Leitsatz (amtlich)

1. Übersendet der an der Errichtung einer notariellen Urkunde nebst Unterwerfung des Schuldners unter die Zwangsvollstreckung nicht beteiligte Rechtsanwalt eine außergerichtliche Zahlungsaufforderung an den Schuldner, so fällt dafür keine Geschäftsgebühr iSv Nrn. 2300f VV RVG an, weil es sich insoweit bereits um eine Vorbereitung der Vollstreckungstätigkeit handelt und demnach gem. § 18 Nr. 1 RVG keine weitere Vergütung für die Zahlungsaufforderung geschuldet wird.

2. Wegen der grundsätzlichen Entgeltlichkeit der anwaltlichen Dienstleistung (vgl. § 612 BGB) trifft den Anwalt im Rahmen eines Honorarprozesses regelmäßig nicht die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er bei Annahme des Auftrages mit dem Mandanten über die Frage der Honorierung gesprochen hat. Eine Anfechtung des Anwaltsvertrages mit der Begründung, dass der Auftraggeber irrig von Unentgeltlichkeit ausgegangen sei, scheidet aus. Behauptet der Auftraggeber, es sei etwas vom RVG zu seinen Gunsten Abweichendes oder gar Unentgeltlichkeit vereinbart worden, so hat er sein Vorbringen zu darzulegen / zu beweisen.

3. Eine schuldhafte Verletzung der Pflicht zur Erteilung des Wertgebührenhinweises gem. § 49b Abs. 5 BRAO führt zwar gem. den §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB zur Schadensersatzpflicht des Rechtsanwalts. Der Mandant muss allerdings vortragen und ggf. unter Beweis stellen, wie er auf den allgemeinen Hinweis des Anwalts, dass die Gebühren nach dem Gegenstandswert abgerechnet werden, reagiert hätte (Anschluss an BGH NJW 2019, 1870 Rn. 27 mwN). Es besteht insoweit namentlich keine Vermutung dafür, dass der Mandant bei richtiger Aufklärung das Mandat nicht erteilt hätte.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 6 O 276/18)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufungen des Klägers und der Beklagten zu 7) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dem Kläger und der Beklagten zu 7) wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Der auf den 6. Dezember 2022 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 16.828,- festgesetzt (davon Berufung des Klägers: EUR 12.926,27; Berufung der Beklagten zu 7) und der Anschlussberufungen der Beklagten zu 1) bis 6) sowie 9) insgesamt: EUR 3.901,89 (wirtschaftliche Identität bei subjektiver Klagehäufung auf Passivseite, vgl. BeckOK KostR/Schindler, 39. Ed., § 39 Rn. 22 mwN)).

 

Gründe

A. Die Berufung des Klägers hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO); selbiges gilt für die Berufung der Beklagten zu 7), welche als einzige der Beklagten ein selbständiges Rechtsmittel eingelegt hat. Die Sache hat insgesamt keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falls auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO).

Eine Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zulegende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solche Umstände zeigen weder die Berufungsbegründung des Klägers noch jene der Beklagten zu 7) auf.

I. Ohne Erfolg hält der Kläger mit seiner Teil-Berufung seine Klage weiter aufrecht, soweit diese erstinstanzlich im Umfang von EUR 12.926,27 nebst Verzugszinsen abgewiesen worden ist. Nicht in Bezug auf die Begründung des Landgerichts, wohl aber im Ergebnis besteht kein Zweifel daran, dass seiner Klage im vorgenannten Umfang zu Recht nicht entsprochen worden ist.

1. Für die Entscheidung über die Berufung des Klägers kann an dieser Stelle zu dessen Gunsten unterstellt werden, dass das Landgericht zu Recht dem Grunde nach einen Vergütungsanspruch des Klägers gegen die Beklagten gem. §§ 675 Abs. 1, 612 BGB bejaht hat (vgl. dazu auch näher unter II. die Ausführungen zur Berufung der Beklagten zu 7)). Allerdings bleibt der Berufung der Erfolg versagt, soweit der Kläger mit ihr geltend macht, das Landgericht hätte ihm ein entsprechend höheres Honorar zuerkennen müssen.

a) Auf die Überlegungen des Klägers, wonach die Beklagten ihm nicht - wie das Landgericht angenommen hat - bloß eine 0,3-Geschäftsgebühr für ein einfaches Schreiben iSv Nr. 2301 VV RVG (Zitierungen von §§ und VV beziehen sich auch nachstehend jeweils auf dessen Fassung in der Zeit vom 01.01.2014 - 30.09.2021), sondern eine 1,3-Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG schuldeten, kommt es letztlich nicht entscheidungserheblich an. Der Kläger lässt hierbei - wie auch das ihm in Bezug auf die vermeintliche Entstehung einer Geschäftsgebühr noch beipflichtende Landgericht - nämlich Folgendes außer Acht:

Wird ein Rechtsanwalt beauftragt, eine Geldforderung beizutreiben, wegen der sich der Schuldner der soforti...

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