Leitsatz (amtlich)

Erteilt der Vermieter sein Einverständnis mit der Verlängerung der im Kündigungsschreiben gesetzten Räumungsfrist ausdrücklich zum Zwecke des vertragsgemäßen Rückbaus des Mietobjekts durch den Mieter, fehlt es an dem für einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung wegen Vorenthaltung der Mietsache erforderlichen Rücknahmewillen.

 

Normenkette

BGB § 546a

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 06.04.2011; Aktenzeichen 22 O 25/10)

 

Tenor

1. Der Klägerin wird anheimgestellt, ihre Zahlungsklage teilweise, nämlich in Höhe eines Betrages von 2.470,88 EUR nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus 2.032,46 EUR seit dem 5.8.2009 und aus 438,42 EUR seit dem 4.9.2009 zurückzunehmen.

2. Für den Fall der Teilklagerücknahme wird erwogen, die Berufung der Beklagten gegen das am 6.4.2011 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Hannover durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Erlass eines Teilbeschlusses bleibt vorbehalten.

3. Der Klägerin wird Gelegenheit zur Stellungnahme und Teilklagrücknahme bis zum 1.7.2010 gegeben.

Den Beklagten wird Gelegenheit zur Stellungnahme und ggf. Rücknahme ihrer Berufung aus Kostengründen bis zum 14.7.2010 gegeben.

 

Gründe

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dürfte nicht erforderlich sein. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die von den tatsächlichen Besonderheiten der vorliegenden Fallgestaltung abhängig ist. Die rechtlichen Erwägungen des Senats orientieren sich an der gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung.

Die Berufung der Beklagten dürfte nur zu einem geringen Teil Aussicht auf Erfolg haben. Das LG dürfte der Zahlungsklage jedenfalls in Höhe eines Teilbetrages von 28.718,16 EUR mit Recht stattgegeben haben.

1. Ohne Erfolg wenden sich die Beklagten gegen die Auffassung des LG, zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 sei gem. § 154 Abs. 2 BGB kein wirksamer Vertrag über die Aufhebung des Mietverhältnisses zum 30.6.2009 zustande gekommen, weil die Klägerin das schriftliche Angebot der Beklagten mangels Unterzeichnung des schriftlichen Vertragsentwurfs nicht angenommen habe.

Die am 9.4. geführten Verhandlungen der Parteien haben nicht zu einer wirksamen mündlichen Aufhebungsvereinbarung geführt. Das LG hat in den Entscheidungsgründen mit Tatbestandswirkung festgestellt, dass unstreitig nach dem 9.4.2009 Vertragsausfertigungen über eine Vertragsaufhebung erstellt und unterschrieben werden sollten. Da sich die Beweisregel des § 314 Satz 1 ZPO auf das mündliche Parteivorbringen bezieht, ist davon auszugehen, dass die Parteien dasjenige in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben, was der Tatbestand ausweist (vgl. BGH NJW-RR 2008, 1566; Musielak/Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 314 Rz. 3). Zum Tatbestand in diesem Sinne gehören auch tatsächliche Feststellungen, die sich, wie im vorliegenden Fall, in den Entscheidungsgründen finden (ständige Rspr.: vgl. nur BGH, a.a.O.; BGH, Urt. v. 12.3.2003 - XII ZR 18/00, NJW 2003, 2158, 2159 m.w.N.). Die Beweiswirkung gem. § 314 Satz 1 ZPO kann nur durch das Sitzungsprotokoll (§ 314 Satz 2 ZPO) und nicht auch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden. Vorher eingereichte Schriftsätze sind durch den Tatbestand, der für das Vorbringen am Schluss der mündlichen Verhandlung Beweis erbringt, überholt. Bei einem Widerspruch zwischen dem Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und der Wiedergabe des Parteivorbringens im Urteilstatbestand sind die Ausführungen im Tatbestand maßgeblich (BGHZ 140, 335, 339; BGH BGHReport 2005, 1618).

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, dass die Klägerin sich mit Schriftsatz vom 21.1.2011 ausdrücklich die im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung erörterte Auffassung des LG zu eigen gemacht hat, dass die behauptete Aufhebungsvereinbarung unter einem Schriftformvorbehalt gestanden habe, was in Anbetracht der noch zu erörternden Regelung im schriftlichen Mietvertrag auch keiner weiteren Substantiierung bedurfte.

Das Bestreiten einer Schriftformabrede in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 22.3.2011 war ohnehin gem. § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen.

Die Richtigstellung der tatbestandlichen Feststellungen des LG kann nicht mit Hilfe einer Verfahrensrüge durchgesetzt werden (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1434). Einen Tatbestandsberichtigungsantrag hat die Klägerin innerhalb der gesetzlichen Frist gem. § 320 Abs. 2 ZPO nicht gestellt. Mangels Tatbestandsberichtigung ist mithin von einer Beurkundungsabrede in Bezug auf die Vereinbarung einer Vertragsaufhebung auszugehen.

Diese den Senat bindende Feststellung steht überdies in Einklang mit der Regelung in Ziff. 23.2 Teil B des Mietvertrages, wonach die Parteien auch für die Aufhebung des Vertrages ausdrücklich die Schriftform vereinbart haben.

Das schließt zwar eine abweichende mündliche Aufhebungsvereinbarung mit ...

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