Leitsatz (amtlich)

1. Die Vorschrift des § 1586b BGB findet auf selbständige Unterhaltsvereinbarungen geschiedener Ehegatten keine Anwendung.

2. Passiv vererbliche Unterhaltsansprüche können als Nachlassverbindlichkeit im Nachlassinsolvenzverfahren gemäß § 40 Satz 1 InsO auch für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Zukunft geltend gemacht werden.

 

Normenkette

BGB § 1586b; InsO §§ 40, 325

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 25.03.2022; Aktenzeichen 3 O 235/20)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25. März 2022 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Verden teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Klägerin in dem Insolvenzverfahren über den Nachlass des am 13. Dezember 2016 verstorbenen Dr. O. (Amtsgericht S. - .../17)

1. eine Forderung für die Zeit von Januar 2017 bis Mai 2017 in Höhe von insgesamt 16.545,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 3.309,01 EUR seit dem 5. Januar 2017, dem 4. Februar 2017, dem 4. März 2017, dem 6. April 2017 und dem 5. Mai 2017 jeweils bis zum 22. Mai 2017,

2. eine weitere Forderung für die Zeit ab Juni 2017 in Höhe von 545.333,66 EUR zusteht.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 125.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Feststellung von Forderungen gegen den Nachlass des am 13. Dezember 2016 verstorbenen Dr. O..

Die am ... 1953 geborene Klägerin und der am ... 1948 geborene Erblasser schlossen im Jahr 1987 die Ehe miteinander. Für den Erblasser war es die zweite Ehe. Er war verwitwet und hatte aus erster Ehe drei Kinder. Ein weiteres Kind bekam er mit der Klägerin.

Am 7. November 2007 schlossen die Klägerin und der Erblasser vor dem Notar Dr. L.in B. einen Ehevertrag (Anlage K1, Bl. 8 f. d. A.), der einen Ehevertrag aus dem Jahr 1987 teilweise ersetzen sollte. Der Ehevertrag vom 7. November 2007 hat folgenden Inhalt:

I. Vorbemerkung

Wir sind deutsche Staatsangehörige und haben am 26.06.1987 vor dem Standesbeamten des Standesamts B. miteinander die Ehe geschlossen.

Wir haben am 23.06.1987 einen Ehevertrag (UR-Nr. .../1987 des Notars V. in B.) geschlossen und für unsere Ehe den Güterstand der Gütertrennung vereinbart.

Die Gütertrennung ist am 04.08.1987 in das Güterrechtsregister des Amtsgerichts S. eingetragen worden.

Aufgrund unserer vorgetragenen Wünsche haben wir von dem beurkundenden Notar einen ersten Entwurf eines Ehevertrages (Stand 10.08.2007) erhalten. Aufgrund eines ausführlichen gemeinsamen Gespräches mit Herrn Notar Dr. L. und unserem Steuerberater, Herrn J. W., in B., wurde der heute vorliegende Ehevertrag entwickelt.

II. Änderung des Güterstandes

1. Wir heben hiermit den Güterstand der Gütertrennung mit Wirkung zum heutigen Tag auf, um künftig im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zu leben. Wir vereinbaren ausdrücklich, dass unser Anfangsvermögen das Vermögen ist, das jedem von uns am heutigen Tag gehört.

2. ...

III. Modifizierte Zugewinngemeinschaft.

Nachdem wir von dem Notar über die Bedeutung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft belehrt worden sind, modifizieren wir diesen Güterstand für unsere Ehe wie folgt:

1. Für den Fall, dass der Güterstand auf andere Weise als durch den Tod eines von uns, insbesondere also durch Scheidung unserer Ehe, endet, schließen wir den Ausgleich des Zugewinns aus. Dieses gilt auch für den vorzeitigen Zugewinnausgleich bei einem Getrenntleben. Im Übrigen bleibt es beim gesetzlichen Güterstand, insbesondere auch beim Zugewinnausgleich im Todesfall.

Der Notar hat uns auf die Folgen der Vereinbarung dieser modifizierten Zugewinngemeinschaft hingewiesen und zwar insbesondere darauf, dass für den Fall der Scheidung unserer Ehe ein Ausgleich des Zugewinns nicht stattfindet.

Jeder von uns soll berechtigt sein, und zwar ohne dafür die Einwilligung des anderen Ehegatten zu benötigen, über seine Vermögenswerte frei zu verfügen; §§ 1365 und 1369 BGB bedingen wir hiermit ab.

Der Notar hat uns darüber belehrt, dass durch den Ausschluss der §§ 1365 und 1369 BGB jeder von uns berechtigt ist und bleibt, ohne Zustimmung des anderen sowohl über sein Vermögen im Ganzen als auch über die ihm gehörenden Gegenstände des ehelichen Haushalts frei - also ohne Zustimmung des anderen Ehegatten - zur verfügen.

3. (...)

IV. Unterhalt und Versorgungsausgleich

Unsere im Ehevertrag vom 23.06.1987 zum Unterhalt und zum Versorgungsausgleich getroffenen Regelungen werden hiermit insgesamt aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

1. Im Falle der Scheidung zahlt der Beteiligte zu 1 (Erblasser) der Beteiligten zu 2 (Klägerin), berechnet auf den Tag...

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