Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortgeltung einer vor der FGG-Reform erteilten Vollmacht

 

Normenkette

ZPO § 80; FGG-RG Art. 111 Abs. 4

 

Verfahrensgang

AG Auerbach (Beschluss vom 11.11.2011; Aktenzeichen 3 F 0417/11)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Auerbach vom 11.11.2011 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Im Januar 1999 hatte die Antragstellerin die Scheidung der mit dem Antragsgegner geschlossenen Ehe beantragt. Der Beschwerdeführer vertrat den Antragsgegner im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3.8.2000 vor dem Familiengericht; dem Antragsgegner wurde Prozesskostenhilfe gewährt und ihm der Beschwerdeführer als Rechtsanwalt beigeordnet. Mit im Termin verkündetem Urteil wurde die Ehe geschieden und die Entscheidung über den Versorgungsausgleich gem. § 2 VAÜG ausgesetzt.

Mit Verfügung vom 16.5.2011 hat das Familiengericht das ausgesetzte Verfahren zum Versorgungsausgleich wieder aufgenommen. Mit Schriftsatz vom 13.10.2011 begehrte der Beschwerdeführer Akteneinsicht und berief sich hierbei auf die im Scheidungsverfahren erteilte Vollmacht. Mit Beschluss vom 11.11.2011 hat das Familiengericht dieses Gesuch abgelehnt, weil das Versorgungsausgleichsverfahren seine Eigenschaft als Folgesache verloren habe und das ursprüngliche Scheidungsverfahren und damit der Auftrag des Beschwerdeführers beendet sei. Mangels Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses bestehe auch ein Akteneinsichtsrecht nach § 13 Abs. 2 FamFG nicht.

Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde. Er vertritt die Auffassung, dass er nach wie vor für das Versorgungsausgleichsverfahren bevollmächtigt sei. Die im Scheidungsverfahren erteilte Vollmacht sei unabhängig davon, ob das Versorgungsausgleichsverfahren als selbständiges oder unselbständiges Verfahren weitergeführt werde. Jedenfalls stehe ihm aber eine Akteneinsicht nach § 13 Abs. 2 FamFG zu.

II. Die Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.

1. Dem Beschwerdeführer steht ein Akteneinsichtsrecht als Verfahrensbevollmächtigter des Antragsgegners gem. § 13 Abs. 1 FamFG nicht zu. Der Beschwerdeführer ist nicht mehr bevollmächtigt, den Antragsgegner im Versorgungsausgleichsverfahren zu vertreten.

a) Eine ausdrückliche, unabhängig vom Scheidungsverfahren erteilte Bevollmächtigung ist nicht festzustellen. Der Beschwerdeführer konnte insbesondere eine entsprechende schriftliche Vollmacht des Antragsgegners nicht vorlegen.

b) Es kann daher lediglich davon ausgegangen werden, dass der Antragsgegner den Beschwerdeführer damit beauftragt hat, ihn im Rahmen des Scheidungsverfahrens zu vertreten; eine entsprechende Bevollmächtigung liegt insoweit darin, dass der Antragsgegner ihn als seinen Rechtsanwalt im Termin zur mündlichen Verhandlung hat auftreten lassen. Diese Vollmacht erstreckte sich zwar ursprünglich nach § 624 Abs. 1 i.V.m. § 623 Abs. 1 ZPO a.F. auch auf das Versorgungsausgleichsverfahren, über das von Amts wegen (§ 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO a.F.) zu entscheiden war. Die Vollmacht für das Scheidungsverfahren umfasst allerdings das Versorgungsausgleichsverfahren nur solange, als dieses seine Qualifikation als Folgesache i.S.d. § 623 Abs. 1 ZPO a.F. nicht verloren hat. Denn für Folgesachen (und nur dafür) ordnete § 624 Abs. 1 ZPO a.F. an, dass die Vollmacht für die Scheidungssache sich u.a. auch auf das Versorgungsausgleichsverfahren erstrecken soll. Nichts anderes gilt nach neuem Recht (vgl. § 114 Abs. 5 i.V.m. § 137 ff. FamFG).

Vorliegend hat das Versorgungsausgleichsverfahren seine Eigenschaft als Folgesache zwar nicht bereits dadurch verloren, dass das Familiengericht mit Urteil vom 3.8.2000 über die Scheidung entschieden und das Versorgungsausgleichsverfahren ausgesetzt hat (BGH, Beschl. v. 3.12.1997 - XII ZB 24/97, FamRZ 1998, 1505, 1506). Soweit jedoch - wie hier - das Versorgungsausgleichsverfahren bereits vor dem 1.9.2009 abgetrennt (bzw. über die Scheidung entschieden und der Versorgungsausgleich ausgesetzt) wurde, wird der Scheidungsverbund gem. Art. 111 Abs. 4 FGG-RG kraft Gesetzes aufgelöst, und das Verfahren ist dann als selbständiges Verfahren weiterzuführen (BGH, Beschl. v. 16.2.2011 - XII ZB 216/10; Senat, Beschl. v. 24.6.2011 - 20 WF 276/11, FamFR 2011, 345). Die lediglich für das Scheidungsverfahren erteilte Vollmacht kann sich dann nicht mehr auf ein solches, selbständiges Versorgungsausgleichsverfahren erstrecken. Diese, bereits in § 624 Abs. 1 ZPO a.F. angelegte Beschränkung ist einer nur für die Scheidung (und nicht ausdrücklich auch für das Versorgungsverfahren rechtsgeschäftlich) erteilten Vollmacht von vornherein immanent, so dass insoweit nicht in eine einmal erteilte rechtsgeschäftliche Vollmacht nachträglich durch den Gesetzgeber eingegriffen wird.

2. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Familiengericht auch ein Akteneinsichtsrecht nach § 13 Abs. 2 FamFG verneint. Allein die Tatsache, dass der Beschwerdeführer ehemals im Verfahren als Bevollmächtigter des Antragsgegners tätig war, begründet noch ke...

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