Verfahrensgang

AG Wetzlar (Beschluss vom 06.12.2016; Aktenzeichen 616 F 1222/15)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 13.12.2017; Aktenzeichen XII ZB 436/17)

 

Tenor

Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wetzlar vom 6.12.2016 wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 216,93 EUR

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten des Beschwerdeverfahrens streiten um die Höhe des der Beteiligten zu 3., Pflegerin und Mitvormündin des in der zugrundeliegenden Kindschaftssache betroffenen Jugendlichen, zugebilligten Vergütungsanspruchs.

Mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main vom 1.07.2015 zu Az. 10 wurde das Jugendamt der Stadt1 im Wege der einstweiligen Anordnung zum vorläufigen Pfleger für den betroffenen Minderjährigen bestellt, die Beteiligte zu 3. zur (Mit-)Pflegerin mit dem Wirkungskreis "ausländer- und asylrechtliche Betreuung". Am 15. Juli 2015 erfolgte ihre Verpflichtung unter Übergabe der Bestallungsurkunde.

Mit weiterem Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main vom 21.08.2015 zu Az. 11 wurde das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt und Vormundschaft angeordnet, die Beteiligte zu 3. nunmehr neben dem Jugendamt zum berufsmäßigen Mitvormund mit dem Aufgabenkreis "ausländer- und asylrechtliche Betreuung" bestellt. Mit Verfügung der Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht vom 25.08.2015 wurde ihr die Bestallungsurkunde als Mitvormund übersandt. Sie wurde zugleich um Rücksendung der Bestallungsurkunde als Pflegerin gebeten. Unter dem 1.09.2015 reichte sie die erste Bestallung zurück. Unter dem 9.10.2015 rechnete sie gegenüber dem Amtsgericht Frankfurt am Main Dolmetscherkosten für ein am 9.09.2015 geführtes Gespräch mit dem betroffenen Jugendlichen ab. Der Betrag wurde am 14.10.2015 antragsgemäß angewiesen. Mit weiterem Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main zu Az. 12 vom 1.12.2015 in Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17.12.2015 wurde an Stelle des Jugendamts der Stadt1 das Jugendamt des X-Kreises mit Sitz in Stadt2 zum neuen Vormund für den Jugendlichen bestellt. Ferner erklärte sich das Amtsgericht - Familiengericht - Frankfurt am Main wegen des inzwischen erfolgten Aufenthaltswechsels des Jugendlichen für örtlich unzuständig und gab die Sache an das Amtsgericht - Familiengericht - Wetzlar ab. Mit Beschluss vom 3.02.2016 zu Az. 616 F 1222/15 VM des Amtsgerichts - Familiengericht - Wetzlar stellte die zuständige Rechtspflegerin fest, dass die Vormundschaft wegen Erreichens der Volljährigkeit des Mündels beendet war.

Unter dem 9.09.2016 rechnete die Beteiligte zu 3. gegenüber dem Amtsgericht - Familiengericht - Wetzlar ihren Zeitaufwand von insgesamt 468 Minuten mit einem Betrag von 269,97 ab. Der überwiegende Teil des abgerechneten Aufwands entfällt dabei auf Tätigkeiten, die nach dem 1.09.2015 ausgeführt wurden. Auf den weiteren Inhalt der Abrechnung wird verwiesen. Nach geringfügiger Teilrücknahme des Vergütungsantrages durch die Beteiligte zu 3. auf einen Gesamtbetrag von 261,60 EUR und Anhörung des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Limburg a. d. Lahn setzte die Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht die Vergütung mit Beschluss vom 24.10.2016 auf 44,67 EUR fest, wies den Antrag im Übrigen zurück und begründete dies im Wesentlichen damit, der von der Beteiligten zu 3. nach dem 01.09.2015 betriebene Zeitaufwand könne von ihr mangels wirksamer Verpflichtung zur Vormündin nicht abgerechnet werden. Ihre für den 01.09.2015 abgerechnete Tätigkeit "Posteingang und Schreiben ans AG" könne darüber hinaus nicht mit den angesetzten 35, sondern nur mit 20 Minuten berücksichtigt werden. Zu dieser Position fehle es bereits an Vortrag, der einen höheren Zeitaufwand rechtfertige.

Gegen die ihr am 27. Oktober 2016 zugestellte Entscheidung legte die Beteiligte zu 3. mit am gleichen Tag bei dem Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 10.11.2016 Erinnerung ein. Sie berief sich hinsichtlich der Abrechnung ihrer ohne Verpflichtung erfolgten Leistungen auf einen vermeintlich durch die Übersendung der Bestallungsurkunde vom 21.08.2015 entstandenen Vertrauensschutz und legte im Übrigen ihre Tätigkeiten vom 1.09.2015 näher dar. Die Rechtspflegerin half der Erinnerung nicht ab und legte die Sache mit Beschluss vom 14.11.2016 dem zuständigen Richter zur Entscheidung vor. Dieser setzte mit der angefochtenen Entscheidung vom 06.12.2016 eine Vergütung von 261,60 EUR fest und ließ die Beschwerde zu. Zur Begründung heißt es, die Beteiligte zu 3. sei zwar nicht wirksam verpflichtet worden und habe daher grundsätzlich keinen Vergütungsanspruch. Nach Treu und Glauben habe sie jedoch darauf vertrauen dürfen, dass sie so lange als Pflegerin bestellt war und auch als solche tätig werden durfte, bis sie wirksam zur Vormündin bestellt würde. Die Erläuterung der Vormündin zu ihrer Tätigkeit am 1.09.2015 schließlich sei angemes...

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