Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechtigung des Auftraggebers zur Kündigung wegen Einstellung der Arbeiten bei Verzug mit der Entrichtung von Abschlagszahlungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das für den Verzug nach § 5 Nr. 4 VOB/B erforderliche Verschulden und das an die unzureichende Leistungserbringung anknüpfende Kündigungsrecht des Auftraggebers kann nach § 8 Nr. 3 VOB/B entfallen, wenn der Auftragnehmer wegen des Ausbleibens fälliger Abschlagszahlungen berechtigt war, die Arbeiten bis zu deren Erhalt einzustellen.

2. Kürzt der Auftraggeber entgegen den getroffenen Vereinbarungen unberechtigt Abschlagszahlungsrechnungen, ist der Auftragnehmer zur Ausübung eines Leistungsverweigerungsrechts aus § 16 Nr. 5 Abs. 5 VOB/B berechtigt.

3. Allerdings kann die Arbeitseinstellung eine unangemessene Maßnahme sein, wenn sich der Auftragnehmer nach Ablauf der von ihm gesetzten Nachfrist mit der Zusicherung des Auftraggebers, alsbald zahlen zu wollen, zufrieden gibt oder wenn nur ein ganz geringer Zahlungsverzug vorliegt.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Entscheidung vom 26.07.2007; Aktenzeichen 3 HK O 5359/05)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 26.07.2007 - 3 HK O 5359/05 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, 80.000,00 Euro an die B................................ GmbH, ...................., .........., 10.000,00 Euro an Herrn Rechtsanwalt M..... I...., ............, ............., sowie 71.922,38 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 30.000,00 Euro seit dem 22.12.2005 und aus 131.922,38 Euro seit dem 04.02.2006 an den Kläger zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Anschlussberufung der Beklagten und die weitergehende Berufung des Klägers werden zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 9/10, der Kläger zu 1/10.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 357.445,30 Euro bis zum 24.02.2008 und auf 335.730,25 Euro ab dem 25.02.2008 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Restwerklohnansprüche des Klägers für erbrachte Erd- und Abbrucharbeiten am Bauvorhaben C........................ aufgrund eines Bauvertrages vom 23./31.05.2005 (K 4). Das Vertragsverhältnis endete durch Kündigung der Beklagten vom 15.12.2005 vor Fertigstellung der vertraglich geschuldeten Leistung. Mit Schlussrechnung vom 05.01.2006 (K 15, Bl. 117) forderte der Kläger für erbrachte Leistungen insgesamt 215.096,70 Euro, deren Bezahlung die Beklagten verweigerten. Es wird im Einzelnen auf den Tatbestand im Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 26.07.2007 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger habe vor den im Verfahren offen gelegten Abtretungen ein restlicher Werklohnanspruch in Höhe von 161.922,36 Euro zugestanden. Der Fälligkeit stehe die unstreitig nach dem Vertrag geschuldete und bislang nicht erfolgte förmliche Abnahme nicht entgegen, weil die Beklagten nicht mehr Fertigstellung, sondern allein noch Erstattung des Vergabeverlustes forderten und konkludent von der förmlichen Abnahme abgesehen hätten. Eine Abnahme wäre im Übrigen nach Beginn der Ersatzvornahmearbeiten möglicherweise tatsächlich nicht mehr durchführbar. Die Kürzung der Einheitspreise in den Positionen NA 2/02, NA 1/02, NA 2/06, NA 10/03, NA 10/06 und NA 11/01 der Schlussrechnung des Klägers vom 05.01.2006 (Anlage K 15) sei zu Unrecht erfolgt, diese Positionen seien vielmehr in der Höhe zu vergüten, wie sie der Kläger in die Schlussrechnung aufgenommen habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei nämlich davon auszugehen, dass am 03.08.2005 zwischen den Zeugen G...... und D...... eine verbindliche Vereinbarung über die Höhe der Einheitspreise für diese Positionen getroffen worden sei. Zwar sei diese lediglich mit "Grundlage für Nachtragserstellung" überschrieben, von beiden Zeugen aber am Ende unterzeichnet worden, was den Schluss auf eine gewisse Verbindlichkeit der darin enthaltenen Absprache zulasse. Im Anschluss an die Zeugenvernehmung erscheine es nachvollziehbar und glaubhaft, dass der Zeuge G...... die Fortsetzung der Arbeiten von einer Einigung über die Höhe der Vergütung abhängig machen wollte und daher an einer unverbindlichen Besprechung über die weiteren Arbeitsschritte nicht interessiert gewesen sei. Vor diesem Hintergrund sei es unglaubhaft, dass es sich bei dem Gespräch am 03.08.2005 nicht um eine Verhandlung im eigentlichen Sinne gehandelt haben solle, wie es die Zeugen D...... und D........ bekundet hätten. Es erscheine auch aus wirtschaftlichen Gründen ausgeschlossen u...

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