Normenkette

ZPO §§ 114, 115 Abs. 1 Sätze 2, 3 Nr. 4; EigZulG §§ 1, 16; EStG § 10e

 

Verfahrensgang

AG Pirna (Aktenzeichen 1 F 175/02)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG – FamG – Pirna vom 27.3.2002 i.d.F. des Beschlusses vom 14.6.2002 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG der Antragstellerin Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung i.H.v. 45 Euro/Monat bewilligt. Es hat hierbei ein monatliches Nettoeinkommen von 923,41 Euro zzgl. 154 Euro Kindergeld berücksichtigt. Neben dem Parteifreibetrag und dem Erwerbstätigenbonus hat es Wohn- und Versicherungskosten i.H.v. 212,96 Euro sowie einen Kinderkrippenbeitrag i.H.v. 132,73 Euro abgesetzt. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, zusätzlich zu den bereits anerkannten Beträgen müssten weitere Versicherungen sowie die Kosten der Musikschule für die Tochter i.H.v. 30,00 Euro/Monat berücksichtigt werden.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die gem. §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 ZPO statthafte, insb. fristgerecht erhobene sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das AG hat der Antragstellerin i.E. zu Recht Prozesskostenhilfe nur gegen Ratenzahlung bewilligt; die Antragstellerin kann nach ihren persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung in Raten aufbringen. Im Ansatz zutreffend ist das AG zunächst auf der Grundlage der von der Antragstellerin eingereichten Gehaltsabrechnungen von einem monatlichen Nettoentgelt von 923,41 Euro ausgegangen. Hinzuzusetzen sind jedoch noch die in der Gehaltsabrechnung bereits abgezogenen vermögenswirksamen Leistungen der Antragstellerin i.H.v. monatlich 40,00 Euro; hierbei handelt es sich nicht um besondere Belastungen i.S.d. § 115 Abs. 1 S. 3 ZPO. Zwar werden diese i.d.R. langfristig angelegt und stehen daher für die Prozessfinanzierung nicht zur Verfügung; die Zahlungen auf den zugrunde liegenden Vertrag können jedoch in Erwartung eines bevorstehenden Rechtsstreites ohne weiteres ausgesetzt werden, wenn dieser ansonsten nicht finanziert werden kann (a.A. OLG Köln v. 15.2.1993 – 2 W 15/93, MDR 1993, 805 = OLGReport Köln 1993, 159 = FamRZ 1993, 1333 f.; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 115 Rz. 12; wie hier OLG Bamberg, JurBüro 1987, 1414). Das anzurechnende Arbeitseinkommen beträgt mithin 963,41 EURO. Als weiteres Einkommen ist der Klägerin Kindergeld i.H.v. 154 Euro zuzurechnen (st. Rspr. des Senats, vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 8.3.2000 – 10 WF 611/99 und v. 4.1.2000 – 10 WF 654/99; OLG München, FamRZ 1999, 598; OLG Frankfurt, FamRZ 1998, 1603; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 115 Rz. 19 m.w.N. auch zur Gegenauffassung). Daneben ist der Antragstellerin ein anteiliges Einkommen aus der ab dem Jahre 2000 bezogenen Eigenheimzulage zuzurechnen. Ausweislich des Bewilligungsbescheides des Finanzamtes vom 16.3.2000 wird diese an die Antragstellerin und den Antragsgegner als Gesamtgläubiger i.H.v. 3.527,91 Euro/Jahr gezahlt. Im Innenverhältnis ist sie beiden Parteien in Ermangelung anderer Absprachen zu je 1/2 zuzuordnen; dies führt zu einem monatlich auf die Antragstellerin entfallenden Anteil von 147 Euro. Zwar gehört die Eigenheimzulage nach § 16 EigZulG nicht zu den Einkünften i.S.d. Einkommensteuergesetzes. Für die Prozesekostenhilfe gelten aber die sozialrechtlichen, nicht die unterhalts- oder steuerrechtlichen Regelungen der Einkommensermittlung (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 115 Rz. 3). § 76 Abs. 1 BSHG erfasst jedoch – ebenso wie § 115 Abs. 1 ZPO – grundsätzlich alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Zudem ersetzt die Eigenheimzulage die Regelung in § 10e EStG, nach der bestimmte Höchstbeträge wie Sonderausgaben vom Bruttoeinkommen abgezogen werden konnten. Wurde hierfür kein Freibetrag in die Lohnsteuerkarte eingetragen, so führte dies zu erheblichen Steuererstattungen. Steuererstattungen zählen jedoch seit jeher zum Einkommen und sind auf den Erstattungszeitraum zu verteilen (Kalbhoener/Büttner/Wrobel, Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungskostenhilfe, 2. Aufl., G III Rz. 239; OLG Bremen v. 18.3.1998 – UWF 16/98, OLGReport Bremen 1996, 326). Nichts anderes kann i.E. für die an die Stelle der § 10e EStG Abschreibung getretene Eigenheimzulage gelten. Nicht zum Einkommen zählt demgegenüber das Erziehungsgeld (OLG Düsseldorf, JurBüro 1994, 480; OLG Koblenz, FamRZ 2001, 1153; Beschl. v. 9.3.2001 – 10 WF 115/01 und vom 10.11.2000 10 WF 517/00 –). Das einzusetzende Gesamteinkommen beträgt mithin 1.117,41 Euro. Hiervon sind folgende Abzüge vorzunehmen:

– 360,00 Euro (Parteifreibetrag ab 1.7.2002)

– 139,50 Euro (Erwerbstätigenbonus seit 1.7.2002)

–  93,00 Euro (Kinderfreibetrag i.H.v. 253,00 Euro ./. 160,00 Euro gezahlter Unterhalt)

– 132,73 Euro (Kinderkrippenbeitrag)

–  10,00 Euro (Kinderhaushaltsfreibetrag gem. § 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG)

– 231,98 Euro (Wohn- und Versicherungskosten wie beantragt)

– 150,20 Euro Differenz als zur Verfügung stehendes Einkommen.

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