Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Befangenheitsablehnung eines Richters wegen "fehlender Fortbildung" oder "fachlicher Unkenntnis"

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Ablehnungsgesuch gegen den zuständigen (Familien-) Richter wegen Besorgnis der Befangenheit kann - wie das Ablehnungsgesuch gegen einen Sachverständigen - nicht erfolgreich auf vermeintlich "fehlende Fortbildung" oder behauptete "fachliche Unkenntnis" gestützt werden.

 

Normenkette

ZPO § 42; FamFG § 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Beschluss vom 25.10.2012; Aktenzeichen 610 F 2324/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den sein Ablehnungsgesuch gegen die Richterin am AG B. zurückweisenden Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 25.10.2012 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der betroffene A. ist der Sohn der beteiligten Kindeseltern, deren Ehe geschieden wurde. Seither wurden bezüglich Aaron vor dem AG Hannover bereits vierzehn Verfahren betreffend die elterliche Sorge bzw. den Umgang zwischen Aaron und dem Kindesvater geführt. Die elterliche Sorge für A. wird aufgrund des Beschlusses des AG - Familiengericht - Hannover vom 13.2.2007 (610 F 4510/06) allein durch die Kindesmutter ausgeübt. Mit Beschluss vom 10.5.2011 (610 F 2922/10) ist der Umgang zwischen A. und dem Kindesvater bis zum 10.3.2013 ausgeschlossen worden.

In zwei im April bzw. Mai 2012 von ihm eingeleiteten Verfahren erstrebt der Kindesvater in Änderung ("Aufhebung") der genannten Entscheidungen die Wiederherstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge sowie die Anordnung von Umgangskontakten mit A. an jedem Sonntag für drei Stunden, obwohl dieser nach wie vor Umgangskontakte mit dem Kindesvater strikt ablehnt.

Nach einem Wechsel seiner Verfahrensbevollmächtigten hat der Antragsteller mit - von unterschiedlichen Sachbearbeitern aus der Kanzlei seiner Verfahrensbevollmächtigten stammenden - Schriftsätzen vom 16. bzw. 19.9.2012 gegen die zuständige Abteilungsrichterin Ablehnungsgesuche wegen Besorgnis der Befangenheit angebracht. Er will die Besorgnis der Befangenheit vor allem darauf stützen, die Richterin habe "sich seit der Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Umgang im März 2009 nicht weiter fortgebildet", "weitere bestehende fachliche Unkenntnis bei der Abteilungsrichterin" werde zu "weiteren kindeswohlschädlichen Entscheidungen führen". Zudem "offenbarten" die Verfügungen der Abteilungsrichterin, im Verfahren betreffend die elterliche Sorge eine Kindesanhörung durchführen zu wollen, dass sie "den Inhalt ihrer Akten nicht kennt" bzw. "dass ihr die fachliche Kompetenz fehlt". Weiter entsprechende Abqualifizierungen der Abteilungsrichterin werden u.a. darauf gestützt, dass "offensichtlich ... das sog. Stockholm-Syndrom nicht bekannt" sei, nicht das sog. "Cochemer Modell" angewandt werde, sie "offensichtlich ... die wissenschaftlichen Standards der familienrechtlichen Gutachten" sowie "die Ausführungen von Prof. Dr. Klenner, FamRZ 1989, Heft 8 S. 408-412" nicht kenne.

Das AG hat - nach Einholung einer dienstlichen Äußerung der Abteilungsrichterin und Gewährung rechtlichen Gehörs dazu für den Kindesvater - mit Beschluss vom 25.10.2012, auf den ergänzend Bezug genommen wird, die Ablehnungsgesuche zurückgewiesen.

Gegen diesen ihm am 7.11.2012 zugestellten Beschluss richtet sich die am 21.11.2012 eingelegte sofortige Beschwerde des Kindesvaters, mit der insbesondere die Gesichtspunkte vermeintlich fehlender "aktuelle Fachkenntnisse" und fehlender Nachweise über durchgeführte Fortbildung weiterverfolgt werden. Die Kindesmutter tritt der Beschwerde entgegen.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache offensichtlich unbegründet.

Mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat ausdrücklich vollinhaltlich beitritt, hat sich das AG mit der verfahrensmäßigen Handhabung durch die Abteilungsrichterin befasst und daraus etwa herzuleitende berechtigte Befürchtungen auf eine Befangenheit der Abteilungsrichterin überzeugend verneint. Demgegenüber werden auch mit der Beschwerde keine erheblichen Gesichtspunkte dargelegt.

Soweit sich die Beschwerde vor allem auf die hartnäckige Behauptung "fehlender Fachkenntnis" sowie "nicht belegter Fortbildung" stützen will, sind derartige Gesichtspunkte schon von vornherein ungeeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

Die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit, für die § 406 Abs. 1 ZPO hinsichtlich Voraussetzungen vollinhaltlich auf diejenigen für die Ablehnung eines Richters verweist, kann nach ganz gefestigter Rechtsprechung nicht auf einen etwaigen Mangel an Sachkunde bzw. auf Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit seines Gutachtens gestützt werden (vgl. BGH - Beschl. v. 5.11.2002 - X ZR 178/01 - FF 2003, SH 1, 107-108 = juris [Tz. 10]; Beschluss vom 15.3. - VI ZB 74/04, NJW 2005, 1869 f. = MDR 2005, 1007 f. = juris [Tz. 14]; Bay. LSG - Beschl. v. 19.11.2009 - L2 B 951/08 U - juris [Tz. 15.]; LSG Berlin-Brandenburg - Beschl. v. 5.10.2011 - L 13 SF 359/11 B - juris [Tz. 8]; OLG K...

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