Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersatzanspruch des Hausratversicherers gegen den Schädiger bei Wohnungsbrand nach Rauchen im Bett

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Hausratversicherer, der dem Versicherungsnehmer nach einem Brandschaden den Schaden ersetzt hat, kann vom Schädiger Ersatz verlangen, wenn dieser den Schaden durch grob fahrlässigen Umgang mit einer brennenden Zigarette beim Rauchen im Bett verursacht hat.

2. Grob fahrlässig in diesem Sinne handelt, wer sich mit einer brennenden Zigarette zum Schlafen ins Bett begibt und während des Rauchens einschläft.

3. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit entfällt nicht dadurch, dass der Schädiger nach Inbrandsetzung der Matratze den Brand bemerkt und einen untauglichen Löschversuch vornimmt, dadurch die Ausbreitung des Brandes auf die Wohnung aber nicht verhindert.

 

Normenkette

VVG § 86 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1-2; StGB §§ 306a, 306d

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Aktenzeichen 4 O 191/11)

 

Tenor

1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten aus den auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens für zutreffend gehaltenen Gründen der

angefochtenen Entscheidung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte erhält gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO eine Frist zur

Stellungnahme von zwei Wochen.

4. Der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz wird auf EUR 28.054,17 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht übergegangene Schadensersatzansprüche wegen eines Brandereignisses gegen die Beklagte geltend.

Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Schadensfalles Hausratversicherer für das Wohnhaus [...] in [...]. Versicherungsnehmer war der geschiedene Ehemann der Beklagten. Im Zeitpunkt des Schadenseintritts wohnte die Beklagte noch in dem Haus und war dort allein. Am 30.11.2009 legte sie sich mit einer brennenden Zigarette ins Bett und schlief ein. Als sie gegen 1:00 Uhr aufwachte, bemerkte sie, dass sich auf der Matratze ein Schmorbrand entwickelte. Sie versuchte den Brand mit Cola zu löschen, legte die Matratze in die Badewanne und ging wieder schlafen. Die Matratze schmorte jedoch weiter und verursachte schließlich einen Brand des Wohnhauses, bei dem erheblicher Sachschaden entstand. Nach dem von der Klägerin eingeholten Gutachten des Sachverständigen H. vom 3.9.2010 betrug der Neuwertschaden EUR 36.871,00. Der Zeitwertschaden wurde mit EUR 24.273 beziffert. Für das Gutachten stellte der Sachverständige EUR 3.781,17 in Rechnung. Die Klägerin zahlte an den Versicherungsnehmer EUR 29.000,00.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte den Zeitwertschaden geltend. Sie hat dazu behauptet, dass bei der Schadenermittlung nur die geschädigten Gegenstände des Versicherungsnehmers erfasst worden seien. Für diesen Schaden sei die Beklagte verantwortlich, weil sie den Brand grob fahrlässig herbeigeführt habe.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 28.054,17 nebst näher bezifferter Zinsen zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat das Bestehen einer Ersatzpflicht bestritten. Es liege schon keine schuldhafte Handlung vor, weil sie unter dem Einfluss ärztlich verordneter Medikamente gestanden habe, die ihre Schuldfähigkeit aufgehoben hätten. Zudem sei der Brand nicht durch das Rauchen entstanden, sondern dadurch, dass nicht erkannt worden sei, dass sich in der Matratze Glutnester befunden hätten. Sie habe auch davon ausgehen können, dass ihr Löschversuch erfolgreich sein würde. Die von der Klägerin behauptete Höhe des Schadens hat die Beklagte mit Nichtwissen bestritten.

Durch Urteil vom 18.11.2011 hat das LG der Klage statt gegeben. Die Beklagte habe den Brand grob fahrlässig verursacht, weil sie ins Bett gegangen sei, um zu schlafen, dabei geraucht habe und mit der brennenden Zigarette eingeschlafen sei. Der misslungene Löschungsversuch führe nicht zu einer beachtlichen Unterbrechung des Kausalverlaufs. Anhaltspunkte für einen geringeren Verschuldensgrad lägen nicht vor. Das Bestreiten der Höhe des geltend gemachten Schadens mit Nichtwissen sei unsubstantiiert.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Unzutreffend sei das LG zu dem Ergebnis gelangt, dass sie, die Beklagte, grob fahrlässig gehandelt habe. Dabei sei nicht beachtet worden, dass die Matratze als Brandherd zwischenzeitlich in einen anderen Raum verbracht worden, wo es erst 6 Stunden später zu dem Brand gekommen sei. Aus welchem Grunde hier noch grobe Fahrlässigkeit anzunehmen sein solle, lasse sich der Entscheidung nicht entnehmen. Das LG berücksichtige zudem nicht, dass in derartigen Fällen nach der Rechtsprechung regelmäßig von einem Regressverzicht des Versicherers auszugehen sei. Weiterhin sei das LG zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie, die Beklagte, die Höhe des Schadens nicht lediglich mit Nichtwissen habe bestreiten dürfen.

Die Beklagte beantragt, unte...

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