Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit eines Teilurteils bei anderweitiger Gefährdung des gesetzlichen Zwecks einer Regelung.

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Erreichung des gesetzgeberischen Sicherungsziels gem. § 648a BGB (in der Fassung vom 23.10.2008) ist ein Unterschied in der Bezifferung des eilbedürftigen Sicherungsanspruchs gem. § 648a a.F. BGB und dem zu besichernden Vergütungsanspruch hinzunehmen.

Der Unternehmer kann eine Sicherungsleistung dann verlangen, wenn er seinen Anspruch schlüssig darlegt. Ob die diesbezüglichen tatsächlichen oder rechtlichen Annahmen des Unternehmers zutreffend sind, ist nicht im Sicherungsverfahren zu klären (BGH, Urteil vom 20. Mai 2021 - VII ZR 14/20, Rn. 26f., juris).

 

Normenkette

BGB §§ 242, 632 Abs. 2; BGB a.F. §§ 648a, 649; ZPO § 301

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Aktenzeichen 14 O 88/17)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. April 2019 verkündete Teilurteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover - 14 O 88/17 - wird zurückgewiesen und im Hinblick auf die Teilwiderklagrücknahme zur Klarstellung neu gefasst:

Die Klägerin wird auf die Widerklage verurteilt, dem Beklagten für die Vergütung aus dem Architektenvertrag vom 5. Februar 2016 betreffend das Bauvorhaben S. Str. ... in H. Sicherheiten gem. § 648a BGB a.F. in Höhe von 25.740,00 EUR und von 256.817 EUR zu leisten.

Die Kostenentscheidung für die 1. Instanz bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens, VII ZR 14/20, tragen die Klägerin zu 94% und der Beklagte zu 6%.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar; hinsichtlich des Sicherungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 310.812,70 EUR, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 302.192,00 EUR

 

Gründe

I. Der Beklagte und Widerkläger verlangt von der Klägerin und Widerbeklagten eine Sicherheitsleistung für die von ihm behaupteten Vergütungsforderungen.

Die Klägerin beauftragte den Beklagten Anfang 2015 mit Architektenleistungen in Bezug auf ein Mehrfamilienhaus in der S. Straße ... in H. Der Beklagte sollte die Sanierung von zehn im Haus gelegenen Wohnungen begleiten. Während der Ausführungsplanung wurden noch drei weitere Wohnungen in die Planung einbezogen. Bis zum Abschluss des schriftlichen Architektenvertrages erfolgte die Tätigkeit des Beklagten aufgrund einer mündlichen Beauftragung. Die Bauantragsunterlagen und statischen Berechnungen wurden durch den Beklagten Mitte Februar 2015 erstellt und bei der Baubehörde zur Erlangung der Baugenehmigung eingereicht (Anlage B7). Die Baugenehmigung wurde Ende Oktober 2015 erteilt.

Der schriftliche Architektenvertrag wurde erst ca. ein Jahr später nach der mündlichen Beauftragung am 4./8.2.2016 geschlossen (Anlage K1). In diesem Vertrag vereinbarten die Parteien ein Pauschalhonorar von 190.000,00 EUR (netto). Grundlage der Honorarvereinbarung war eine vom Beklagten erstellte Kostenermittlung über die voraussichtlichen Gesamtbaukosten in Höhe von 1.048.726,00 EUR. Mit dem vereinbarten Pauschalhonorar sollten die vom Beklagten nach Ziffer 2 des Architektenvertrages geschuldeten Leistungen einschließlich der Zusatzleistungen nach Ziffer 5.3 und 5.4 und die Nebenkosten (Ziffer 5.8) abgegolten sein. Das Honorar wurde auf Grundlage der Honorarzone III bemessen. Im Falle einer Änderung des Leistungsumfangs auf Veranlassung der Klägerin während der Laufzeit des Vertrages sollte die dem Honorar zugrundeliegende Baukostenvereinbarung angepasst werden. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses waren bereits Abschlagszahlungen in Höhe von 90.000,00 EUR erbracht.

Die Klägerin stellte im Laufe des Bauvorhabens fest, dass die vom Generalunternehmer im Gebäude durchgeführten Umbau- und Sanierungsarbeiten mit Ausführungsmängeln behaftet waren. Insbesondere waren statische Mängel vorhanden. Der von der Klägerin beauftragte Tragwerksplaner Dipl.-Ing. W. stellte bei einer Besichtigung vor Ort am 27.9.2016 fest, dass die Standsicherheit des Gebäudes gefährdet und die darin befindlichen Mitarbeiter und Besucher gefährdet seien. Er fertigte einen Begehungsbericht, der dem Beklagten übermittelt wurde. Mit Schreiben vom 11.10. und vom 17.10.2016 (Anlagen K6 und K7) forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung auf, die Beseitigungsarbeiten zu planen, zu koordinieren und zu überwachen. Mit Schreiben vom 17.11.2016 (Anlage K9) erklärte die Klägerin die außerordentliche Kündigung des Vertrages mit dem Beklagten, weil dieser nicht die Beseitigung der Ausführungsmängel koordiniert habe. Der Beklagte habe keinerlei Maßnahmen durchgeführt, um eine Beseitigung der ihm angezeigten Ausführungsmängel zu veranlassen.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Rückzahlung von überzahlter Vergütung in Höhe von 56.242,43 EUR. Dieser Betrag ergebe sich aus den geleisteten Abschlagszahlungen, die von der Klägerin ins Verhältnis zu den bislang von dem ...

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