Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Berechnung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten, wenn mehrere Beteiligte (Parteien, Nebenintervenient) mit jeweils unterschiedlicher Beteiligung am Rechtsstreit durch einen gemeinsamen Anwalt vertreten werden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Vertritt ein Anwalt sowohl die Hauptpartei als auch den Nebenintervenienten, so handelt es sich, wenn der Nebenintervention derselbe Sachverhalt zugrunde liegt, gebührenrechtlich um dieselbe Angelegenheit und es kann nicht für beide Beteiligte einzeln abgerechnet werden, sondern es ist stattdessen nur eine Mehrvertretungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG anzusetzen.

2. Sind mehrere durch denselben Anwalt vertretene Parteien in unterschiedlichem Umfang an der jeweiligen Angelegenheit beteiligt, so kann die Aufteilung der insgesamt entstandenen Anwaltsgebühren auf diese Parteien nicht ohne weiteres nach Kopfteilen erfolgen.

3. Bei Vertretung mehrerer in unterschiedlichem Umfang an der jeweiligen Angelegenheit beteiligter Parteien durch denselben Anwalt ist zur Bestimmung der auf die einzelnen Parteien entfallenden Anwaltsgebühren im Zweifel grundsätzlich die unterschiedliche Beteiligung der jeweils Beteiligten an der betreffenden Angelegenheit zu berücksichtigen, um den auf jeden einzelnen Beteiligten alleine sowie als Anteil seiner gesamtschuldnerischen Haftung entfallenden Gebührenanteil zu bestimmen.

4. Bei Vertretung mehrerer in unterschiedlichem Umfang an der jeweiligen Angelegenheit beteiligter Parteien durch denselben Anwalt ist zur Bestimmung der auf die einzelnen Parteien entfallenden Anwaltsgebühren auch die Vorsteuerabzugsberechtigung für jeden Beteiligten einzeln zu berücksichtigen.

 

Normenkette

RVG § 7 Abs. 1, § 13; VV RVG Nr. 1008

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Aktenzeichen 7 O 1097/14)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin und der Drittwiderbeklagten als Beschwerdeführer gegen den Zwischenbeschluss des Landgerichts Bremen vom 30.06.2017 über die Festsetzung der Beträge der außergerichtlichen Kosten der Verfahrensbeteiligten wird der angefochtene Beschluss teilweise aufgehoben und es werden die außergerichtlichen Kosten der Beklagten, des Drittwiderklägers und der Nebenintervenientin als Beschwerdegegner wie folgt festgestellt:

1. Instanz

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten betragen EUR 1.088,92.

Die außergerichtlichen Kosten des Drittwiderklägers betragen EUR 592,86.

Die außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin betragen EUR 985,46.

2. Instanz

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten betragen EUR 550,73.

Die außergerichtlichen Kosten des Drittwiderklägers betragen EUR 462,80.

Die außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin betragen EUR 462,80.

II. Die Beschwerdegegner tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

IV. Der Gebührenstreitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 2.859,53 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin und die Drittwiderbeklagte wenden sich als Beschwerdeführer gegen einen Zwischenbeschluss des Landgerichts Bremen vom 30.06.2017 im Kostenfestsetzungsverfahren, mit dem das Landgericht die Beträge der außergerichtlichen Kosten der Verfahrensbeteiligten festgesetzt hat.

Dem Kostenfestsetzungsverfahren liegt folgender Verfahrensgang im Rahmen eines Klagverfahrens mit der wechselseitigen Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Verkehrsunfall zugrunde: Die Klägerin hatte vor dem Landgericht Bremen Klage gegen die Beklagte auf Zahlung von EUR 10.779,64 zzgl. Zinsen und Nebenforderungen erhoben. Die Beklagte, zu deren Unterstützung hinsichtlich ihres Klagabweisungsantrags die Nebenintervenientin dem Prozess beigetreten ist, hat neben der Klagabweisung widerklagend die Zahlung von EUR 500,- von der Klägerin und der Drittwiderbeklagten verlangt. Der Drittwiderkläger schließlich hat die Zahlung von EUR 11.8787,67 vom Kläger und der Drittwiderbeklagten verlangt, nachdem er zuvor schriftsätzlich eine Forderung von EUR 12.807,07 erhoben hatte. Diese Forderung hatte der Drittwiderkläger zuvor durch seine spätere Prozessbevollmächtigte bereits außergerichtlich gegen den die Drittwiderbeklagte geltend gemacht. Die Klägerin und die Drittwiderbeklagte (die jetzigen Beschwerdeführer) wurden von einem gemeinsamen Prozessbevollmächtigten vertreten, ebenso die Beklagte, der Drittwiderkläger und die Nebenintervenientin (die jetzigen Beschwerdegegner).

Mit Urteil vom 11.06.2015 hat das Landgericht Bremen die Klage und die Widerklage abgewiesen und der Drittwiderklage in Höhe von EUR 10.857,11 teilweise stattgegeben. In der Kostenentscheidung hat das Landgericht Bremen hinsichtlich sämtlicher Prozessbeteiligter eine differenzierte Verteilung ihrer außergerichtlichen Kosten vorgenommen, die deren unterschiedliche Beteiligung am Rechtsstreit sowie deren unterschiedlichen Unterliegens- bzw. Obsiegensanteile berücksichtigt. Den Gegenstandswert hat das Landgericht im Urteil vom 11.06.2015 festgesetzt auf insgesamt EUR 24.086,71 und dabei nach dem Betrag der Klagforderung (EUR 10.7...

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