Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Wird eine Kraftfahrstraße in der Absicht einer Richtungsänderung des Fahrzeugs um 180 Grad mit der Einfahrt auf einen links neben ihr gelegenen Parkplatz, mithin eine vom Schnellverkehr räumlich getrennte Verkehrsfläche, vollständig verlassen, kann der Tatbestand des verbotenen Wendens auf einer Kraftfahrstraße im Sinne von § 18 Abs. 7 StVO i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 18 StVO auch dann nicht angenommen werden, wenn das beabsichtigte Ergebnis des Fahrmanövers demjenigen eines Wendens entsprechen mag und - etwa auf Grund der Art und Größe des Tatfahrzeuges - von einer gegenüber einem Wenden nicht oder nur unwesentlich geminderten besonderen Gefahrenlage für den Schnellverkehr auszugehen ist (Anschluss an BGHSt 47, 252/255 ff.).

  • 2.

    Für den einheitlich zu bestimmenden Rechtsbegriff des Wendens kann nicht zwischen bestimmten Kraftfahrzeugarten unterschieden werden.

 

Tenor

  • I.

    Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Amberg vom 10. Mai 2004 dahin abgeändert, dass der Betroffene wegen tateinheitlich begangener fahrlässiger Ordnungswidrigkeiten des Abbiegens unter Missachtung entgegenkommender Fahrzeuge sowie der Gefährdung eines anderen Verkehrsteilnehmers unter Wegfall des Fahrverbotszu einer Geldbuße von 80 Euro verurteilt wird.

    Angewendete Vorschriften: §§ 1 Abs. 2, 9 Abs. 3 Satz 1, 49 Abs. 1 Nrn. 1 und 9 StVO, § 24 StVG

  • II.

    Die weiter gehende Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.

  • III.

    Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die dem Betroffenen dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.

 

Gründe

I.

1.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 10.05.2004 wegen zweier rechtlich zusammentreffender, fahrlässig begangener Ordnungswidrigkeiten des verbotenen Wendens auf einer Kraftfahrstraße (§ 18 Abs. 7 StVO) und der Gefährdung eines anderen Verkehrsteilnehmers (§ 1 Abs. 2 StVO) zu einer Geldbuße von 250 Euro verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Zugleich hat es bestimmt, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein des bislang verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getretenen Betroffenen in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens mit Ablauf von vier Monaten nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung.

Der Verurteilung liegt nach den Feststellungen folgender Sachverhalt zu Grunde:

"Am 31.10.2003 gegen 21.55 Uhr führte der Betroffene die Sattelzugmaschine MAN (...) mit Auflieger (...) auf der Bundesstraße 299 im Bereich der Gemeinde Ursensollen bei Amberg in Richtung Amberg. Es handelte sich dabei um einen etwa 18 Meter langen Autotransporter ohne Ladung. Kurz vor Straßenkilometer 98,380 und vor dem in seiner Fahrtrichtung links neben der Kraftfahrstraße gelegenen Parkplatz Oberhof bemerkte der Betroffene, dass er sich verfahren hatte. Er wollte nun wenden, um wieder in Richtung Autobahn zurückzufahren. Aus dieser Richtung war er gekommen. Unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen und ihm zumutbaren Sorgfalt leitete er auf der Kraftfahrstraße den beabsichtigten Wendevorgang ein, indem er den Autotransporter nach links zu dem links neben der Kraftfahrstraße befindlichen Parkplatz führte, um von dort wieder zurückzufahren. Dabei hatte er nicht daran gedacht, dass gemäß § 18 VII StVO das Wenden auf der Kraftfahrstraße verboten war und aus Unaufmerksamkeit übersehen, dass sich bei Einleitung des Wendevorgangs die Assistentin Christine O. mit ihrem Pkw VW Golf (...) auf der Bundesstraße 299 ihm aus Richtung Amberg entgegenkommend mit einer Fahrgeschwindigkeit von circa 100 km/h mit eingeschaltetem Abblendlicht schon bis auf etwa 100 Meter genähert hatte. Christine O. leitete angesichts des für sie überraschenden Wendemanövers des Betroffenen eine Vollbremsung ein und wich nach links aus, um den drohenden Zusammenstoß zu vermeiden. Dabei kam sie mit ihrem Pkw nur wenige Meter vor dem die gesamte Kraftfahrstraße blockierenden Auflieger zum Stehen. Sie war durch den Vorfall schockiert und zitterte. Der Betroffene setzte seinen Wendevorgang fort und fuhr wieder in Richtung Autobahn.

Als der Betroffene von der Autobahn kommend auf die Kraftfahrstraße einfuhr, war das Zeichen 331 der StVO (Kraftfahrstraße) an der Zufahrt der Anschlussstelle deutlich sichtbar angebracht. Der Sattelauflieger war an seinen Längsseiten jeweils mit mehreren orangefarbenen Leuchten ausgerüstet, die zum Tatzeitpunkt in Betrieb waren."

2.

Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene u.a., dass das Amtsgericht zu Unrecht ein Wenden auf einer Kraftfahrstraße angenommen hat.

II.

Die statthafte (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist zum überwiegenden Teil begründet.

1.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, soweit die Betroffene wegen fahrlässiger Gefährdung eines anderen Verkehrsteilnehmers gemäß § 1 Abs. 2 StVO i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 1 StVO verurteilt wurde.

2.

Demgegenüber tragen die Feststellungen des Amtsgerichts nicht die Verurteilung wegen fahrlässigen Wendens auf einer Kraftfahrstraße ...

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