Leitsatz (amtlich)

1. Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, wenn an einem Schulgebäude herausragende Anker nicht beseitigt werden.

2. § 559 BGB kommt nicht zur Anwendung, soweit es sich um die Verletzung von Schutzpflichten geht, die nicht in Zusammenhang mit dem Vertragsgegenstand stehen.

3. 30.000 EUR Schmerzensgeld bei Verletzung eines Auges eines Kindes.

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 30.12.2004; Aktenzeichen 2 O 220/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers zu 1) wird das am 30.12.2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Lüneburg unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise geändert und wie folgt ergänzt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) über das vom LG unter 1. des Tenors des angefochtenen Urteils zuerkannte Schmerzensgeld hinaus ein weiteres Schmerzensgeld i.H.v. 10.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 5.000 EUR seit dem 26.3.2004 und auf weitere 5.000 EUR seit dem 29.7.2004 zu zahlen.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Beklagten gegen das genannte Urteil wird zurückgewiesen.

Kosten des Rechtsstreits erster Instanz:

Von den Gerichtskosten tragen der Kläger zu 1) 28 % und die Beklagte 72 %. Die Beklagte trägt 72 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) und 67 % der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 2) und 3). Der Kläger zu 1) trägt 28 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Kosten des Berufungsverfahrens:

Die Gerichtskosten werden dem Kläger zu 1) zu 13 % und der Beklagten zu 87 % auferlegt. Außerdem trägt die Beklagte 87 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) sowie die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 2) und 3) in vollem Umfang. Der Kläger zu 1) trägt 13 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 39.816 EUR bis zum 6.6.2005 und auf 39.000 EUR für die Zeit danach festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kläger nehmen die Beklagte auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen der Folgen eines Unfalls, den der Kläger zu 1) (im Folgenden: der Kläger) am 2.11.2003 erlitt, mit der Begründung in Anspruch, dass diese ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe.

Der Unfall ereignete sich am Nachmittag des genannten Tages im Rahmen einer privaten Kindergeburtstagsfeier auf dem Grundstück der H.-schule in C., deren Trägerin die Beklagte ist, und zwar im Außenbereich der dortigen Turnhalle. Der am 20.6.1992 geborene Kläger zog sich an einem in 1,20 m Höhe im Mauerwerk angebrachten Metallanker von 6 bis 10 cm Länge erhebliche Verletzungen seines rechten Auges zu, als er seinen heruntergefallenen und in ein mit Eiben bewachsenes Beet gerollten Fahrradhelm aufheben wollte.

Die Beklagte hat einen Verstoß gegen ihre Verkehrssicherungspflicht verneint, weil sich der Metallanker in einem Bereich befunden habe, der dem öffentlichen Verkehr erkennbar nicht zur Verfügung gestanden habe.

Nach der Vernehmung von sieben Zeugen und der Inaugenscheinnahme der Unfallstelle hat das LG dem Kläger unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 20 %, weil er die ihm verordnete Sehbrille nicht getragen habe, ein Schmerzensgeld i.H.v. 20.000 EUR zuerkannt und dem Feststellungsantrag mit derselben Einschränkung stattgegeben. Außerdem hat es den Eltern des Klägers (den Klägern zu 2) und 3)) materiellen Schadensersatz i.H.v. 816 EUR zugesprochen. Im Übrigen hat der Einzelrichter die Klage abgewiesen.

Gegen dieses Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird, wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seinen - vom LG abgewiesenen - Antrag weiterverfolgt, die Beklagte zusätzlich zu verurteilen, an ihn eine monatliche Schmerzensgeldrente i.H.v. 250 EUR zu zahlen. Dieses Begehren stützt der Kläger insb. darauf, dass sein rechtes Auge erhebliche Schäden erlitten habe, die die Sehfähigkeit auf Dauer beeinträchtigten und derer er sich lebenslang immer wieder neu schmerzlich bewusst werde.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn beginnend ab August 2004 eine vierteljährlich vorauszahlbare monatliche Rente i.H.v. 250 EUR jeweils zum 1.8., 1.11., 1.2. und 1.5. eines jeden Jahres zu zahlen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 7.6.2005 hat der Kläger darüber hinaus - hilfsweise - eine angemessene Erhöhung des ihm vom LG zugesprochenen Schmerzensgeldkapitalbetrages durch den Senat geltend gemacht.

Die Beklagte ...

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