Verfahrensgang

AG Celle (Urteil vom 12.04.2006; Aktenzeichen 14 C 1081/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 18.01.2007; Aktenzeichen V ZB 129/06)

 

Tenor

In dem Rechtsstreit wird der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Berufung gegen das am 12.4.2006 verkündete Urteil des AG Celle zurückgewiesen.

Die am 29.6.2006 beim OLG Celle eingelegte Berufung des Beklagten gegen das am 12.4.2006 verkündete Urteil des AG Celle wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

 

Gründe

I. Am 26.10.2004 verkaufte der in der Bundesrepublik Deutschland lebende Beklagte, vertreten durch seinen Vater, mit privatschriftlichem, in der Türkei abgeschlossenen Kaufvertrag an den ebenfalls in der BRD lebenden Kläger eine in der Türkei belegene Immobilie zum Preis von 75.000 EUR. Der Kläger leistete eine Anzahlung von 5.000 EUR. Mit der Begründung, der Vertrag sei nach türkischem wie nach deutschen Recht formnichtig (Bl. 17), fordert er die geleistete Anzahlung zurück

Das AG hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt:

Auf die Anwendbarkeit deutschen oder türkischen Rechts komme es nicht an, denn bei dem von den Parteien titulierten Kaufvertrag handele es sich lediglich um einen Vorvertrag. Anders verhalte es sich, wenn ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen worden sei. Daran mangele es aber. Nach deutschem Recht fehle es an der notariellen Beurkundung, nach türkischem Recht an dem Abschluss des Kaufvertrages in öffentlicher Urkunde vor dem Grundbuchamt.

In dem Vorvertrag, den es mangels eines wirksamen Kaufvertrages angenommen und auf den es deutsches Recht für anwendbar gehalten hat, hat es einen Rechtsgrund für das Behalten der Anzahlung nicht gesehen.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 18.4.2004 (Bl. 162) zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12.5.2006 Berufung beim LG eingelegt (Bl. 170). Auf am 21.6.2006 telefonisch geäußerte Bedenken der Kammervorsitzenden an der Zuständigkeit des LG als Berufungsgericht (Bl. 189) hat der Beklagte mit am 29.6.2006 beim OLG eingegangenen Schriftsatz sodann gegen das Urteil des AG Berufung beim OLG eingelegt und beantragt, ihm gegen die Versäumung der Einlegungsfrist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu bewilligen (Bl. 193 ff.).

II.1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unbegründet.

Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des AG wird nur gewährt, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Notfrist verhindert war (§ 233 ZPO). Dabei wird ihr das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten wie eigenes zugerechnet (§ 85 Abs. 2 ZPO). Der Beklagte hat die Frist für die Einlegung der Berufung zwar versäumt, doch beruht dies auf Verschulden seines Prozessbevollmächtigten.

Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1c GVG ist das OLG für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Berufung gegen Entscheidungen des AG zuständig, wenn das AG ausländisches Recht angewendet und dies in den Entscheidungsgründen festgestellt hat.

Das ist entgegen der Auffassung des Beklagten der Fall. Das AG hat nämlich auch türkisches Recht, dessen Geltung der Beklagte in Anspruch genommen hat, angewandt, wenn es ausführt, der Kaufvertrag, der die Grundlage der zurückverlangten Anzahlung war, sei auch nach türkischem Recht formunwirksam. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es nach deutschem Recht ebenfalls eine Formunwirksamkeit angenommen hat. Es handelt sich um eine alternative Urteilsbegründung. Diese alternative Feststellung war Voraussetzung dafür, dass das AG sich mit der Frage, welches nationale Recht anzuwenden ist, nicht auseinander setzen musste und es den unwirksamen Kaufvertrag (nur) als einen Vorvertrag angesehen hat.

Dies hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten nach eigenem Vortrag verkannt, und er ist weiterhin der Auffassung, das AG habe ausländisches Recht nicht angewandt, weil es auf den Vorvertrag deutsches Recht angewendet habe (Bl. 195). Diese Auffassung trifft nicht zu. Das AG hat in dem Kaufvertrag vom 26.10.2004 gerade keinen Rechtsgrund für die zurückverlangte Zahlung gesehen, weil es ihn auch unter Heranziehung des türkischen Rechts für

formunwirksam gehalten hat. Diese Feststellung war entgegen der Auffassung des Beklagten auch entscheidungserheblich, weil das AG den Rückforderungsanspruch nicht ausschließlich auf die Formunwirksamkeit des Kaufvertrages nach deutschem Recht stützen konnte, ohne die ausdrücklich offen gelassene Frage zu entscheiden, ob auf den Klageanspruch, der dem Vertragsstatut folgt (Art. 38, 28 Abs. 3 EGBGB), deutsches oder türkisches Recht anzuwenden ist.

Der mit anwaltlicher Versicherung seines Prozessbevollmächtigten glaubhaft gemachte Umstand, dass dieser erst durch den Anruf der Kammervorsitzenden vom 21.6.2006 auf die Zuständigkeit des OLG aufmerksam geworden ist (Bl. 189), entlastet ihn freilich nicht.

2. Die Verwerfung der Berufung beruht auf § 522 Abs. 1 Sa...

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