Leitsatz (amtlich)

1. Der Erwerber eines gebrauchten Pkw, der den ihm von dem Veräußerer vorgelegten Kraftfahrzeugbrief einsieht, ist bösgläubig i.S.d. § 932 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB, wenn nach den gesamten Umständen erhebliche Zweifel daran bestehen, dass der Veräußerer Eigentümer des Kraftfahrzeugs ist. Dabei darf sich der Erwerber über ihn belastende und mühelos erkennbare Verdachtsgründe nicht hinwegsetzen.

2. Was beim Verkauf gebrauchter Fahrzeuge mit Blick auf das Eigentum des Veräußerers verdächtig ist, hängt maßgeblich vom Inhalt des vorgelegten Briefes, der konkreten Veräußerungssituation und den Marktgepflogenheiten ab.

3. Ein völlig marktunangemessener Kaufpreis legt den Verdacht nahe, dass der Veräußerer nicht Eigentümer des verkauften Fahrzeugs ist.

 

Normenkette

BGB § 932 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 952

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 27.04.2005; Aktenzeichen 4 O 2626/04)

 

Tenor

Das Versäumnisurteil des OLG Bremen - 1. Zivilsenat - vom 21.9.2005 wird aufrechterhalten.

Die Beklagte trägt auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Auch die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Senats vom 21.9.2005 darf nur gegen Sicherheit fortgesetzt werden.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil des LG Bremen - 4. Zivilkammer, Einzelrichter - vom 27.4.2005 (Bl. 86-88) Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Gegen das landgerichtliche Urteil hat die Beklagte in zulässiger Weise Berufung eingelegt. Sie war jedoch in dem Verhandlungstermin des Senats vom 21.9.2005 anwaltlich nicht vertreten (Bl. 144 f.), worauf der Senat mit Versäumnisurteil vom gleichen Tag die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat (Bl. 146 f.).

Das Versäumnisurteil des Senats ist der Beklagten am 27.9.2005 zugestellt worden (Bl. 151); am 10.10.2005 (Bl. 154) hat die Beklagte Einspruch gegen das Versäumnisurteil des OLG Bremen vom 21.9.2005 eingelegt. Wegen der Einspruchsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 7.10.2005 nebst Anlage (Bl. 155-160) sowie auf ihren ergänzenden Schriftsatz vom 25.10.2005 (Bl. 174 f.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil des Senats vom 21.9.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil des Senats vom 21.9.2005 aufrechtzuerhalten.

Der Vortrag der Klägerin im Einspruchsverfahren ergibt sich aus ihrem Schriftsatz vom 19.10.2005 (Bl. 164 f.).

II. Der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Senats vom 21.9.2005 ist zulässig (§§ 338, 339 Abs. 1, 340 ZPO), aber erfolglos. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten im Einspruchsverfahren erweist sich das Versäumnisurteil des Senats vom 21.9.2005 als zutreffend, so dass es zu bestätigen war (§ 343 S. 1 ZPO).

Der Senat hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Bremen vom 27.4.2005 im Wege des Versäumnisurteils zu Recht zurückgewiesen, weil das klagabweisende landgerichtliche Urteil nach wie vor zutrifft. Der Klägerin steht der ihr von dem LG mit Urt. v. 27.4.2005 zugesprochene Zahlungsanspruch gegen die Beklagte i.H.v. 55.801,72 EUR zu. Rechtsgrundlage dieses Anspruchs ist (auch und jedenfalls) § 816 S. 1 BGB. Danach ist in Fällen, in denen ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung trifft, die dem Berechtigten ggü. wirksam ist, der Nichtberechtigte dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet.

Auf der Grundlage des unstreitigen Vorbringens der Parteien im Einspruchsverfahren steht fest, dass die Beklagte den ursprünglich im Eigentum der Klägerin stehenden Pkw Mercedes-Benz SL 350 Roadster mit schriftlichem Kaufvertrag vom 23.4.2004 (Bl. 160) an einen Herrn A. zum Preis von 65.500 EUR verkauft und den Pkw zugleich an den Erwerber übereignet hat. Mit dieser Übereignung hat die Beklagte als Nichtberechtigte eine Verfügung getroffen, die ggü. der Klägerin als Berechtigter wirksam ist.

1. Zum Zeitpunkt der Übereignung des Pkw am 23.4.2004 war die Beklagte nicht Eigentümerin des Pkw Mercedes, so dass sie als Nichtberechtigte verfügt hat. Vielmehr war zu dem genannten Zeitpunkt nach wie vor die Klägerin Eigentümerin des Pkw Mercedes. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Unstreitig war die Klägerin ursprünglich Eigentümerin des fraglichen Pkw. Ihr Eigentum an dem Pkw hat die Klägerin nicht dadurch verloren, dass sie den Pkw nebst Kfz-Brief an ihren Mitarbeiter B. übergeben hat. Unstreitig hat die Klägerin das Fahrzeug an ihren Mitarbeiter B. unter Eigentumsvorbehalt verkauft, wie sich aus den von B. und der Klägerin vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sowie deren Auftragsbestätigung ergibt (Anlagen K 1, K 2, K 4, K 5 = Bl. 5-7, 38-41). Dies nimmt die Beklagte im Einspruchsverfahren auch nicht mehr in Abrede (Einspruchsschrift S. 2 = Bl. 156).

Wie das LG zutreffend ausgeführt hat, hat die Klägerin im wei...

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