Leitsatz (amtlich)

Das Mitglied des Vorstands einer zwar gegründeten, aber noch nicht eingetragenen Aktiengesellschaft, das von deren bereits eingeleiteten Werbemaßnahmen Kenntnis hat und es nach Erlass einer einstweiligen Verfügung ablehnt, eine Abschlusserklärung abzugeben, haftet persönlich für die entstandenen Verfahrenskosten, weil es zumindest rechtsgeschäftsähnlich für die noch nicht bestehende Aktiengesellschaft tätig geworden ist.

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 15.09.2003; Aktenzeichen 4 O 24/2003)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Bremen vom 15.9.2003 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Durch das angefochtene Urteil des LG Bremen vom 15.9.2003 wurde der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 7.505,76 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 1.3.2000 zu zahlen.

Im Rahmen der Berufung trägt der Beklagte vor, das LG Bremen sei örtlich nicht zuständig gewesen, unter dem Gesichtspunkt der Willkür könne die Rüge auch in zweiter Instanz noch geltend gemacht werden. Zudem hafte der Beklagte nicht gem. § 41 Abs. 1 S. 2 AktG, da er nicht rechtsgeschäftlich für die AG i.G. gehandelt habe. Zudem sei eine etwaige Handlung des Beklagten nicht kausal gewesen.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des LG Bremen - 4. Zivilkammer - vom 15.9.2003 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 17.12.2003 (Bl. 91 bis 95 d.A.) und der Klägerin vom 17.6.2004 (Bl. 105 ff. d.A.) verwiesen.

II. Die statthafte (§ 511 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§§ 512, 519, 520 ZPO) Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Die vom Beklagten auch in zweiter Instanz erhobene Zuständigkeitsrüge ist gem. § 513 Abs. 2 ZPO unbeachtlich, da eine Verletzung der Normen über die Zuständigkeiten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht werden kann (BGH v. 10.11.1997 - II ZR 336/96, NJW 1998, 1230). Nach Änderung des § 17 Abs. 2 GVG hat das gem. § 32 ZPO angeblich zuständige Gericht den geltend gemachten Anspruch unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt zu entscheiden, wenn im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ein einheitlicher prozessualer Anspruch geltend gemacht wird (BGH v. 10.12.2002 - X ARZ 208/02, MDR 2003, 345 = BGHReport 2003, 300 = NJW 2003, 828). In diesem Verfahren musste die Frage nicht entschieden werden, ob ausnahmsweise im Rahmen der Berufung eine von erster Instanz willkürlich angenommene Zuständigkeit gerügt werden kann (OLG Oldenburg NJW-RR 1999, 865). Die angegriffene Entscheidung des LG beruht nicht auf einer willkürlichen Annahme der eigenen Zuständigkeit. Willkür setzt voraus, dass die getroffene Entscheidung nicht begründet wurde und eine Begründung auch nicht ersichtlich ist. Hier hat das LG sich inhaltlich ausführlich mit der Frage der Zuständigkeit auseinandergesetzt.

Die Klage ist auch begründet, da der Beklagte im Namen der nicht eingetragenen Aktiengesellschaft gehandelt und daher die fraglichen Prozesskosten zu erstatten hat.

Zwar trat der Beklagte nicht rechtsgeschäftlich namens der nicht eingetragenen Aktiengesellschaft auf, er gab jedoch rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen für die Gesellschaft ab, die gleichfalls die Voraussetzungen der genannten Vorschrift erfüllen (OLG Karlsruhe v. 11.12.1997 - 11 U 20/97, OLGReport Karlsruhe 1998, 146 = GmbHR 1998, 239 = ZIP 1998, 958). Hier warb die nicht eingetragene Aktiengesellschaft in der Badischen Zeitung vom 24.6.1999 in unzulässiger Art und Weise unter Verwendung der Marke "1x1". Daraufhin erwirkte die Klägerin unter dem 23.7.1999 eine einstweilige Verfügung gegen die Aktiengesellschaft. Dennoch war die Aktiengesellschaft nicht bereit zur Abgabe der Abschlusserklärung, daher wurde am 22.9.1999 Hauptsacheklage beim LG Bremen erhoben. Der Beklagte persönlich teilte den früheren Bevollmächtigten der Klägerin gem. Schreiben vom 8.10.1999 (Bl. 4 d.A.) mit, der Scheck wegen der festgesetzten Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens werde übersandt, des Weiteren sehe man der Hauptverhandlung mit großem Interesse entgegen. Aus dem zuletzt genannten Schreiben des Beklagten persönlich folgt nach Auffassung des Senats eindeutig, dass dieser über die unzulässigen Werbemaßnahmen der Aktiengesellschaft informiert war und diese auch billigte und für richtig hielt. Mithin war er für die rechtsgeschäftsähnliche Handlung der Aktiengesellschaft - die Werbemaßnahme - persönlich verantwortlich i.S.d. § 41 Abs. 1 S. 2 Aktiengesetz.

Die zudem vom Beklagten angesprochene Frage, ob die Aktiengesellschaft bei Klagerhebung über ausreichendes Kapital verfügte, ist irrelevant, da es im Rahmen des § 41 Abs. 1 S. 2 Aktiengesetz hierauf nicht ankommt. Gleichfalls ist es ohne Bedeutung, ob ...

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