Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilurteil bei mit Zahlung eines Pflichtteil-Teilbetrags verbundener Stufenklage; Ausschluss der Aufrechnung mit gegen den ungeteilten Nachlass gerichteter Forderung gegenüber persönlichem Anspruch eines Miterben

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der auf Auskunft und in der letzten Stufe auf Zahlung eines noch zu beziffernden Pflichtteils im Wege der Teil-Stufenklage, verbunden mit dem Antrag auf Verurteilung zur Zahlung eines bezifferten Mindest-Pflichtteils in Anspruch genommene Beklagte kann auch bei zugestandenem (§ 289 ZPO) Mindestnachlass in der Regel nicht durch Teilurteil (§ 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO) auch zur Zahlung des bezifferten Teilbetrags verurteilt werden.

2. Gegenüber dem persönlichen Anspruch eines Miterben ist die Aufrechnung mit einer gegen den ungeteilten Nachlass (§ 2059 Abs. 1 Satz 1 BGB) gerichteten Forderung nach § 390 BGB ausgeschlossen.

 

Normenkette

BGB §§ 390, 2059 Abs. 1 S. 1; ZPO §§ 289, 301 Abs. 1 S. 1, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 21.01.2015; Aktenzeichen 3 O 180/13)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten werden das am 21.1.2015 verkündete Teil-Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des LG Lüneburg und das diesem zugrunde liegende Verfahren aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 55.550,09 EUR nebst Zinsen seit dem 2.4.2013 zu zahlen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte mindestens 54 %. Im Übrigen bleibt die Entscheidung über diese Kosten dem LG vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von dem Beklagten im Wege der Stufenteilklage Auskunft, Vollständigkeitsversicherung und Zahlung des Pflichtteils nach beider und des weiteren Bruders Prof. Dr. H. M. am 14.8.2012 verstorbener Mutter M. K. und beziffert einen Teilbetrag des Pflichtteils und dessen Ergänzung wegen Schenkungen der Erblasserin an den Beklagten.

Der Beklagte ist Alleinerbe der Erblasserin aufgrund deren öffentlichen Testaments vom 7.11.2007. Der Kläger forderte den Beklagten durch Anwaltsschreiben vom 21.3.2013 (Anlage K 2 zur Klageschrift, Bl. 14 ff. d.A.) zur Auskunft über den Nachlass und unter Fristsetzung zum 1.4.2013 zur Zahlung eines angemessenen Vorschusses auf. Nach den daraufhin dem Kläger übermittelten Verzeichnissen hinterließ die Erblasserin ein Aktivvermögen von 377.200,99 EUR und Nachlassverbindlichkeiten i.H.v. 35.506,27 EUR. Wegen lebzeitiger Schenkungen der Erblasserin waren unter Berücksichtigung von § 2325 Abs. 3 BGB dem Nachlass weitere 396.438,50 EUR hinzuzurechnen. Ein sechstel Anteil des sich daraus ergebenden reinen realen und fiktiven Nachlass von 738.133,22 EUR sind 123.022,20 EUR.

Der am 28.2.2011 verstorbene Vater der Parteien und deren weiteren Bruders Prof. Dr. H. M. hatte durch letztwillige Verfügung vom 21.3.2002 (Anlage zur Widerklage vom 19.2.2014, Bl. 201 ff.) seine Söhne neben deren Stiefmutter, seiner zweiten Ehefrau Dr. I. S.-M. als Erben eingesetzt, Testamentsvollstreckung angeordnet und bestimmt, dass derjenige, welcher die Anordnungen des Erblassers "angreif(e)", indem er (u.a.) "seinen Pflichtteil forder(e) (...), (...) vom Erbe sowie von den nachfolgend angeordneten Vorausvermächtnissen ausgeschlossen werd(e) und nur den gesetzlichen Pflichtteil erhalten (solle)." Der Beklagte machte mit Anwaltsschreiben vom 5.11.2013 (Anlage WK 3 zur Widerklage, Bl. 217 d.A., vgl. dort S. 6) gegenüber seinen Brüdern und der Ehefrau des Erblassers seinen Pflichtteil nach seinem Vater G. M. geltend.

Der Kläger hat im Wege der Stufenklage 1. Auskunft über den Bestand des Nachlasses einschließlich Verbindlichkeiten durch ein von einem Notar aufgenommenes Verzeichnis, 2. Ermittlung des Nachlasswertes durch Sachverständige, 3. Vollständigkeitsversicherung, 4. Zahlung des Pflichtteils nebst Zinsen, soweit nicht schon beziffert, daneben Zahlung von 120.000 EUR nebst Zinsen verlangt. Der Beklagte hat hiernach Auskunft mittels durch einen Notar aufgenommenen Verzeichnisses vom 12.9.2013 (Anlage B 1 zur Klageerwiderung, Bl. 63 ff. d.A.) erteilt.

Der Kläger hat gemeint, das nunmehr vorgelegte, durch den Notar aufgenommene Verzeichnis entspreche mangels zureichender eigener Ermittlungen des Notars nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Der Beklagte hat Abweisung der Klage erstrebt und behauptet, dass der Kläger Geschenke von der Erblasserin erhalten habe, die dieser sich auf den Pflichtteil anrechnen lassen müsse. Gegenüber dem seiner - des Beklagten - Berechnung nach bestehenden Pflichtteilsanspruch des Klägers und dessen Ergänzung hat er die Aufrechnung er...

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