Rz. 7

Im Einzelnen setzt § 309 Nr. 1 BGB Folgendes voraus:

I. Entgeltlicher Vertrag

 

Rz. 8

Zwischen den Parteien muss ein entgeltlicher Vertrag bestehen. § 309 Nr. 1 BGB stellt dabei keine Anforderungen an eine bestimmte Art von Verträgen; die Norm gilt grundsätzlich für alle entgeltliche Verträge. Entgelt meint die Gegenleistung in gegenseitigen Verträgen und umfasst alles, was der Vertragspartner für den Erwerb finanziell erbringen muss, einschließlich eventueller Nebenleistungen und der Umsatzsteuer. Entgegen einer verbreiteten Meinung in der Literatur erfasst die Vorschrift nur finanzielle Gegenleistungen,[4] nicht jedoch auch Gegenleistungen, die in Form von Sachleistungen erbracht werden (Bartergeschäfte).[5] Die Schaffung der Vorgängernorm § 11 Nr. 1 AGBG verfolgte das Ziel, die durch die Preisauszeichnungsverordnung vom 18.9.1969 (Vorgängerin der Preisangabenverordnung) gelassene zivilrechtliche Lücke im Verbraucherschutz hinsichtlich formularmäßiger Preiserhöhungsvorbehalte zu schließen. Es liegt daher nahe, beide Bestimmungen, § 309 Nr. 1 BGB und § 1 PAngV – jedenfalls in diesem Punkt – gleich auszulegen.[6] Der Aufwendungsersatz zählt nicht zur Gegenleistung; derartige Klauseln sind daher nicht an § 309 Nr. 1 BGB zu messen, auch wenn sie eine Erhöhungsabrede beinhalten.[7]

[4] BGH NJW 1980, 2133.
[5] So aber Stoffels, AGB, Rn 811; MüKo/Wurmnest, § 309 Nr. 1 Rn 11; WLP/Dammann, § 309 Nr. 1 Rn 30.
[6] BGH NJW 1980, 2133.
[7] MüKo/Wurmnest, § 309 Nr. 1 Rn 11; a.A. WLP/Dammann, § 309 Nr. 1 Rn 30.

II. Waren oder Leistungen

 

Rz. 9

Gegenstand der Entgelterhöhung müssen Waren oder Leistungen sein, die noch geliefert oder erbracht werden sollen. Unter Waren sind gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 HGB a.F. bewegliche Sachen zu verstehen. Grundstücke sind keine Waren i.S.d. § 309 Nr. 1 BGB.[8] Auf Verträge über Grundstücke ist die Vorschrift auch nicht analog anzuwenden;[9] hierfür fehlt es schon an einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes. Eine Überprüfung der Wirksamkeit derartiger Klauseln in Grundstückskaufverträgen erfolgt jedoch nach § 307 BGB.[10] Mit dem Begriff Leistungen sind die vereinbarten Vertragsleistungen gemeint, die keine Waren oder Grundstücke sind; erfasst sind demnach etwa auch Werk- und Dienstleistungen sowie Geschäftsbesorgungen.[11]

[8] OLG Dresden VIZ 2000, 380; Stoffels, AGB, Rn 814; WLP/Dammann, § 309 Nr. 1 Rn 32.
[9] A.A. UBH/Fuchs, § 309 Nr. 1 Rn 17; Staudinger/Coester-Waltjen, § 309 Nr. 1 Rn 9.
[10] Stoffels, AGB, Rn 814.
[11] WLP/Dammann, § 309 Nr. 1 Rn 33.

III. Bestimmung einer Entgelterhöhung

 

Rz. 10

Weitere Voraussetzung für die Anwendung des § 309 Nr. 1 BGB ist, dass die Bestimmung eine Erhöhung des Entgelts vorsieht. Eine Erhöhung setzt dabei eine Veränderung einer vorher zwischen den Parteien getroffenen individualvertraglichen oder formularmäßigen Vereinbarung eines Entgelts voraus.[12] Ist als Entgelt lediglich die taxmäßige oder übliche Vergütung vereinbart, bleibt § 309 Nr. 1 BGB anwendbar, da sich in diesen Fällen die anfängliche Vergütungshöhe bestimmen lässt.[13] Wenn zwischen Verwender und Vertragspartner eine Vereinbarung über das Entgelt bzw. eine eindeutige Bezifferung hierüber gänzlich fehlt, ist die anfängliche Vergütungshöhe nicht bestimmbar. Somit scheitert auch eine Anwendung des § 309 Nr. 1 BGB auf derartige Verträge.[14] Auch wenn die Parteien den Preis ausdrücklich offengelassen haben, fehlt es an einer Entgeltvereinbarung.[15] In den vorstehenden Fällen verbleibt lediglich Raum für eine inhaltliche Kontrolle der jeweiligen Bestimmung nach § 307 BGB.

 

Rz. 11

Inhaltlich erfasst der Verbotstatbestand des § 309 Nr. 1 BGB Erhöhungsklauseln jeder Art. Hierzu zählen automatische Anpassungsklauseln wie Gleitklauseln, bei denen die Preiserhöhung von einer vertragsfremden Bezugsgröße (z.B. statistischer Index) abhängt, oder Spannungsklauseln, bei denen die Preiserhöhung an den künftigen Wert gleichartiger Güter anknüpft, und Kostenelementeklauseln, nach denen eine Preiserhöhung an das Steigen von Lohn- oder Rohstoffkosten anknüpft. Abzugrenzen sind die Kostenelementeklauseln von Bestimmungen, die nur die Erstattung von Aufwendungen für bestimmte Nebenleistungen des Verwenders, wie den Versand der Ware oder ähnliches vorsehen; letztere sind nicht von § 309 Nr. 1 BGB erfasst.[16] Zu den Kostenelementeklauseln gehören auch Klauseln, die eine Preisanpassung im Fall der Erhöhung der Umsatzsteuer vorsehen. Diese unterliegen dem Verbot vom § 309 Nr. 1 BGB,[17] da die Umsatzsteuer zum vertraglich vereinbarten Entgelt gehört.[18] Eine Regelung, nach welcher der Preis zuzüglich der jeweiligen Umsatzsteuer zu zahlen ist, ist bereits nach § 306a BGB unwirksam.[19] Auch eine Klausel, die bei Eintritt bestimmter Umstände eine Neuverhandlungspflicht (sog. Neuverhandlungsklausel) regelt, kann unter den Anwendungsbereich des § 309 Nr. 1 BGB fallen.[20] Schwerpunktmäßig gehören zu den Erhöhungsklauseln jedoch die sog. Leistungs- und Änderungsvorbehaltsklauseln[21] wie Tagespreis- oder Listenklauseln. Bei ihnen ist zu unterscheiden, was die Parteien hinsichtlich des zu bezahlenden Entgelt...

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