Leitsatz (amtlich)

Lässt das bisherige (unstreitige) und wiederholte Verhalten des Antragsgegners erkennen, dass ihn die Verhängung und Vollstreckung eines Ordnungsgeldes von weiteren Verstößen gegen die ergangenen Schutzanordnungen nicht abhalten würde, kommt auch die Festsetzung von Ordnungshaft (vorliegend von 4 Wochen) in Betracht.

Der Senat kann die Frage dahinstehen lassen, ob der Antragsgegner vor der Festsetzung von Ordnungshaft gemäß §§ 95 Abs. 1 Nr. 4, 96 Abs. 1 Satz 3 FamFG, 890, 891 ZPO unter Berücksichtigung der aus Art. 104 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GG folgenden verfahrensrechtlichen Anforderungen, da jegliche Haftanordnung eine Freiheitsentziehung bedeutet, grundsätzlich oder jedenfalls dann persönlich zu hören ist (OLG Celle - 12. Zivilsenat - OLG Celle, FamRZ 2021, 625), wenn im einstweiligen Anordnungsverfahren eine mündliche Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten nicht erfolgt war.

 

Verfahrensgang

AG Cuxhaven (Aktenzeichen 11 F 1331/21)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Cuxhaven vom 23. November 2021 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

III. Dem Antragsgegner wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren versagt.

IV: Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin Pauline Makowski, Otterndorf, bewilligt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind miteinander verheiratet und leben seit Januar 2021 voneinander getrennt. Aus der Ehe ist die am 21. Dezember 2018 geborene Tochter G. hervorgegangen, die im Haushalt der Antragstellerin lebt.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Cuxhaven hat dem Antragsgegner mit dem auf Antrag der Antragstellerin ergangenen Beschluss vom 17. September 2021 im Wege der einstweiligen Anordnung, befristet bis zum 17. März 2022, unter anderem untersagt, die Wohnung der Antragstellerin zu betreten, sich der Antragstellerin oder der Wohnung der Antragstellerin auf eine Entfernung von weniger als 50 Metern zu nähern, den Arbeitsplatz der Antragstellerin aufzusuchen und Zusammentreffen mit der Antragstellerin herbeizuführen. Für den Fall der Zuwiderhandlung hat das Amtsgericht die Festsetzung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, die Festsetzung von Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten sowie die unmittelbare Festsetzung von Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten angedroht. Die Zustellung des Beschlusses erfolgte am 19. September 2021.

Der Antragsgegner suchte die Antragstellerin abgesehen von mehrfachen telefonischen Kontaktaufnahmen ohne Anspruch auf Vollständigkeit unstreitig jedenfalls zu folgenden Zeiten auf:

Am 7. November 2021 gegen 14:45 Uhr schlug der Antragsgegner mit bloßer Hand gegen die Fensterscheibe der Wohnung der Antragstellerin, so dass die Scheibe riss, aber nicht vollständig zerbrach. Er entfernte sich zunächst, erschien aber gegen 15:30 Uhr erneut bei der Wohnung der Antragstellerin.

Am darauffolgenden Tag gegen 16 Uhr sprach der Antragsgegner die Antragstellerin auf deren Rückweg vom Kindergarten an und drohte, die Antragstellerin selbst oder ihr Haus anzuzünden, wenn er die gemeinsame Tochter nicht sehen dürfe. Er drohte, ihr Handy zu zerbrechen, wenn sie die Polizei riefe. Eine Gefährderansprache durch die Polizei wurde beim Antragsgegner durchgeführt.

Einen weiteren Tag später suchte der Antragsgegner die Antragstellerin an ihrer Arbeitsstelle auf. Am Abend desselben Tages war die Antragstellerin nicht zuhause, als der Antragsgegner gegen 22 Uhr auf den Balkon der Wohnung der Antragstellerin sprang und versuchte, die Balkontür einzutreten. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Schwester der Antragstellerin und das gemeinsame Kind des Antragsgegners und der Antragstellerin in deren Wohnung. Die Polizei führte eine erneute Gefährderansprache durch.

Am 10. November 2021 erschien der Antragsgegner gegen 19:30 Uhr und gegen 22:00 Uhr jeweils bei der Wohnung der Antragstellerin.

Diese beantragte am 11. November 2021 die Verhängung von Ordnungshaft, hilfsweise Ordnungsgeld. Das Amtsgericht hat diesen Antrag dem Antragsgegner mit Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Tagen zugestellt.

Noch am 11. November 2021 wurde der Antragsgegner durch die Polizeiinspektion Cuxhaven zu den Vorfällen vernommen. Eine weitere Gefährderansprache wurde durchgeführt.

Bereits am 14. November 2021 erschien der Antragsgegner gegen 16:30 Uhr wieder bei der Wohnung der Antragstellerin, ebenso am darauffolgenden Tag gegen 16:00 Uhr.

Am 21. November 2021 suchte der Antragsgegner die Wohnung der Antragstellerin um 07:10 Uhr, um 07:50 Uhr und um 10:40 Uhr auf.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Cuxhaven hat mit Beschluss vom 23. November 2021 gegen den Antragsgegner Ordnungshaft von vier Wochen verhängt. Es begründet seine Entscheidung damit, dass der Antragsgegner wiederh...

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