Leitsatz (amtlich)

1. Der Bauunternehmer kommt mit der Fertigstellung von Abbrucharbeiten nicht in Verzug, wenn ihm der Bauherr erst zwei Tage vor Ablauf der fünfwöchigen Vertragsfrist die Abbruchgenehmigung übergibt.

2. Nach unstreitigem Beginn der Arbeiten kann der Bauherr nicht mehr Frist zum Beginn der Ausführung gem. § 5 Ziff. 4 VOB/B setzen, mit der Folge, dass der Bauherr gem. § 8 Ziff. 3 VOB/B kündigen dürfte, wenn der Unternehmer nicht am gesetzten Tag auf der Baustelle erscheint.

3. Wenn der Bauherr nach Unterbrechung der Arbeiten die Vertragsfrist von neuem auf 5 Wochen ab Aufforderung festsetzen will, kann er nicht drei Tage danach wegen Nichterscheinen des Unternehmers aus wichtigem Grund (Prognosekündigung) kündigen.

 

Normenkette

VOB/B § 5 Ziff. 4, § 8 Ziff. 3

 

Verfahrensgang

LG Zwickau (Aktenzeichen 3 O 0497/00)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin vom 28.3.2002 gegen das Urteil des LG Zwickau vom 25.1.2002 (3 O 497/00) wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 5.000 Euro abwenden; die Beklagte darf jedoch weiter vollstrecken, wenn sie selbst Sicherheit in dieser Höhe leistet.

4. 38.346,89 Euro sind der Streitwert des Berufungsverfahrens.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht der Firma P. GmbH auf Ersatz der Mehraufwendungen in Anspruch, welche der Zedentin auf Grund eines gekündigten Pauschalpreisvertrages entstanden sind. Im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des am 25.1.2002 verkündeten Urteils des LG Zwickau (Az. 3 O 497/00) die Beklagte und Berufungsbeklagte zu verurteilen, an die Klägerin und Berufungsklägerin 38.346,89 Euro nebst 5 % Zinsen hieraus seit 13.4.2000 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Beweis wurde nicht erhoben.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

I. Die Klägerin kann von der Beklagten die Mehrkosten nicht verlangen, welche nach Kündigung des Generalunternehmervertrages mit der Beklagten bei der Fortführung der Renovierung des Park-Cafés auf der Straße in Zwickau entstanden sind.

Der Senat nimmt auf das Urteil des LG Bezug (§ 540 ZPO) und ergänzt es wie folgt:

a) Es kann dahinstehen, ob die Fristen gemäß Bauzeitenplan i.V.m. § 10 Abs. 3 des Generalunternehmervertrages zur Vertragsfrist gem. § 5 Ziff. 1 VOB/B werden. Dies ist für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Belang.

b) Die Beklagte hat am 9.8.1999 mit der Entrümpelung und Entkernung des zu renovierenden Gebäudes begonnen. Nach dem Bauzeitenplan musste die Beklagte dieses Gewerk bis zum Ende der 36. Kalenderwoche abschließen. Dies war im Jahr 1999 der 10.9. An diesem Tag waren die Entkernungs- und Abbrucharbeiten nach unstreitigem Parteivortrag nicht abgeschlossen. Trotzdem ist ab dem nachfolgenden Werktag (13.9.) diesbezüglich kein Verzug eingetreten, welcher u.U. gem. § 5 Ziff. 4 i.V.m. § 8 Ziff. 3 VOB/B die Kündigung rechtfertigen würde. Hier ist zu berücksichtigen, dass sich die Auftraggeberin selbst nicht vertragstreu verhalten hat und der Beklagten erst am 10.9.1999 eine Abbruchgenehmigung und am 13.9.1999 eine Teil-Baugenehmigung übergeben hat. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Abbrucharbeiten ohne Abbruchgenehmigung nicht vollendet werden konnten. Sofern man nun davon ausgeht, dass die Frist gemäß Bauzeitenplan für das Gewerk Abbruch eine Vertragsfrist ist, so ist ein Verzug der Beklagten bezüglich dieser Teilleistung am 13.9.1999 nicht eingetreten, da die Beklagte die Verzögerung nicht zu vertreten hat (§ 285 BGB). Die Verzögerung ist auch darauf zurückzuführen, dass die Auftraggeberin selbst die Abbruchgenehmigung und die Teil-Baugenehmigung erst verspätet übergeben hat.

c) Die Kündigung der Auftraggeber vom 15.9.1999 war auch als sog. Prognosekündigung nicht gerechtfertigt. Es ist in der Rspr. anerkannt, dass der Auftraggeber auch vor Ablauf einer Vertragsfrist kündigen kann, wenn abzusehen ist, dass der Auftragnehmer außer Stande ist, diese Frist einzuhalten. Die Auftraggeberin hat die Beklagte mit Schreiben vom 13.9.1999 aufgefordert, bis spätestens 15.9.1999, 08:00 Uhr mit der vertragsgemäßen Leistungserbringung zu beginnen. Gleichzeitig hat die Auftraggeberin in diesem Schreiben ausgeführt, dass ab dem genannten Tag die Leistungen nachhaltig zu erbringen sind. Bezüglich der Abbrucharbeit wurde ausgeführt, dass diese ab diesem Tag binnen einer Frist von fünf Wochen zu erbringen sind.

Die Auftraggeberin hat damit deutlich erklärt, dass sie neben der Leistungsaufnahme die Fertigstellung des Teilgewerkes „Abbrucharbeiten” spätestens nach Ablauf von fünf Wochen fordert. Dies führte nicht zu einer Modifikation des Bauzeitenplanes, da die Auftraggeberin hierzu einseitig nicht berechtigt ist. Die Auftraggeberin gab jedoch mit die...

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