochtenen Kostenansatz wiederhergestellt.

Gemäß § 126 Abs. 1 ZPO war der beigeordnete Rechtsanwalt berechtigt, seine Gebühren und Auslagen entsprechend der maßgeblichen Kostengrundentscheidung von den in die Kosten verurteilten Klägern im eigenen Namen beizutreiben. Diese hafteten vorliegend in Bezug auf die Kostenerstattung gesamtschuldnerisch, da sie hinsichtlich des abgewiesenen Klageanspruchs Gesamtgläubiger waren, § 100 Abs. 4 ZPO. Entsprechend hätte der beigeordnete Rechtsanwalt seine Kosten auch gegen einen von ihnen allein in voller Höhe geltend machen können. Mit der Befriedigung durch die Landeskasse ist der Anspruch des beigeordneten Rechtsanwaltes wegen seiner Vergütung gegen die ersatzpflichtigen Gesamtschuldner auf die Landeskasse übergegangen, § 130 Abs. 1 S. 1 BRAGO.

Gegenüber diesem übergegangenen Anspruch der Landeskasse können die Kläger ebenfalls nur in dem Umfang aufrechnen wie sie zuvor ggü. dem beigeordneten Rechtsanwalt hätten aufrechnen können. Das Recht zur Aufrechnung wird durch den Übergang des Anspruchs auf die Landeskasse nicht erweitert. Insoweit ist die Aufrechnungsbeschränkung des § 126 Abs. 2 ZPO zu beachten. Auf den Einredeausschluss des § 126 Abs. 2 S. 1 ZPO kann sich auch die Staatskasse berufen, auf die der Anspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen den Gegner gem. Mit der Befriedigung durch die Landeskasse ist der Anspruch des beigeordneten Rechtsanwaltes wegen seiner Vergütung gegen die ersatzpflichtigen Gesamtschuldner auf die Landeskasse übergegangen, § 130 Abs. 1 S. 1 BRAGO.

§ 130 Abs. 1 BRAGO übergegangen ist (vgl. OLG Köln v. 5.5.2003 - 14 WF 64/03, OLGReport Köln 2003, 265). Das LG hat hier ohne Rechtsfehler die Aufrechnung für unzulässig gehalten.

Es ist unerheblich, dass die Kosten des beigeordneten Rechtsanwalts im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung im Schriftsatz vom 5.2.2004 (Bl. 115 GA) weder festgesetzt waren noch vollständig zur Festsetzung beantragt waren; die Festsetzung wurde mit Schriftsatz vom 20.11.2003 i.H.v. 270,04 EUR und mit Antrag vom 20.1.2005 i.H.v. weiteren 68,78 EUR beantragt. Das Aufrechnungsverbot des § 126 Abs. 2 ZPO ist nicht erst ab Festsetzung oder ab der Stellung eines Festsetzungsantrages zu beachten, sondern besteht von vornherein, das heißt von der Kostengru...

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