Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwer bei Teilabhilfe zu einer Verfahrenswertbeschwerde; Abänderung der Wertfestsetzung von Amts wegen; Sozialleistungen als verfahrenswertbestimmendes Einkommen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sinkt der Wert des Beschwerdegegenstands einer Verfahrenswertbeschwerde infolge einer Teilabhilfe auf 200 EUR oder darunter, wird die (bis dahin zulässige) Beschwerde unzulässig.

2. Da § 55 Abs. 3 FamGKG das Ziel verfolgt, dass der Verfahrenswert zutreffend festgesetzt wird, entspricht es in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem eine bei der Wertfestsetzung oftmals auftretende Fragestellung zu entscheiden ist, dem Gesetzeszweck, von der Kann-Vorschrift Gebrauch zu machen. Die Unzulässigkeit der Verfahrenswertbeschwerde steht einer Abänderung von Amts wegen nicht entgegen.

3. Im Rahmen der Verfahrenswertbemessung nach § 43 FamGKG sind die vom beteiligten Ehegatten bezogenen Sozialleistungen (insgesamt) als Einkommen zu berücksichtigen. Aus welchen Quellen das Einkommen bezogen wird, ist hierfür unerheblich. Ebenso wenig kommt es auf die Verwendung des Geldes an. Es ist deshalb auch der für Unterkunft und Heizung vom Sozialleistungsträger gezahlte Betrag als Einkommen zu berücksichtigen.

 

Normenkette

FamGKG §§ 43, 55 Abs. 3, § 59 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Bamberg (Aktenzeichen 0207 F 967/20)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Bamberg vom 01.08.2023 in der Form des Teilabhilfebeschlusses vom 21.09.2023 wird als unzulässig verworfen.

2. Der Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Bamberg vom 01.08.2023 in der Form des Teilabhilfebeschlusses vom 21.09.2023 wird von Amts wegen abgeändert und der Verfahrenswert auf 6.263,01 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 01.08.2023 hat das Amtsgericht nach Rücknahme des Scheidungsantrages den Verfahrenswert für das Verfahren auf 4.000,00 Euro festgesetzt, wobei es Einzelwerte jeweils in Höhe des Mindestwertes von 3.000,00 Euro für die Ehesache und 1.000,00 Euro für den Versorgungsausgleich angesetzt hat. Das monatliche Nettoeinkommen der Antragstellerin hat es mit 525,90 Euro und das des Antragsgegners mit 432,00 Euro zu Grunde gelegt.

Hiergegen hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners Beschwerde eingelegt und vorgebracht, bei einem Einkommen des Antragsgegners von 920,00 Euro aus ALG-II-Leistungen sowie aus nichtselbständiger Tätigkeit von 160,00 Euro würde sich ein Verfahrenswert mit endgültig 6.259,00 Euro ergeben.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 21.09.2023 der Beschwerde teilweise abgeholfen und den Verfahrenswert auf 4.359,81 Euro festgesetzt. Dabei hat es Einzelwerte von 3.353,70 Euro für die Ehesache und 1.006,11 Euro für den Versorgungsausgleich ausgehend von einem monatlichen Nettoeinkommen des Antragsgegners in Höhe von nunmehr 592,00 Euro angesetzt. Das Einkommen des Antragsgegners hat es mit dem Regelbedarf SGB II in Höhe von 432,00 Euro sowie Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 160,00 Euro berücksichtigt. Die Übernahme der Miet- und Mietnebenkosten durch das Jobcenter stellten kein Einkommen dar; es sei auf den Regelbedarfssatz abzustellen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.

Die Einzelrichterin hat das Verfahren mit Beschluss vom 24.10.2023 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache dem Senat übertragen.

II. 1. Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners ist unzulässig. Zwar ist sie gemäß §§ 59 FamGKG, 32 Abs. 2 RVG statthaft, da der Rechtsanwalt aus eigenem Recht Rechtsmittel gegen die Festsetzung des Werts mit dem Ziel einer Heraufsetzung einlegen kann.

Allerdings ist in Folge der Teilabhilfe der Beschwerdewert von über 200,00 Euro nicht mehr erreicht (§ 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG). Denn die Anwaltsvergütung, die sich bei dem vom Beschwerdeführer angestrebten Verfahrenswert von insgesamt 6.259,00 Euro errechnet, differiert von der Anwaltsvergütung, die sich nach dem vom Familiengericht festgesetzten Verfahrenswert von 4,359,81 Euro ergibt, lediglich um 157,79 Euro.

Wird der Beschwerde teilweise abgeholfen, so ist der verbleibende Wert des Beschwerdegegenstands zu ermitteln. Sinkt der Wert des Beschwerdegegenstands infolge der Teilabhilfe auf 200 EUR oder darunter, wird die Beschwerde unzulässig (Schneider in: Schneider/Kurpat, Streitwert-Kommentar, 15. Aufl. 2021, Verfahrensrecht, Rn. 1_377). Zu dem maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. § 60 RVG i.d.F. vom 15.3.2022) belief sich die Gebühr ausgehend von den Wahlanwaltsgebühren nach Anlage 2 (zu § 13 RVG) bei einem Gegenstandswert bis 5.000 Euro auf 303,00 Euro und bei einem Gegenstandswert bis 7.000 Euro auf 405,00 Euro und die Differenz der Anwaltsvergütung bei Anfall der Verfahrensgebühr (1,3) einschließlich Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen und Umsatzsteuer auf 157,79 Euro.

Damit ist die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners als unzulässig zu verwerfen.

2. Der Senat sieht s...

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