Leitsatz (amtlich)

Bei einer Bürgschaft zur Sicherung von Zahlungen, die der Auftraggeber im Rahmen eines Bauvertrages an den Auftragnehmer vorab geleistet hat, ist die Eintrittspflicht des Bürgen ausschließlich davon abhängig, ob der Auftragnehmer Bauleistungen in Höhe der Vorauszahlung erhalten hat.

 

Normenkette

BGB § 765

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 04.09.2007; Aktenzeichen 24 O 13/07)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 4.9.2007 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer (4. Kammer für Handelssachen) des LG Hannover wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Streithelferin wird das angefochtene Urteil teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der der Streithelferin entstandenen Kosten werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten sowie der Streithelferin gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht Beklagte oder Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit leisten, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Vorauszahlungsbürgschaft vom 21.12.2004 über 1.500.000 EUR auf Zahlung eines Betrages i.H.v. 384.499,68 EUR in Anspruch.

Die Klägerin hat mit Bauvertrag vom 24.11.2004 die G. GmbH mit der Errichtung der Metall-Glas-Fassade am Neubau ihres Verwaltungsgebäudes beauftragt. Auf die vereinbarte Vergütung i.H.v. 1.816.025,84 EUR hatte die Auftragnehmerin der Klägerin gem. Nr. 4.1 des Bauvertrages bei Vorauszahlung eines Betrages i.H.v. 1.500.000 EUR sowie Stellung einer unwiderruflichen, unbefristeten, unbedingten und selbstschuldnerischen Bankbürgschaft einer deutschen Großbank durch die Auftragnehmerin einen Nachlass i.H.v. 30.000 EUR zu gewähren. Die Klägerin hat die Vorauszahlung i.H.v. 1.500.000 EUR auf ein bei der Beklagten geführtes Konto der G. GmbH geleistet, nachdem ihr durch die Auftragnehmerin eine Bürgschaft der Beklagten übersandt worden war. In der Bürgschaftsurkunde vom 31.12.2004, die die Bürgschaft als Abschlags-Vorauszahlungsbürgschaft bezeichnet, heißt es unter Bezugnahme auf den Bauvertrag, Sicherungszweck sei die Vorauszahlung bis zur Tilgung der Vorauszahlung durch Anrechnung auf fällige Zahlungen. Nr. 4.1 des Bauvertrages regelt insoweit, dass sich die Bürgschaft jeweils um die Höhe der Abschlagszahlungen verringert, in Form einer schriftlichen Freistellung.

Von Januar bis Mitte September 2005 hat die Klägerin der Auftragnehmerin insgesamt 17 Freistellungserklärungen erteilt, und zwar i.H.v. insgesamt 1.115.500,32 EUR. Zahlungen sind insoweit zunächst ausschließlich an die Auftragnehmerin, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Auftragnehmerin am 30.12.2005 ab Juni 2006 auch direkt an Subunternehmer der Auftragnehmerin erfolgt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der i.H.v. 1.500.000 EUR geleistete Vorauszahlungsbetrag sei mangels weiterer förmlicher Freistellungserklärungen in Höhe des Differenzbetrages von 384.499,68 EUR nicht verbraucht, die Rückzahlung dieses Betrages durch die Bürgschaft der Beklagten gesichert. Nach der vertraglichen Vereinbarung habe sich die Bürgenhaftung der Beklagten lediglich im Umfang der jeweiligen schriftlichen Freistellungserklärungen verringern sollen. Solche seien ab dem 19.9.2005 - unstreitig - nicht mehr erklärt worden. Von diesem Zeitpunkt an habe die Klägerin, um eine Fortsetzung der Bauarbeiten und die Fertigstellung des Objekts sicherzustellen, entsprechend einer Vereinbarung mit der Auftragnehmerin Direktzahlungen an deren Lieferanten und Subunternehmer geleistet.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 384.499,68 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.7.2006 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe der Bürgschaft der Bank X. vom 21.12.2004, Nr. ...722.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, es bestehe kein durch die Bürgschaft gesicherter Rückzahlungsanspruch der Klägerin mehr, da der Vorauszahlungsbetrag von 1.500.000 EUR durch Leistungen der Auftragnehmerin aufgebraucht sei. Diese habe nach der letzten, vom 19.9.2005 datierenden Freistellungserklärung weitere Bauleistungen in einem Gesamtwert von 578.993,29 EUR erbracht, wie sich aus den vorgelegten Abschlagsrechnungen (Anlagen B 5-B 10) ersehen lasse. Soweit die Klägerin Direktzahlungen an Subunternehmer und Lieferanten behauptet habe, seien diese nicht nachgewiesen und hätten ohnehin nicht zur Folge, dass sich der Umfang der Bürgenhaftung reduziere, weil die Anrechnung der Vorauszahlung auf sämtliche fälligen Zahlungen vorgesehen sei. Die nachträglich zwischen der Klägerin und der Gemeinschuldnerin getroffene Vereinbarung könne jedenfalls nicht zu Lasten der Beklagten ausgelegt werden, ...

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