Entscheidungsstichwort (Thema)
Unlautere Wertreklame eines Ärztezentrums; Kostenlose Venenmessung
Verfahrensgang
LG Stade (Aktenzeichen 8 O 23/11) |
Tenor
Es wird erwogen, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Die Beklagten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 29.11.2011.
Gründe
Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch fordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Änderung des § 522 ZPO; Anhaltspunkte dafür, dass hier die Durchführung einer mündlichen Verhandlung geboten wäre, sind nicht ersichtlich.
Die Berufung hat nach derzeitigem Beratungsstand auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das LG hat zu Recht entschieden, dass die Beklagten es zu unterlassen haben, im geschäftlichen Verkehr kostenlose Venenuntersuchungen zu bewerben und/oder durchzuführen, wenn dies geschieht wie in der C. Zeitung am 13.8.2010 (Anlage K 1) und/oder auf der Homepage der Beklagten zu 1 (Anlage K 2). Dementsprechend hat es auch die Widerklage der Beklagten zu 2 zu Recht abgewiesen.
Die Einwände der Beklagten gegen dieses Urteil rechtfertigen keine abweichende Entscheidung. Im Einzelnen:
1. Die Beklagten ziehen in der Berufung die Klagebefugnis des Klägers nicht mehr in Zweifel. Der Senat hält die diesbezüglichen Ausführungen des LG im angefochtenen Urteil (Seite 5 LGU) auch für richtig.
2. Das LG hat zu Recht festgestellt, dass dem Kläger gegen die Beklagte zu 1 ein Anspruch auf Unterlassung der streitbefangenen Bewerbung und Durchführung kostenloser Venenchecks zusteht (§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 7 HWG).
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) eröffnet.
aa) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG findet das HWG Anwendung auf die Werbung für andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden bei Mensch oder Tier bezieht. Verfahren und Behandlungen in diesem Sinn sind jegliche Dienstleistungen, die am oder im Menschen bzw. Tier durchgeführt werden oder Anleitungen dazu geben. Der Begriff der Verfahren und Behandlungen im Sinne des HWG ist sehr weit zu fassen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.7.1998 - 2 U 166/97, zitiert nach juris, Rz. 37). Entscheidend für die Frage, ob ein Verfahren heilmittelwerberelevant ist, sind das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise und die vor diesem Hintergrund Absatz fördernde Werbeaussage (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O., Rz. 37 und 38). Insofern reicht es auch im Rahmen des HWG aus, dass bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise der Eindruck entsteht, das beworbene Verfahren bzw. die beworbene Behandlung beziehe sich auch auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O., Rz. 39 m.w.N.).
bb) Nach diesen Grundsätzen ist hier festzustellen, dass sich für einen nicht unerheblichen Teil des von der streitbefangenen Werbung angesprochenen Verkehrskreises, zu dem auch die Mitglieder des Senats gehören, die beworbene kostenlose Venenkurzuntersuchung bzw. der Venencheck als Maßnahme darstellt, die sich auf die Erkennung eines körperlichen Leidens bezieht und die die Grundlage für gegebenenfalls anschließende lindernde Maßnahmen bieten soll.
Der Anwendungsbereich des HWG ist mithin eröffnet.
b) Die streitbefangene Werbung ist unzulässig i.S.d. § 7 Abs. 1 HWG.
aa) Nach dieser Vorschrift ist es unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren- oder Dienstleistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass einer der in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG genannten Ausnahmetatbestände greift.
bb) Die Kostenlosigkeit des beworbenen Venenkurzchecks stellt eine Zuwendung bzw. sonstige Werbegabe i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG dar. Das LG hat insofern zutreffend ausgeführt, dass es sich bei der angebotenen Venenkurzuntersuchung um einen Teil einer ärztlichen Leistung handelt, die in der Regel nur gegen Geld zu erhalten ist. Der interessierte Verbraucher erwartet im Rahmen einer solchen ärztlichen Venenkurzuntersuchung eine individuelle körperliche Befunderhebung zu seinem Venensystem und gegebenenfalls eine weiterführende Beratung. Daher stellt sich die Kostenlosigkeit des Venenchecks jedenfalls aus Sicht des Verbrauchers als Zuwendung und sonstige Werbegabe i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG dar, die geeignet ist, seine Entscheidung, ob und in wessen Behandlung er sich begibt, unsachlich zu beeinflussen.
cc) Dass der einzig in Betracht kommende Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 HWG hier nicht einschlägig ist, hat das LG ebenfalls zutreffend ausgeführt. Die Kostenlosigkeit der Venenchecks besteht bere...