Normenkette

GKG § 12 Abs. 2 S. 2 und 4

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Aktenzeichen 614 F 4701/01)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners sowie i.Ü. von Amts wegen wird der angefochtene Beschluss unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels geändert.

Der Streitwert wird für das Verfahren der ersten Instanz bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung (7.833,78 DM + 1.000 DM =) 8.833,78 DM, i.Ü. auf 7.833,78 DM festgesetzt.

 

Gründe

Für das in Rede stehende Verbundverfahren hat das AG mit Beschluss vom 15.11.2001 den Streitwert auf insgesamt 5.000 DM (Ehescheidung = 4.000 DM; Versorgungsausgleich = 1.000 DM) festgesetzt. Dabei hat es für das Scheidungsverfahren den Mindestwert i.H.v. 4.000 DM angenommen und dazu ausgeführt, bei einer „beiderseitigen ratenfreien PKH”, wie im vorliegenden Fall, sei der Geschäftswert nur i.H.d. Mindestwertes (§ 12 Abs. 2 S. 4 GKG) anzunehmen.

Im Rahmen der – aus eigenem Recht – hiergegen gerichteten Streitwertbeschwerde begehrt die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners auf der Grundlage der beiderseitigen Einkünfte der Parteien sowie unter Berücksichtigung des Grades deren Verschuldung eine anderweitige Wertfestsetzung, die sie nach Maßgabe des in der Hinweisverfügung des AG vom 22.11.2001 angestellten Rechenwerkes nunmehr i.H.v. 7.835,04 DM für die Ehesache anstrebt.

Dem gem. § 25 Abs. 3 GKG i.V.m. § 9 Abs. 2 BRAGO zulässigen Rechtsmittel ist, abgesehen von einem geringen Differenzbetrag, der auf einen Additionsfehler zurückzuführen ist und insoweit zur Zurückweisung der Beschwerde führt, der Erfolg in der Sache nicht zu versagen.

a) Im Rahmen des Ermessens (§ 12 Abs. 2 S. 1 GKG), das bei der Bestimmung des Streitwertes in der fraglichen Ehesache auszuüben ist, kommt den jeweiligen Einkommen sowie den Vermögensverhältnissen der betroffenen Parteien erhebliches Gewicht zu. Insoweit ist nämlich in erster Linie das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der verfahrensbeteiligten Eheleute heranzuziehen, wie unmittelbar aus § 12 Abs. 2 S. 2 GKG folgt. Belegt ist im vorliegenden Verbundverfahren auf Seiten der Ehefrau ein monatliches Nettoeinkommen aus einer nichtselbstständigen Erwerbstätigkeit i.H.v. 1.441,84 DM. Dem stehen Einkünfte des Ehemannes aus einer Rente i.H.v. 1.089,42 DM sowie ergänzende Einkünfte im Bereich der so genannten Geringverdienergrenze (630 DM) gegenüber. Mit ins Gewicht fallen darüber hinaus Schulden der Parteien, die hier durchaus erkennbar im Zeichen besonders beengter wirtschaftlicher Verhältnisse gelebt haben. Dem ist in Übereinstimmung mit der Hinweisverfügung des AG vom 22.11.2001 dergestalt Rechnung zu tragen, dass die monatlichen Kreditabträge in geleisteter Höhe von 300 DM (Q.), 50 DM (C.), 100 DM (Stadtkasse B.) und 100 DM (Firma F.) vom verfügbaren Einkommen abzusetzen sind. Danach verbleibt ein monatliches Gesamteinkommen i.H.v. 2.611,26 DM. Der dreifache Betrag i.S.v. § 12 Abs. 2 S. 2 GKG i.H.v. 7.833,78 DM ist demnach, da es sich i.Ü. offensichtlich um einen Durchschnittsfall handelt, für die Ehescheidung in den Gesamtstreitwert einzustellen.

b) Soweit das AG in Abweichung davon auf den Mindestbetrag i.H.v. 4.000 DM abgestellt und dies mit dem Hinweis begründet hat, bei „ratenloser” PKH für beide Parteien komme nur der Mindestwert i.S.v. § 12 Abs. 2 Satz 4 GKG in Betracht, hat der Senat mit der überwiegenden Meinung (vgl. hierzu die Nachweise bei Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 3 Stichwort: Ehesachen) bereits wiederholt zur – auch veröffentlichten – Kenntnis des AG (OLG Celle 10 WF 197/97; 10 WF 22/98; Beschl. v. 13.2.1998 – 10 WF 23/98, RPfleger 1998, 175 = FamRZ 1999, 604; Vorinstanz jew. AG Hannover) entschieden, dass es für eine solche vereinfachende Rechtsanwendung, die das AG i.Ü. nicht näher begründet hat, an einer notwendigen Gesetzesgrundlage fehlt.

Soweit nämlich die Einkommensverhältnisse der Parteien bei der Streitwertfestsetzung eine Rolle spielen, stellt die gesetzliche Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 2 GKG nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers auf das in drei Monaten „erzielte Nettoeinkommen” i.S.e. „verdienten” Bruttoeinkommens, vermindert um die übliche Abgabenlast für Steuern und Vorsorgeaufwendungen, ab. Im Unterschied dazu folgt die Ermittlung des prozesskostenhilferelevanten Einkommens Grundsätzen, die über die üblichen gesetzlichen Abzüge für Steuern und Sozialversicherungen hinausgehen und insbesondere weitere sozialrechtliche Freibeträge (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 ZPO) sowie selbst Mittel der Einkommensverwendung etwa bei Kosten für Wohnung und Heizung (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 ZPO) bei der Ermittlung des eine ratenlose Prozesskostenhilfebewilligung ermöglichenden Einkommens vorgeben. Hinzu kommt, dass auch das Vermögen der prozesskostenhilfebedürftigen Partei über § 88 BSHG einer besonderen Schonung etwa bei der Erhaltung eines angemessenen Hausgrundstücks erfährt, ohne dass der Wille des Gesetzgebers erkennbar wäre, damit gleichzeitig die Vermögensverhältnisse aus der Wertfestsetzung...

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