Normenkette

BGB §§ 254, 823, 847

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Aktenzeichen 8 O 193/01)

 

Tenor

Die Berufungen des Klägers und des Beklagten gegen das am 12.4.2002 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des LG Lüneburg werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 45 % und der Beklagte 55 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Wert der Beschwer übersteigt für beide Parteien 20.000 Euro.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 67.064,59 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt vom Beklagten Schmerzensgeld sowie Feststellung aus Anlass eines Verkehrsunfalls, der sich am 12.8.2000 zwischen 00:30 Uhr und 01:00 Uhr in X., Y.-Straße, ereignet hat. Das LG, auf dessen Urteil zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat den Beklagten zur Zahlung eines weiteren kapitalisierten Schmerzensgeldbetrages i.H.v. 25.564,59 Euro sowie einer monatlichen Schmerzensgeldrente von 250 Euro verurteilt (200.000 DM hat die Privathaftpflichtversicherung des Beklagten vorprozessual bereits auf Schmerzensgeldansprüche gezahlt). Dabei ist das LG davon ausgegangen, dass den Beklagten eine Verschuldensquote von 2/3 treffe. Auf dieser Grundlage hat es zudem Feststellung ausgesprochen. Wegen weiter gehend geltend gemachter Ansprüche hat es die Klage abgewiesen.

Hiergegen richten sich die Berufungen beider Parteien.

Der Kläger vertritt die Auffassung, das Zustandekommen des Unfalles sei dem Beklagten so weit überwiegend anzulasten, dass dies eine Quotierung von 3/4 zu dessen Lasten rechtfertige, weshalb die vom LG zugesprochenen Schmerzensgeldbeträge nicht ausreichend seien und weiter gehende Feststellung auszusprechen sei.

Der Beklagte ist weiterhin der Auffassung, beide Parteien treffe ein gleich gelagerter Verursachungsbeitrag. Darüber hinaus sei die vom LG zuerkannte Schmerzensgeldsumme schon angesichts des vom LG angenommenen Mitverschuldens von (nur) 1/3 des Klägers zu hoch angesetzt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insb. wegen der Berufungsanträge, wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt der beigezogenen Strafakten 216 Js 1665/00 Staatsanwaltschaft Lüneburg verwiesen.

II. Beide Berufungen erweisen sich als unbegründet. Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass den Beklagten an dem Zustandekommen des Verkehrsunfalles ein Verschulden trifft, welches das Mitverschulden des Klägers überwiegt und eine Haftungsquote von 2/3 zu Lasten des Beklagten, jedoch nicht mehr, rechtfertigt. Ausgehend von den äußerst schwerwiegenden und den Kläger sein Leben lang beeinträchtigenden Verletzungen ist es, auch unter Berücksichtigung des dem Kläger anzulastenden Mitverschuldens, nicht zu beanstanden, dass das LG ihm über vorprozessual gezahlte 200.000 DM hinaus ein weiteres Schmerzensgeld von rd. 25.500 Euro als Einmalzahlung und 250 Euro als monatliche Rente zuerkannt hat, wegen darüber hinausgehender Zahlungsansprüche die Klage jedoch abgewiesen hat.

1. Die vom LG gefundene und seiner Beurteilung zugrunde gelegte Haftungsquote von 2/3 zu Lasten des Beklagten trifft zu.

Zwar ist, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, der beide Parteien primär treffende Verschuldensvorwurf grundsätzlich gleicher Natur, nämlich dass beide Parteien trotz Dunkelheit mit unbeleuchteten Fahrrädern unterwegs gewesen sind. Die Tatsache, dass sich der Kläger eines Fahrrades bedient hat, welches über eine Beleuchtungseinrichtung nicht verfügte, der Beklagte hingegen aus Bequemlichkeit von einer Inbetriebnahme des Dynamos abgesehen hat, ist für die Gewichtung des Verschuldensvorwurfs entgegen der Auffassung des Klägers ohne Einfluss, zumal der Kläger keineswegs gezwungen gewesen wäre, sich mitten in der Nacht mit einem Fahrrad ohne Beleuchtungseinrichtung auf den Weg zu begeben, um neue Zigaretten zu kaufen. Zutreffend ist das LG jedoch davon ausgegangen, dass der grundsätzlich gleich gelagerte Verschuldensvorwurf den Beklagten deswegen schwerer trifft, weil der Kläger zum Unfallzeitpunkt mit 17 Jahren und 3 Monaten noch minderjährig gewesen ist, wohingegen der Beklagte ein mit 46 Jahren unzweifelhaft voll ausgereifter Erwachsener gewesen ist. Zwar bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger für sein Handeln mangels Einsichtsfähigkeit nicht verantwortlich gewesen sein könnte (§ 827 Abs. 3 BGB). Jedoch ist bei Jugendlichen gemeinhin die Neigung zu beobachten, sich eher leichtsinnigem Verhalten hinzugeben, als bei voll ausgereiften Erwachsenen. Dieser „jugendliche Leichtsinn” hat i.Ü. auch den Gesetzgeber bewogen, zum Schutze des Jugendlichen im gesamten Rechtssystem Mechanismen zu verankern, um diesen vor den Folgen seines Tuns in ...

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