Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Gemäß § 172 III 1 StPO muss der Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Tatsachen und Beweismittel angeben, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen. Erforderlich ist eine aus sich selbst heraus verständliche und geschlossene Schilderung eines Sachverhalts, der - seine Richtigkeit unterstellt - sowohl die Zulässigkeit des Antrags selbst als auch - bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts - die Erhebung der öffentlichen Klage rechtfertigen würde. Hierzu zählen auch Angaben, welche die Überprüfung der Einhaltung der Fristen des § 172 I 1 StPO und des § 172 II 1 StPO zuverlässig ermöglichen.

  • 2.

    Die Sachverhaltsschilderung kann weder ganz noch teilweise durch eine Bezugnahme auf den Akteninhalt oder auf dem Antrag oder der Beschwerdeschrift beigefügte Anlagen oder frühere Stellungnahmen oder Anträge ersetzt werden. Eine solche Bezugnahme ist - und zwar auch hinsichtlich der Angaben zur Einhaltung der Fristen des § 172 I 1 StPO und des § 172 II 1 StPO sowie zur Antragsbefugnis - nur insoweit unschädlich, als die in Bezug genommenen Anlagen lediglich der näheren Erläuterung des für sich uneingeschränkt verständlichen und vollständigen Antragsvorbringens dienen (Anschluss u.a. an OLG Koblenz, Beschluss vom 05.03.2007 - 1 Ws 107/06 und OLG Celle NJW 2008, 2202 f.).

  • 3.

    Als zur Antragstellung berechtigter ,Verletzter' ( § 172 I 1 StPO) kann nur derjenige angesehen werden, der durch die schädigende Handlung - ihre Begehung unterstellt - unmittelbar in seinen Rechten, Rechtsgütern oder rechtlich anerkannten Interessen beeinträchtigt ist. In Zweifelsfällen ist auf die Schutzzwecklehre zurück zu greifen; danach ist unmittelbar Verletzter nur derjenige, dessen Rechte durch die (angeblich) übertretene Norm - jedenfalls auch - geschützt werden sollen (Anschluss u.a. an OLG Celle NJW 2007, 1223; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 03.08.2004 - 1 Ws 157/03 und OLG Stuttgart NJW 2002, 2893 f. ).

  • 4.

    Durch eine dem Beschuldigten vorgeworfene (fahrlässige) Tötung können weder die Erben des Getöteten noch eine von diesen gebildete Erbengemeinschaft unmittelbar in ihren Rechten beeinträchtigt sein, sofern sich der Antragsschrift nicht wenigstens bestimmt entnehmen lässt, ob es sich bei einem Mitglied der antragstellenden Erbengemeinschaft um einen nebenklageberechtigten (vgl. § 395 II Nr. 1 StPO) und damit antragsberechtigten (nahen) Angehörigen des durch die Straftat Getöteten handelt.

 

Tatbestand

Zum Sachverhalt:

Der GenStA in Bamberg hat mit dem angefochtenen Bescheid der Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung der StA nach § 170 II StPO wegen des Tatvorwurfs der fahrlässigen Tötung keine Folge gegeben. Den hiergegen "namens und in Vollmacht der Erbengemeinschaft" des getöteten Unfallopfers erhobenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat das OLG als unzulässig verworfen.

 

Entscheidungsgründe

1.

Gemäß § 172 III 1 StPO muss der Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Tatsachen und Beweismittel angeben, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen. Erforderlich ist eine aus sich selbst heraus verständliche und geschlossene Schilderung eines Sachverhalts, der - seine Richtigkeit unterstellt - zum einen die Zulässigkeit des Antrags selbst, zum anderen bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage in materieller und formeller Hinsicht rechtfertigen würde. Aus der gebotenen Sachdarstellung muss sich deshalb neben der Verletzteneigenschaft und damit der Antragsbefugnis des Ast. (OLG Stuttgart Justiz 2006, 236 f.; OLG Hamm VRS 109, 351 ff.) und den tatsächlichen Grundlagen etwaiger Verfahrenshindernisse auch - wenigstens in großen Zügen - der Gang des Ermittlungsverfahrens ergeben. Hierzu zählen neben den Inhalten der angegriffenen Bescheide und den tatsächlichen oder rechtlichen Gründen, die für ihre Unrichtigkeit sprechen (BVerfG NJW 2000, 1027; KK/Schmid StPO 6. Aufl. § 172 Rn. 38; Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 172 Rn. 27 ff., jeweils m.w.N.), nicht zuletzt auch Angaben, die es dem Strafsenat des OLG ermöglichen, die Einhaltung der Beschwerdefrist des § 172 I 1 StPO und der Antragsfrist des § 172 II 1 StPO zuverlässig zu überprüfen (Meyer-Goßner § 172 Rn. 27 a f.; KK/Schmid § 172 Rn. 38; OLG Nürnberg NStZ-RR 1998, 143 sowie st.Rspr. des Senats). Das OLG soll durch die Erfüllung dieser verfassungsrechtlich unbedenklichen Anforderungen in die Lage versetzt werden, allein aufgrund des Antragsvorbringens und ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten eine Zulässigkeitsprüfung und eine Prüfung der Schlüssigkeit hinsichtlich jedes einzelnen Tatbestandsmerkmals der in Betracht kommenden Strafvorschriften in objektiver und subjektiver Hinsicht vorzunehmen (Meyer-Goßner § 172 Rn. 27 a). Die hierfür erforderliche Sachverhaltsschilderung kann deshalb weder ganz noch teilweise durch eine Bezugnahme auf den Akteninhalt oder auf dem Antrag oder der Beschwerdeschrift beigefügte Anlagen oder frühere Stellungnahmen oder Anträge ersetzt werden. Eine solche Bezugn...

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