Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 01.04.2009; Aktenzeichen 2 O 4/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Potsdam vom 1.4.2009 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, Zug um Zug gegen Übergabe der am 16.5.2007 von der D. AG ausgestellten Bürgschaftsurkunde Nr. 35BO-977-770146947-4 an die Klägerin 6250,20 EUR nebst Zinsen aus 6.250,20 EUR i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.4.2008 sowie weitere 689,38 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.9.2009 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben die Klägerin 5/6 und die Beklagte 1/6 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte Zug um Zug gegen Übergabe einer Bürgschaftsurkunde auf Zahlung von 37.501,20 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten aus Bürgschaft in Anspruch.

Die Klägerin erteilte der S. GmbH (Im Folgenden: S. GmbH) am 23.4.2007 den Zuschlag für die Lose 1, 2 und 3 des Bauvorhabens "Neubau für Intensivmedizin und Intensivpflege" betreffend das E. Krankenhaus ... Vertragsgrundlage waren das Angebot der S. GmbH vom 6.3.2007 (K 1, Bl. 11 ff. d.A.) nebst "Anschreiben zum Nebenangebot vom 6.2.2007" (Anlage K 1/3, Bl. 24 f. d.A.), ferner - nachrangig - u.a. die VOB/B. Das Anschreiben zum Nebenangebot vom 6.2.2007 enthielt u.a. die folgenden Regelungen:

"Inhalt unseres Nebenangebotes ist die Gewährung von 1,5 % Nachlass bei einer gemeinsamen Beauftragung der Lose 1 (...), 2 (...) und 3 (...) und einer Vorauszahlung vor Baubeginn i.H.v. 50.000 EUR mit Übergabe einer Vorauszahlungsbürgschaft in gleicher Höhe. Die zweite Vorauszahlung i.H.v. 50.000 EUR erfolgt nach einem erbrachten Leistungsstand von 50.000 EUR. Dritte bis sechste Vorauszahlung analog der zweiten, jeweils immer mit Erreichen des Leistungsstandes der zuvor geleisteten Vorauszahlung.

Nach Erreichen der sechsten Vorauszahlung und dem Gesamtleistungsstand von 300.000 EUR brutto werden weitere Abschlagszahlungen bzw. die Schlussrechnung nach gemeinsamem Aufmaß vereinbart.

Sollte die Gestellung einer Vorauszahlungsbürgschaft aufgrund der Ausschöpfung unseres Bürgschaftsrahmens kurzfristig nicht möglich sein und somit die vereinbarte Vorauszahlung entfallen, gewähren wir nach wie vor den Nachlass i.H.v. 1,5 % - jedoch folgen die Zahlungen Ihrerseits innerhalb von 8 Tagen ohne weiteren Abzug. (...)"

Die Beklagte stellte eine Bürgschaft, hinsichtlich deren Einzelheiten auf die Bürgschaftsurkunde Bl. 28 d.A. Bezug genommen wird. Daraufhin erbrachte die Klägerin die erste Vorauszahlung von 50.000 EUR und - auf Nachweis eines Bauleistungsstandes in entsprechender Höhe - die weiteren Vorauszahlungen von je 50.000 EUR, mithin insgesamt 300.000 EUR. Nachdem die S. GmbH Anfang Januar 2008 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hatte und mit Beschluss des AG Schwerin vom 9.1.2008 ein vorläufiger Insolvenzverwalter gem. § 21 InsO bestellt worden war, kündigte die Klägerin den Bauvertrag unter Berufung auf § 8 Nr. 2 VOB/B. Die S. GmbH rechnete nach Durchführung eines gemeinsamen Termins zur Leistungsfeststellung ihre erbrachten Leistungen mit Schlussrechnung vom 30.1.2008 ab und ermittelte eine Überzahlung von 35.138,43 EUR. Die von der Klägerin eingesetzten Architekten errechneten unter Berücksichtigung der Kostenbeteiligungen für Bauwesenversicherung und Baustellenversorgungseinrichtungen eine Überzahlung von 37.501,20 EUR, deren Begleichung die Klägerin mit ihrer Klage geltend macht.

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob die Bürgschaft - wie die Beklagte meint - lediglich die erste Vorauszahlung i.H.v. 50.000 EUR oder aber - so die Auffassung der Klägerin - nacheinander sämtliche Vorauszahlungen abgesichert habe. Die Beklagte vertritt unter Berufung auf höchstrichterliche Rechtsprechung die Auffassung, die Vorauszahlungsbürgschaft habe nur eine konkrete, und zwar die erste Vorauszahlung bis zur entsprechenden Leistungserbringung durch den Auftragnehmer gesichert; einer Auslegung der Bürgschaft mit dem von der Klägerin behaupteten Inhalt stünde § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB entgegen. Im Übrigen habe die Kündigung nicht auf § 8 Nr. 2 VOB/B gestützt werden können, denn diese Norm vereitele das Wahlrecht des Insolvenzverwalters. Die außerordentliche Kündigung sei in eine ordentliche Kündigung umzudeuten mit der Folge, dass der S. GmbH der Vergütungsanspruch für nicht erbrachte Leistungen abzgl. ersparter Aufwendungen zustünde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefoc...

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