Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung des Vormunds bei fehlender Verpflichtung aus Gründen des Vertrauensschutzes

 

Leitsatz (amtlich)

Die Tätigkeit eines Vormunds ist trotz fehlender förmlicher Verpflichtung zu vergüten, wenn er aufgrund der Verfahrensführung des Gerichts davon ausgehen durfte, dass dort ein sofortiges Tätigwerden als erforderlich angesehen wurde.

 

Normenkette

BGB § 1835 Abs. 1, 4, § 1835a Abs. 1, 3, §§ 1836, 1791a, 1789, 242; FamFG § 58 ff; RPflG § 11 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Wolfenbüttel (Beschluss vom 01.03.2017; Aktenzeichen 21 F 2193/16)

 

Tenor

Die Beschwerde des Landes Niedersachsen vom 14.03.2017 gegen den Beschluss des AG Wolfenbüttel vom 01.03.2017 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Land Niedersachsen auferlegt.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.552,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit Beschluss des AG - Familiengericht - Braunschweig vom 12.01.2016 in dem Kindschaftsverfahren zu Az. 252 F 6/16 SO ist die Vormundschaft für den betroffenen Jugendlichen angeordnet und der P. einer Betreuungsverein e.V. zum Vormund bestimmt worden. In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass Eilbedürftigkeit bestehe, da angesichts der bis zum 28.01.2016 befristeten Duldung für den allein nach Deutschland eingereisten Minderjährigen behördliche Angelegenheiten zu erledigen seien. Der dem Betreuungsverein am 15.01.2016 zugegangene Beschluss wurde auf den dortigen telefonischen Hinweis mit weiterem Beschluss des Familiengerichts vom selben Tag wegen offensichtlicher Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass Frau Leonie K. rawehl als Mitarbeiterin des P. einer Betreuungsverein e.V. zum Vormund bestellt wurde, die das Amt berufsmäßig ausübe. Dieser Beschluss vom 15.01.2016 wurde dem Vormund am 29.02.2016 zugestellt; das Empfangsbekenntnis wurde mit dem handschriftlichen Zusatz, dass der Vergütungsanspruch ab dem 15.01.2016 bestehe, an das AG Braunschweig zurückgesandt. Von dort wurde daraufhin zu Az. 253 F 4/16 VM die Urkunde über die Bestellung von Frau K. rawehl zum Vormund ausgefertigt und am 01.03.2016 an diese übersandt. Über ihre Tätigkeit als Vereinsvormund für den betroffenen Jugendlichen hat sie mit Schreiben vom 21.03.2016 berichtet und mit weiterem Schreiben vom 19.04.2016 die Vergütung für ihre Aufwendungen in der Zeit vom 21.01.2016 bis Ende März 2016 geltend gemacht.

Mit Beschluss des AG Braunschweig vom 28.04.2016 wurde das Verfahren an das AG Wolfenbüttel abgegeben, wo es unter dem obigen Aktenzeichen geführt wird und mit Verfügung vom 28.06.2016 dem Vormund die mit Schreiben vom 19.04.2016 geltend gemachte Vergütung i.H.v. 644,22 EUR überwiesen wurde. Mit gesondertem Schreiben vom 13.07.2016 erbat das Gericht die Rückzahlung des Betrages, da Frau K. rawehl nicht wirksam als Vormund verpflichtet und die Anweisung für den Zeitraum bis 31.03.2016 daher zu Unrecht erfolgt sei. In den Stellungnahmen vom 20.07.2016, 28.07.2016 und 22.09.2016 hat der P. einer Betreuungsverein e.V. dazu mitgeteilt, dass Vereinsvormünder bei dem AG Braunschweig wie auch beim AG Peine nicht verpflichtet würden, sondern die Bestellung bereits mit Bekanntgabe der Beschlüsse an die Vormünder wirksam werde, womit der Vergütungsantrag ab dem Folgetag der Bekanntgabe bestehe. Dementsprechend sei auch im vorliegenden Fall die Bestallungsurkunde zur Herstellung der Handlungsfähigkeit ohne gesonderte persönliche Verpflichtung übersandt worden. Eine Rückforderung der gezahlten Vergütung für Tätigkeiten, die im Glauben an die Wirksamkeit der Bestellung erbracht worden seien, sei nicht gerechtfertigt.

Für die Monate April bis Juni 2016 und Juli bis September 2016 hat der Vormund mit Schreiben vom 20.07.2016 und 05.10.2016 weitere Vergütungen geltend gemacht. Dazu hat die Bezirksrevisorin mit Schreiben vom 14.09.2016, auf welches wegen der Einzelheiten verwiesen wird, Stellung genommen und die das Sorgerechtsverfahren zu Az. 252 F 6/16 SO führende Richterin des AG Braunschweig auf Nachfrage des AG Wolfenbüttel hat am 12.12.2016 zum Erlass des Beschlusses vom 15.01.2016 vermerkt, dass nach § 1791a BGB hätte entschieden werden müssen. Zwischenzeitlich ist Frau K. rawehl zu Protokoll des AG Wolfenbüttel vom 30.08.2016 im vorliegenden Verfahren als Vormund mittels Handschlag verpflichtet worden.

Mit Beschluss vom 01.03.2017 hat das AG Wolfenbüttel die dem Vormund aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung für die Zeit vom 01.04.2016 bis 30.09.2016 aufgrund der Anträge vom 20.07.2016 und 05.10.2016 auf 1.887,78 EUR festgesetzt und angeordnet, dass eine Rückforderung für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis 31.03.2016 nicht stattfinde. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Vormund aufgrund der Einrichtung der Vormundschaft mit Beschluss vom 12.01.2016 darauf habe vertrauen dürfen, dass damit auch ein Vergütungsanspruch wegen festgestellter berufsmäßiger Führung der Vormundschaft gem. § 1836 Abs. 1 S. 2 BGB beste...

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