Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorbehaltsurteil in Bausachen

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Vorbehaltsurteil darf nicht ergehen, wenn die vorbehaltene Schadensersatzforderung mit der Klageforderung in einem Abrechungsverhältnis steht.

Dies gilt auch dann, wenn im Rechtsstreit von einer Aufrechnung gesprochen wurde.

Erst recht gilt dies, soweit Minderung geltend gemacht worden ist.

 

Normenkette

ZPO § 302

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 25.03.2004; Aktenzeichen 25 O 4660/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Parteien wird das am 25.3.2004 verkündete Vorbehaltsurteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Hannover aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Hannover zurückverwiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, § 8 Abs. 1 S. 1 GKG. Im Übrigen wird die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens dem Gericht des ersten Rechtszugs übertragen.

Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte als Schadensersatz nach § 717 Abs. 2 ZPO folgende Beträge zu zahlen:

898.337,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.5.2004, 304.334,97 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.7.2004 und 21.005,07 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.8.2004.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. Dabei kann die Klägerin die zur Vollstreckung des landgerichtlichen Urteils bereits geleistete Sicherheit, soweit der Höhe nach ausreichend, einsetzen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.053.952,51 EUR.

 

Gründe

(§ 540 Abs. 1 ZPO):

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten restlichen Werklohn wegen der Errichtung eines Bauvorhabens.

Wegen der näheren Sachdarstellung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Das LG hat nach Einholung mehrerer Gutachten und Vernehmung von Zeugen der Klage im Wege eines Vorbehaltsurteils zunächst überwiegend stattgegeben. Die Entscheidung über die von der Beklagten der Klageforderung entgegengehaltenen Gegenrechte (Schadensersatz wegen mangelhafter Ausführung sowie Minderung) hat es dem Nachverfahren vorbehalten. Wegen der Begründung im Einzelnen wird ebenfalls auf die Ausführungen des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Hiergegen richten sich die Berufungen beider Parteien.

Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Prozessziel, soweit durch das Vorbehaltsurteil teilweise abgewiesen, vollständig weiter. Sie macht geltend, dem LG sei zunächst ein Rechenfehler zu ihren Lasten unterlaufen. Zudem sei die Teilabweisung wegen der Nichterrichtung eines Drehkreuzes unberechtigt, da dies den insoweit vereinbarten Pauschalpreis nicht berühre. Auch soweit die Kammer hinsichtlich verschiedener weiterer Positionen teilweise zum Nachteil der Klägerin entschieden habe, sei dies fehlerhaft. Teils seien Beweisantritte der Klägerin übergangen worden, teils bestimmte Positionen offenbar übersehen worden. Außerdem begehrt die Klägerin nach wie vor Vergütung der Stundenlohnarbeiten, die auf entsprechende Vereinbarung der Parteien und Anordnungen der Beklagten zurückzuführen seien. Berechtigt sei auch die geltend gemachte Forderung betreffend die Außenanlagen, hinsichtlich derer von einer Erweiterung des ursprünglichen Auftrags bzw. der Planung auszugehen sei. Schließlich sei auch die Position wegen der "besonderen Beschleunigung" entgegen der Auffassung der Kammer zu berücksichtigen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Vorbehaltsurteils die Beklagte zu verurteilen, an sie unter Vorbehalt der Entscheidung über die Gegenforderungen 898.353,36 EUR sowie weitere 155.582,98 EUR jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.8.1999 zu zahlen, sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Vorbehaltsurteil aufzuheben und das Verfahren an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückzuverweisen, hilfsweise, unter Abänderung des angefochtenen Vorbehaltsurteils die Klage abzuweisen, sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält den Erlass eines Vorbehaltsurteils für unzulässig, weil die - die Hauptforderung der Höhe nach übersteigenden - Gegenforderungen nicht im Wege der Aufrechnung von der Klageforderung in Abzug zu bringen seien, sondern bei richtiger Betrachtungsweise im Wege einer Verrechnung. Die Bezeichnung in der Klagerwiderung sei insoweit nicht maßgeblich. Ein Vorbehaltsurteil habe überdies schon deswegen nicht in Betracht gezogen werden dürfen, weil ein Großteil der Aufrechnungsforderungen entscheidungsreif gewesen sei, womit sich das LG bei rechter Betrachtungsweise gar nicht auseinander gesetzt habe. Darüber hinaus habe das LG unbegründet die Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zugesprochen, obwohl es sic...

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