Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung der Geschäftsgebühr nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen der Festsetzung der Vergütung für den beigeordneten Rechtsanwalt ist auch dann die Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV geboten, wenn der Partei auf Antrag zwar Beratungshilfe hätte gewährt werden können, tatsächlich aber keine Beratungshilfe in Anspruch genommen worden ist.

 

Normenkette

RVG §§ 55-56; RVG-VV Nrn. 2300, 2503

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 19.05.2009; Aktenzeichen 12 O 354/07)

 

Tenor

Die am 19.5.2009 beim LG Hannover eingegangene als sofortige Beschwerde bezeichnete Beschwerde des beigeordneten Rechtsanwalts der Klägerin vom 18.5.2009 gegen den am 13.5.2009 zugestellten Beschluss der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des LG Hannover vom 6.5.2009, durch den die Erinnerung des Beschwerdeführers vom 30.3.2009 gegen die am 24.3.2009 erfolgte Vergütungsfestsetzung der Urkundsbeamtin der 12. Zivilkammer des LG Hannover zurückgewiesen worden ist, wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Beschwerde ist gem. § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. den § 33 Abs. 3 Satz 1 und 3 RVG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200 EUR auch unter Berücksichtigung der von dem Beschwerdeführer eingeräumten Anrechnung eines Betrages von zumindest 35 EUR netto auf die in seinem Festsetzungsantrag berechnete Verfahrensgebühr. Die von Rechtsanwalt R. unterzeichnete Beschwerdeschrift vom 18.5.2009 ist dahin auszulegen, dass die Beschwerde im Namen des im Betreff angegebenen Rechtsanwalts Dr. L. eingelegt worden ist.

In der Sache hat Beschwerde keinen Erfolg.

Der Senat entscheidet gem. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG über die Beschwerde durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter. Eine Übertragung der Sache auf den Senat gem. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache kam nicht in Betracht, weil der Senat über die entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Anrechnung einer hälftigen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV auf die Gebühren des im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts bereits in voller Besetzung in dem Verfahren 2 W 71/09 durch den gem. § 33

Abs. 4 Satz 3 RVG unanfechtbaren Beschluss vom 25.3.2009 entschieden hat und eine Abweichung von dieser Rechtsprechung nicht beabsichtigt ist.

Dem Beschwerdeführer steht kein Anspruch auf Vergütung gegen die Landeskasse in Höhe des vollen geltend gemachten Betrages von brutto 1.187,03 EUR, sondern lediglich in Höhe des festgesetzten Betrages von 884,59 EUR zu. Zu Recht ist bei der Vergütungsfestsetzung die geltend gemachten Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 RVG-VV mit Rücksicht auf die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 RVG-VV gekürzt worden.

Ob im Rahmen der Vergütungsfestsetzung gem. § 55 RVG die Anrechnung einer hälftigen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV auch dann zu erfolgen hat, wenn auf Seiten der vertretenen Partei die Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Beratungshilfegesetz bzw. die Voraussetzungen für die Bewilligung von ratenzahlungsfreier Prozesskostenhilfe vorliegen, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung zwar umstritten.

Einer Auffassung nach ist selbst dann, wenn Beratungshilfe tatsächlich nicht oder noch nicht in Anspruch genommen worden ist, lediglich die Hälfte der im Rahmen der Beratungshilfe fiktiv anfallenden Gebühr nach Nr. 2503 RVG-VV abzusetzen (vgl. OLG Oldenburg MDR 2008, 1006; OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.1.2009 - 8 WF 211/08, zitiert nach JURIS Rz. 7 f.; OLG Hamm AGS 2009, 233).

Demgegenüber wird die Auffassung vertreten, dass die Festsetzung der Prozesskostenhilfevergütung die Anrechnung einer vorgerichtlichen Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 RVG-VV ohne Rücksicht darauf erfolge, ob der Partei ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt oder aber Beratungshilfe hätte bewilligt werden können (vgl. OLG Oldenburg, FamRZ 2008, 1765 f.; OLG Braunschweig OLGReport Braunschweig 2008, 837 f.; OLG Bamberg RVGreport 2008, 343; OLG Düsseldorf AGS 2009, 123; LAG Düsseldorf AGS 2009, 235; OLG Celle, Beschl. v. 13.11.2008 - 10 WF 312/08; OLG Celle, Beschl. v. 26.1.2009 - 17 WF 192/08;).

Der Senat ist in seinem Beschl. v. 25.3.2009 - 2 W 71/09 - der zuletzt genannten Auffassung gefolgt und hat insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang auf die Ausführungen des 17. Zivilsenats in seinem vorgenannten Beschluss Bezug genommen. In diesem Beschluss hat der 17. Zivilsenat des OLG Celle wie folgt ausgeführt:

"... Der Grund für die Anrechnungsbestimmung liegt darin, dass Geschäfts- und Verfahrensgebühr teilweise den gleichen Aufwand vergüten, weswegen ein Rechtsanwalt, der bereits im Rahmen seiner vorgerichtlichen Tätigkeit mit der Sache befasst gewesen ist, in aller Regel für die Prozessvertretung s...

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