Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwertberechnung bei der Geltendmachung entgangenen Anlagezinses

 

Leitsatz (amtlich)

Verlangt ein angeblich falsch beratener Anleger in einen Gesellschaftsanteil den für den Anteil gezahlten Betrag nebst Agio zurück und macht er mit einem gesonderten bezifferten Klagantrag auf diese Forderung für die Zeit vor Verzugseintritt einen mit 4 % p.a. bemessenen entgangenen "Gewinn nach § 252 BGB" geltend, so ist dieser entgangene Anlagezins Nebenforderung i.S.d. § 43 Abs. 1 GKG und daher nicht streitwerterhöhend.

 

Normenkette

GKG § 43 Abs. 1, § 68; RVG § 32 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Beschluss vom 08.04.2013; Aktenzeichen 1 O 2076/11)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des LG Bremen vom 8.4.2013 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

 

Gründe

I. Der Kläger hat die Beklagte vor allem wegen nicht anleger- und objektgerechter Beratung auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

Der Kläger hatte sich auf Vermittlung eines für die Beklagte tätigen Handelsvertreters gemäß Zeichnungsschein vom 18.1.2001 mit einem Anteil von DM 50.000 an der I.-GmbH & Co. 2. Produktions KG beteiligt und ferner eine Abwicklungsgebühr von DM 2.500 gezahlt.

Im vorliegenden Prozess hat er der Beklagten insbesondere vorgeworfen ihm verschwiegen zu haben, dass dieser für die Vermittlung eine 15 % des Anlagekapitals übersteigende Provision zugeflossen sei.

Seinen "Hauptsacheschaden nach § 249 BGB" hat der Kläger im Klagantrag zu 1. mit EUR 23.008,13, zu verzinsen ab 29.10.2011 (angeblicher Verzugsbeginn), berechnet ( EUR 26.842,82 für Gesellschaftsanteil und Agio abzgl. EUR 3.834,69 Ausschüttungen). Er hat ferner im Antrag zu 2. die Feststellung begehrt, dass sich der Beklagte mit der Annahme der Gesellschaftsanteile in Annahmverzug befinde, sowie mit dem Klagantrag zu 3. "entgangenen Gewinn nach § 252 BGB" von EUR 6.646,80 geltend gemacht. Hierbei hat er entsprechend § 246 BGB mit einer Verzinsung von 4 % auf einen Betrag von EUR 16.616,98 ( EUR 23.008,13 abzgl. hier angerechneter Steuervorteile von EUR 6.391,15) gerechnet; der der Berechnung zugrunde gelegte Zeitraum ist nicht angegeben. Zudem hat er die Erstattung vorgerichtlicher Kosten beantragt (Klagantrag zu 4.).

Den Streitwert hat der Kläger in der Klagschrift mit "vorläufig EUR 29.654,92" beziffert.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 14.12.2012 die Klage zurückgenommen

Das LG Bremen hat in dem Kostenbeschluss vom 8.4.2013 den Streitwert auf EUR 23.008,13 festgesetzt. Der Feststellungsantrag zu 2. habe keinen eigenen Wert. Auch der Klagantrag zu 3. mit dem dort geltend gemachten Wiederanlageschaden sei im Anschluss an die Entscheidung des BGH vom 8.5.2012 (XI ZR 261/10, NJW 2012, 2446, 2447) als Nebenforderung i.S.d. § 4 ZPO anzusehen, was näher erläutert wird.

Mit der hiergegen im eigenen Namen eingelegten Beschwerde wenden die Prozessbevollmächtigten der Beklagten unter Hinweis auf diverse Gerichtsentscheidungen ein, es handele sich nicht um eine Nebenforderung, sondern um eine eigenständige Schadensposition, die daher bei der Streitwertbemessung zu berücksichtigen sei.

Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 12.6.2013 nicht abgeholfen.

II. Die Streitwertbeschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist gem. §§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, 68 Abs. 1 GKG zulässig, aber nicht begründet. Der Senat teilt die Auffassung des LG, dass der Klagantrag zu 3. auf Zahlung von EUR 6.646,79 "als Wiederanlageschaden" eine Nebenforderung i.S.d. § 43 Abs. 1 GKG darstellt und daher bei der Streitwertfestsetzung nicht zu berücksichtigen ist:

Nach § 43 Abs. 1 GKG (ebenso nach § 4 Abs. 1 ZPO) werden neben einer Hauptforderung als Nebenforderung geltend gemachte Zinsen bei der Streitwertbemessung nicht berücksichtigt.

Der vom Kläger im Klagantrag zu 3. geltend gemachte Betrag von EUR 6.646,80 ist eine Zinsforderung in diesem Sinne.

Zinsen im Rechtssinne sind die Vergütung für den Gebrauch eines überlassenen Kapitals und von dessen Laufzeit abhängig (s. z.B. BGH NJW-RR 1992, 591, 592). Dabei kommt es auf den Rechtsgrund für die Zinsschuld nicht an, so dass auch über den gesetzlichen Verzugszins hinausgehende und als weitere Verzugsschäden gem. § 288 Abs. 4 BGB geltend gemachte Zinsforderungen Nebenforderungen sind (so bereits RGZ 158, 350, 351 zu § 4 ZPO). Gleiches gilt für die auf ein überlassenes Kapital für einen vor Verzugseintritt liegenden Zeitraum geltend gemachte Zinsforderung, weil nur Schäden, die in anderer Form als der eines Zinsschadens geltend gemacht werden, von § 43 Abs. 1 GKG, 4 Abs. 1 ZPO nicht erfasst werden (s. BGH NJW 2012, 2446 f., Tz. 14, BGH, Beschluss 15.1.2013 - XI ZR 370/11, BeckRS 2013, 02155; RGZ, a.a.O.).

Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Zinsen für abgelaufene Zeiträume bereits errechnet worden sind und als Kapitalbetrag geltend gemacht werden (s. BGH NJW-RR 2000, 1015; MDR 1998, 857, 858 a.E.); entscheidend ist allein, ...

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