Leitsatz (amtlich)

Die Bestellung einer Grundschuld zur Kaufpreisfinanzierung unterfällt dann nicht dem Erfordernis einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wenn die Grundschuld vom Grundstückskäufer in Ausübung einer ihm im notariellen Grundstückskaufvertrag erteilten, konkret umgrenzten Belastungsvollmacht bestellt worden ist (a.A: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22.12.2004, 3 W 130/04; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 16.6.2011, 20 W 251/11; OLG Hamm, Beschluss vom 20.9.2013, I-15 W 251/13).

 

Normenkette

BGB § 2009 Nr. 4, § 1821 Abs. 1 Nr. 1, § 1850 Nrn. 1, 5

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Moers (Rechtspflegerin) vom 12. April 2023 aufgehoben und das Amtsgericht angewiesen, über den Eintragungsantrag des Beteiligten vom 22. Februar 2023 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte kaufte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30. November 2021 (UR-Nr. 708/2021 B des Notars ...) von dem damaligen Grundstückseigentümer Heinz R... dessen vorbezeichneten Grundbesitz, nämlich eine Eigentumswohnung im Hause ... zum Kaufpreis von 100.000 Euro (Bl. 71 ff. d.A.). In Abschnitt XII Ziffer 3. des notariellen Kaufvertrages erteilte der - unter Betreuung stehende - Verkäufer dem Beteiligten als Immobilienkäufer über den Tod hinaus, aber jederzeit widerruflich die Vollmacht, u.a. den erworbenen Grundbesitz mit Grundpfandrechten bis zur Höhe des Kaufpreises nebst Zinsen und Nebenleistungen sicherungshalber zu belasten, den Verkäufer dinglich gemäß § 800 ZPO der sofortigen Zwangsvollstreckung in den verpfändeten Kaufgegenstand zu unterwerfen, Löschungen und Rangänderungen zuzustimmen und mit der auflösend bedingten Vormerkung zugunsten des Beteiligten als Käufer im Range zurückzutreten. Der Betreuer des Verkäufers hat den Kaufvertrag am 3. Januar 2022 genehmigt (Bl. 87 d.A.); das Betreuungsgericht hat die Genehmigungserklärung des Betreuers mit Beschluss vom 15. März 2022 genehmigt (Bl. 68 d.A.).

Am 31. Mai 2022 ist der Verkäufer Heinz R... verstorben und ausweislich des Gemeinschaftlichen Erbscheins des Amtsgerichts Geldern vom 16. Januar 2023 von seinen fünf Kindern beerbt worden.

Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 22. Juni 2022 (UR-Nr. 300/2022 B des Notars ...) hat der Beteiligte die ihm am 30. November 2021 erteilte Belastungsvollmacht in Anspruch genommen und an dem erworbenen Grundbesitz eine Grundschuld in Höhe von 100.000 Euro nebst Zinsen bestellt sowie sich selbst und den Grundstückseigentümer der sofortigen Zwangsvollstreckung in das belastete Eigentum unterworfen und eine Rangrücktrittserklärung zu Lasten der für ihn eingetragenen Auflassungsvormerkung erklärt.

Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2023 hat der Beteiligte beim Grundbuchamt die Eintragung der Grundschuld nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung sowie der Rangänderung beantragt.

Das Amtsgericht hat - soweit vorliegend von Interesse - die begehrte Eintragung unter dem 15. März 2023 von der Vorlage einer Bewilligung aller Erben des Grundstücksverkäufers Heinz R... abhängig gemacht und dazu eine Zwischenverfügung erlassen. Der Beteiligte ist der Forderung des Grundbuchamts entgegengetreten und hat umfangreich aus einem rechtlichen Gutachten des Deutschen Notarinstituts zitiert. Aus diesem Gutachten - so der Beteiligte - ergebe sich, dass eine Bewilligung der Erben des Verkäufers entbehrlich sei.

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht den Beteiligten im Wege der Zwischenverfügung erneut aufgefordert, innerhalb einer näher bezeichneten Frist die erbetene Bewilligung der Erben vorzulegen.

Dagegen richtet sich der Beteiligte mit seiner Beschwerde. Er wiederholt seinen rechtlichen Standpunkt und hält das Grundbuchamt nach wie vor für verpflichtet, die nachgesuchte Eintragung ohne eine Bewilligungserklärung der Erben des Verkäufers R... vorzunehmen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit Beschluss vom 16. Juni 2023 zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Grundbuchakte und die Beschwerdeschrift Bezug genommen.

II. Die Beschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Eintragungsantrags vom 22. Februar 2023 an das Amtsgericht.

A. Die angefochtene Entscheidung ist schon deshalb aufzuheben, weil das Amtsgericht über den Eintragungsantrag des Beteiligten nicht im Wege einer Zwischenverfügung hätte entscheiden dürfen. Der Erlass einer Zwischenverfügung des Grundbuchamts kommt nur in Betracht, wenn der beantragten Grundbucheintragung behebbare Hindernisse entgegenstehen. Stehen der nachgesuchten Eintragung demgegenüber Hindernisse im Weg, die der Antragsteller nicht ausräumen kann oder nicht ausräumen will, verfehlt eine Frist zur inhaltlichen Nachbesserung des Eintragungsantrags ersichtlich den Streitstoff des Verfahrens. In einem solchen Fall hat da...

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