Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrenswert einer unter geschiedenen Ehegatten verlangten Nutzungsentschädigung

 

Leitsatz (amtlich)

Es entspricht regelmäßig billigem Ermessen, den Wert eines gegen den geschiedenen Ehegatten geltend gemachten Anspruchs auf Nutzungsentschädigung auf den 12-fachen Betrag der geforderten monatlichen Leistung festzusetzen.

 

Normenkette

BGB § 745 Abs. 2; FamGKG § 42 Abs. 1, § 51 Abs. 1, § 48; GKG § 48 Abs. 1, § 41 Abs. 1-2, 5; ZPO §§ 3, 9

 

Verfahrensgang

AG Wolfenbüttel (Aktenzeichen 20 F 1072/15)

 

Tenor

Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 13.911,36 EUR festgesetzt. Für den vor dem Güterichter abgeschlossenen Vergleich vom 09.11.2016 wird der Wert auf insgesamt 63.911,36 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten, die seit dem 17.04.2007 geschiedene Eheleute sind, sind weiterhin gemeinsame Eigentümer des ehemaligen Familienheims Bahnhofsweg 15 in 38329 Wittmar, das seit der Trennung im Jahr 2005 von der Antragsgegnerin - zunächst mit den gemeinsamen Kindern, mittlerweile allein - bewohnt wird.

Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller eine Nutzungsentschädigung für die Zeit ab Mai 2015 in Höhe von monatlich 450,00 EUR sowie für die von ihm getragenen Finanzierungslasten einen Gesamtschuldnerausgleich in Höhe von monatlich 212,91 EUR ab April 2015 verlangt, ferner einen aus beiden Positionen errechneten Rückstandsbetrag.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 13.05.2016 hat das AG - Familiengericht - Wolfenbüttel dem Antragsteller für die Zeit ab Mai 2016 eine Nutzungsentschädigung in Höhe von monatlich 350,00 EUR zugesprochen und den Antrag für die davor liegende Zeit und die weiter gehende Forderung zurückgewiesen; den Anträgen auf Zahlung eines Gesamtschuldnerausgleichs und auf die geltend gemachten Rückstände hat das AG ebenfalls teilweise stattgegeben.

Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.

Nach Durchführung einer Mediationsverhandlung bei dem Güterichter des Oberlandesgerichts haben die Beteiligten eine Vereinbarung getroffen, die mit Beschluss vom 09.11.2016 festgestellt wurde. Dabei haben sich die Beteiligten auf eine Übernahme der Immobilie durch den Antragsteller nach Einholung eines Wertgutachtens, über eine Ausgleichszahlung und über die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Zeit bis zur Herausgabe des Grundstücks an den Antragsteller geeinigt. In der Güterichterverhandlung haben die Beteiligten für das Beschwerdeverfahren einen Wert von 15.700,00 EUR und für den Vergleich einen Mehrwert von 50.000,00 EUR vorgeschlagen.

II. Nachdem die Beteiligten das Verfahren nach einer Verhandlung vor dem Güterichter am 18.10.2016 durch den im Güterichterverfahren mit Beschluss vom 09.11.2016 festgestellten schriftlichen Vergleich beendet haben, ist der Wert für das Beschwerdeverfahren und den abgeschlossenen Vergleich festzusetzen.

1. Beschwerdewert:

a) laufende Nutzungsentschädigung

Welcher Verfahrenswert für einen nach der Trennungszeit aus § 745 Abs. 2 BGB geltend gemachten Anspruch auf Nutzungsentschädigung festzusetzen ist, wird in der Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet.

Nach einer Ansicht bemisst sich der Verfahrenswert für einen solchen Entschädigungsanspruch auch im Nachscheidungsfall nach § 48 FamGKG, der für Ansprüche auf Nutzungsvergütung während der Trennung gemäß § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB einen Regelverfahrenswert von 3.000,00 EUR vorsieht (OLG Hamm FamRZ 2013 1421; FamRZ 2011, 892).

Nach überwiegender Ansicht enthält das Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG) keine Wertvorschrift für Ansprüche gemäß § 745 Abs. 2 BGB, so dass der Verfahrenswert gemäß § 42 Abs. 1 FamGKG nach billigem Ermessen zu bestimmen ist.

Hierzu wird teilweise an die §§ 48 GKG, 9 ZPO angeknüpft und der 3 1/2-fache Jahresbetrag der verlangten Nutzungsvergütung festgesetzt (OLG Frankfurt FamRZ 2014, 1732; so auch vor Einführung des FamGKG OLG Hamm FamRZ 2008, 1208; OLG Celle NdsRpfl 2000, 319), während nach anderer Auffassung die für Unterhaltssachen anzuwendende Regelung des § 51 FamGKG entweder analog oder nach seinem Rechtsgedanken herangezogen und der Verfahrenswert nach dem Jahresbetrag der geforderten Nutzungsvergütung bemessen wird (OLG des Landes Sachsen-Anhalt - Naumburg -, Beschluss vom 02.09.2014, 3 UF 229/13 - juris; Schneider/Herget-Thiel, Streitwertkommentar, 14. Aufl., 2016, Rn. 8027q; Meyer, Kommentar zum GKG/FamGKG, 14. Aufl., § 48 FamGKG Rn. 2).

Die Anwendung von § 48 FamGKG schließt der Senat aus. Bei dem Anspruch auf Nutzungsentschädigung gemäß § 745 Abs. 2 BGB handelt es sich nicht um eine Ehewohnungssache im Sinne des § 200 FamFG, sondern um eine sonstige Familienstreitsache nach § 266 FamFG. Während Ansprüche auf Nutzungsvergütung während der Trennungszeit gemäß § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB im Wohnungszuweisungsverfahren geltend gemacht werden können, ist diese Möglichkeit für entsprechende Ansprüche nach der Scheidung in § 1568a BGB gerade nicht vorgesehen (vgl. OLG Naumburg a.a...

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