Entscheidungsstichwort (Thema)

Das Recht am eigenen Bild ist kein Urheberrecht im Sinne der §§ 104, 105 UrhG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Streitigkeiten über Ansprüche aus dem Recht am eigenen Bild im Sinne der §§ 22 ff. KunstUrhG sind keine Urheberrechtsstreitigkeiten im Sinne der §§ 104, 105 UrhG; für Ansprüche nach dem Kunsturhebergesetz besteht keine gesetzliche Konzentrationsregelung (Abgrenzung zu OLG Brandenburg, Beschluss vom 7. November 2017 - 1 AR 35/17 [SA Z] -).

2. Im Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts kommt eine Divergenzvorlage nur dann in Betracht, wenn das Oberlandesgericht im Sinne von § 36 Abs. 2 ZPO an Stelle des Bundesgerichtshofs entscheidet, nicht jedoch im Falle seiner originären Zuständigkeit als das im Rechtszug nächst höhere gemeinschaftliche Gericht gemäß § 36 Abs. 1 ZPO.

3. Bei der Frage, ob eine Sonderzuständigkeit gemäß § 105 UrhG vorliegt, handelt es sich um eine Frage der funktionellen Zuständigkeit; diesbezüglich entfaltet ein Verweisungsbeschluss keine Bindungswirkung im Sinne des § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO.

 

Normenkette

GG Art. 1-2; JusGerZustV ND § 6 Abs. 2; KunstUrhG § 22; RVG § 16 Nr. 3a; UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 5, §§ 60, 104-105; ZPO §§ 12, 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2-3, § 281 Abs. 2 S. 4

 

Tenor

Zuständig ist das Amtsgericht Northeim.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist Fotomodell und macht Ansprüche aus dem Recht am eigenen Bild geltend, weil die Beklagte auf der Homepage ihres Friseursalons ein Bild der Klägerin verwendet hat. Die Klägerin hat zuvor vor dem Landgericht Göttingen das Versäumnisurteil vom 9. November 2018 (- 9 O 6/18 -, Anlage K 3, Bl. 24 f. d.A.) erwirkt, in dem die Beklagte zur Unterlassung und Auskunft über die Dauer der Nutzung verurteilt worden ist; ferner wurde in dem Versäumnisurteil festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Nutzung des Bildes entstanden ist und künftig noch entsteht.

Das in der hiesigen Sache zunächst angerufene Amtsgericht Northeim hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 20. Juni 2019 (- 3 C 62/19 -, Bl. 99 f. d.A.) an das Amtsgericht Braunschweig verwiesen, weil es sich um eine Urheberrechtssache im Sinne des § 105 UrhG handele und damit die Zuständigkeit des Amtsgerichts Braunschweig gemäß § 6 Abs. 2 der niedersächsischen Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten in der Gerichtsbarkeit und der Justizverwaltung (ZustVO-Justiz) bestehe. Es handele sich um ein Lichtbild im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG.

Das Amtsgericht Braunschweig hat sich mit Beschluss vom 2. Juli 2019 (Bl. 102 f. d.A.) für örtlich unzuständig erklärt und die Sache gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO dem Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Northeim sei nicht bindend im Sinne des § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO; das Amtsgericht Northeim habe sich hartnäckig den von der Klägerin sorgfältig und überzeugend dargelegten Gründen für seine örtliche Zuständigkeit verschlossen; die Begründung seiner Entscheidung wirke konstruiert; es handele sich eindeutig um einen Streit nach § 22 KunstUrhG; die vom Amtsgericht Northeim angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs betreffe gerade die Rechte eines Fotografen und nicht - wie hier - die Rechte der abgebildeten Person.

II. Das Amtsgericht Northeim ist gemäß §§ 12 ff. ZPO das zuständige Gericht. Eine Sonderzuständigkeit des Amtsgerichts Braunschweig besteht nicht.

1. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Das Amtsgericht Northeim hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 20. Juni 2019 an das Amtsgericht Braunschweig verwiesen. Dieses hat die Sache mit Beschluss vom 2. Juli 2019 dem Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

2. Die Ansprüche, die die Klägerin geltend macht, sind keine solchen aus einer Urheberrechtsverletzung, sondern solche aus dem Recht am eigenen Bild; deshalb besteht keine Sonderzuständigkeit des Amtsgerichts Braunschweig gemäß § 105 UrhG i.V.m. § 6 Abs. 2 ZustVO-Justiz.

a) Die Klägerin hat ihre Klage ausdrücklich nicht auf Urheberrechte gestützt; sie hat vielfach deutlich gemacht, dass sie nicht Urheberin der von der Beklagten genutzten Fotografie ist. Aus der Klageschrift und den weiteren Schriftsätzen geht eindeutig hervor, dass die Klägerin die abgebildete Person ist und Schadensersatz aus Verletzung des Rechts am eigenen Bild geltend macht. Auf den Hinweis mit Beschluss des Amtsgerichts Northeim vom 7. Mai 2019 (Bl. 87 d.A.), dass es sich offenbar um eine Urheberrechtssache handele, führte die Klägerin mit Schriftsatz vom 13. Mai 2019 unter anderem aus (Bl. 90 d.A., Hervorhebungen im Original):

Die Klägerin macht ausschließlich Ansprüche aus Ihrem Recht am eigenen Bild geltend. ... Solche Streitigkeiten sind jedoch ... keine Urheberrechtsstreitigkeiten im Sinne des § 105 UrhG (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 18.03.2004, Az. 1Z AR 020/04, m.w.N.).

Auf den Hinweis mit Beschluss des Amtsgerichts Northei...

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